Grundsätzlich angetan hat sich der Lohrer Stadtrat von der Idee gezeigt, in das Vorschulprogramm Hippy einzusteigen, mit dem Vier- bis Sechsjährige Deutsch lernen. Auf die Stadt kämen Kosten von 15 000 bis 30 000 Euro zu, die nicht im Haushalt 2021 stehen, sodass es erst 2022 losgehen könnte.
Hippy ist die Abkürzung für Home Instruction for Parents of Preschool Youngsters und bedeutete ursprünglich ein Hausbesuchsprogramm für Eltern mit Kindern zur Vorbereitung auf den Schulbesuch. Genutzt wird es hierzulande vor allem für das Erlernen der deutschen Sprache, wenn die Kinder wegen Migrationshintergrund oder Entwicklungsstörungen Probleme damit haben. "Viele Kinder in Lohr wachsen mehrsprachig auf", erläuterte Mathilde Lembach (Grüne) den von ihrer Fraktion gestellten Antrag, sich an Hippy zu beteiligen. Viele Eltern könnten selbst kein Deutsch und könnten deshalb ihre Kinder nicht beim Lernen unterstützen.
Gute Ergänzung
Lembach verwies darauf, dass es in Lohr bereits einen Familienstützpunkt gibt. Hippy wäre nach ihren Worten eine gute Fortsetzung von dessen Arbeit für Kinder im Kindergartenalter. Umgesetzt werden könnte das Hippy-Programm in Zusammenarbeit von Familienstützpunkt und Kindergarten Seeweg.
Karlstadt ist einer von 45 Hippy-Standorten in Deutschland. Die Förderung setze gezielt bei den Eltern an, erläuterte Sakine Azodanlou von der Karlstadter Integrationsfachstelle. Indem die Eltern eingespannt würden, um die Sprachkompetenz ihrer Kinder zu verbessern, verbesserten sie ihre eigene mit. Früher sei Hippy auch in Karlstadt ein Hausbesuchsprogramm gewesen, seit drei Jahren werde es in Kindergärten umgesetzt, berichtete Azodanlou. Für dieses Jahr seien rund 40 Eltern mit ihren Kindern dafür angemeldet. Muttersprachliche Elterntrainerinnen setzten das Programm mit Eltern und Kindern in den Kindergärten um. Das Programm dauere zwei Jahre, der Elternbeitrag liege bei fünf Euro im Monat. Eingesetzt würden 30 Arbeitshefte für 30 Wochen und sechs Bücher.
"Eine tolle Sache"
Für Marcel Brunner, den Jugend- und Familienreferenten im Lohrer Rathaus, ist das Programm "eine tolle Sache". Für Lohr gebraucht würden laut Brunner eine halbe Stelle für die Koordination und eine oder zwei Elterntrainerinnen. Es gebe ein Förderprogramm, auf das man aufspringen könne.
Bei einer zweijährigen Laufzeit läge das benötigte Finanzvolumen bei 30 000 Euro. Es ließe sich aber – je nach Ausführung – auch auf 15 000 Euro drücken. Der Antrag der Grünen hat laut Bürgermeister Mario Paul auf Haushaltsmittel 2021 abgezielt, "darauf haben wir wegen der angespannten Finanzlage verzichtet". Die Mittel müssten gegebenenfalls für 2022 vorgesehen werden. "Wie es weitergeht, werden die Haushaltsberatungen 2022 zeigen", sagte Paul.
Positiv über Hippy äußerten sich Nicole Paff, die Leiterin des Lohrer Familienstützpunkts, Margit Gottschalk, die Leiterin der Kindertagesstätte am Seeweg, und Wolfgang Schmitt, Rektor der Grundschule Lohr. Ulla Menzel (CSU) erkundigte sich, ob mit Hippy mehr Eltern als mit bereits bestehenden Programmen erreicht werden könnten. Das bejahte Sakine Azodanlou: "Viele Eltern wollen ihre Kinder unterstützen, wissen aber nicht, wie." Hier setze Hippy an. Uli Heck (FW) meinte, das Erlernen der deutschen Sprache sei ein gesellschaftliches Problem, wie bei der Jugendsozialarbeit an Schulen lasse der Staat aber die Kommunen mit den Kosten allein.