Hinter den Kulissen der Festwoche verbirgt sich ein ganz eigener Alltag. Zwischen den Buden laufen Waschmaschinen, unter den Fahrgeschäften prüft der TÜV die Schrauben. Nachts, wenn das Volksfest schlafen geht, treffen sich die Schausteller zum Plaudern.
Bier ausschenken und Haxen schneiden sind eine Wissenschaft für sich. Interessierte Festbesucher haben am Montagnachmittag Kulissenluft geschnuppert. Mit dabei: der Lohrer Festwochen-Organisator Dieter Daus und der Reality-Show-Prominente Matthias Mangiapane (Hammelburg) – sehr zur Begeisterung der Selfie-Jäger.
Das Theatermotto "The show must go on" gilt auch auf dem Volksfest. Horst Ferling, dessen Familie mit mehreren Attraktionen im Vergnügungspark präsent ist, ist kurz vor Beginn der Festwoche gestorben, Buden und Fahrgeschäfte müssen trotzdem laufen. Die wichtigste Änderung im Programm ist wohl Mangiapane, der eine der Töchter Ferlings beim Verkauf der gebrannten Mandeln unterstützt und bei der Backstage-Tour am Montag tatkräftig mitgemischt hat. Er hat es unter anderem 14 Tage im Dschungelcamp ausgehalten. Volksfest-Herausforderungen wie Bier zapfen und Haxen schneiden gehen da sicherlich leichter von der Hand.
Blick unter den Break Dance
Ferlings Nichte Sandy, die mit ihrem Lebensgefährten den Crêpes-Stand und den Softeisstand führt, ist eingesprungen, um den Besuchern die verborgenen Winkel des Vergnügungsparks zu zeigen. Zunächst einmal drehen Dieter Daus und Festbesucher Michael Siegler eine Runde auf dem "Break Dance". Das Fahrgeschäft der Firma Grünberg Kaiser sei 1994 ausgeliefert worden und seitdem auf der Reise, erklärt Eric Robins.
Als Rekommandeur ist er für die Fahrten zuständig, wählt die Musik und heizt am Mikrofon an. Der "Break Dance" werde kontinuierlich an neue Normen angepasst, gerade werde umgerüstet auf LED-Beleuchtung, um Energie zu sparen, so Robins. "Die Stromkosten sind enorm, dazu kommt der Spritpreis für den Transport."
Er nimmt die Besucher mit nach unten, unter die drehende Plattform. "Das habe ich noch nie gemacht", kommentiert selbst der festwochenerfahrene Dieter Daus. Die Konstruktion ist erstaunlich simpel: Das 40 Tonnen schwere Fahrgeschäft ist auf vier Stützfüßen aufgebockt. Die Räder, die für den Transport des Geräts auf der Straße dienen, hängen beim Betrieb in der Luft.
Sehr viel komplexer ist der Stützapparat des zweiten großen Fahrgeschäfts der diesjährigen Festwoche. Die Überkopfschaukel "Avenger Royal" braucht unter der Plattform 13.000 Liter Wasser als Gegengewicht. Der Tank ist mit Sensoren ausgerüstet. "Wenn der Wasserstand auch nur zwei Millimeter sinkt, schaltet das Gerät sich ab", erklärt Florian Kirschbaum. Der 34-Jährige ist aktuell Geschäftsführer des Fahrgeschäfts und will es im kommenden Jahr übernehmen.
Damit erfüllt sich für ihn ein Traum. Er sei vor zwölf Jahren ins Schaustellergeschäft eingestiegen, habe mit seiner Frau schon eine Mandelbude und ein Kinderkarussell geführt. Jetzt kommt endlich das große Fahrgeschäft. Im "Avenger" fahren vor allem Menschen zwischen zehn und 30 Jahren, erklärt Kirschbaum. Aus der Besuchergruppe will niemand eine Fahrt probieren – "zu alt", kommentieren alle lachend.
Plaudern bis in den Morgen
Da hat Michael Breuer mit seinen Autoscooterchips mehr Glück. Drei Zweiergruppen wagen eine Runde, Mangiapane immer mit dem Handy im Selfiemodus in der Hand. Ein Reality-Show-Star dokumentiert jeden Schritt. Breuer, der für die Familie Ferling den Autoscooter führt, ist mit der Nachfrage zufrieden. "Die Leute wollen wieder etwas unternehmen", hat er festgestellt.
Die Backstage-Besucher testen Eis und Eisgetränke genauso wie das Obst in Schokolade und erfahren, wie die Familie Ferling vor Ort die Mandeln brennt. Dann zeigt Sandy Ferling die Lebenswelt der Schausteller, in den Wohnanhängern hinter den Buden. "Hier sitzen wir abends gemütlich zusammen", erzählt sie – wobei der Abend der Schausteller für viele andere die tiefste Nacht ist.
Jede Menge dreckige Wäsche
"Um 12 Uhr wird zugemacht", erklärt Ferling. Bis 2 Uhr werde zusammengeräumt, dann treffe man sich, oft bis in die frühen Morgenstunden. An Ausschlafen ist aber auch für die Schausteller nicht zu denken. "Morgens wird Wäsche gemacht, die Mülleimer werden ausgeleert, wir sind um acht Uhr wieder auf den Beinen." Die Wohnanhänger sind mit Festwasseranschlüssen ausgestattet, zwischendrin steht eine Waschmaschine.
Das mobile Zuhause der Familie Ferling hat etwa 60 Quadratmeter Wohnfläche, mit ausfahrbarem Kinderzimmer. "Dafür braucht man einen Lkw-Führerschein", erklärt Mangiapane.
Waschmaschinen stehen auch in den Kulissen des Festzelts, die Festwirt Franz Widmann präsentiert. Aber nicht nur eine, sondern gleich sechs, verteilt auf zwei Container. Dort wird kontinuierlich die Wäsche der 75 Küchenmitarbeiter gewaschen, getrocknet und gebügelt. Insgesamt, so Widmann, arbeiten 165 Personen im Zelt.
Die Stromkabel, die das Festzelt versorgen, sind so dick wie Wasserschläuche. Widmann zeigt die riesigen Kühlräume. Der Tiefkühlbereich, in dem die Riesenbrezeln gelagert sind, läuft mit Unterdruck. Die Tür öffnet sich mit Verzögerung, dann wallt Kälte hinaus.
Die riesigen Käselaibe müssen nicht so kalt gelagert werden. Aber der Transport ist eine Herausforderung: Zwischen 70 und 100 Kilogramm wiegt ein Käse. Ein paar Meter weiter liegt die heißeste Zone des Zelts. Meterlang brutzeln hier die Hähnchen am Spieß. Zwei Gastanks betreiben die Grills, sie müssen, so Widmann, während der Festwoche zweimal aufgefüllt werden.
Das nächste Glas im Blick
Der Niederbayer hat jedes Detail des Volksfests im Blick, verfolgt Zahlen und Personalplanung. Mit schwarzer Hose und weißem Hemd scheint er mehr Unternehmer als Volksfestfan. Doch der Eindruck täuscht. Der Festwirt ist auch hinter der Theke an seinem Platz. Fachmännisch leitet er die Besucher am Bierausschank an.
"Immer ein Glas in jeder Hand", betont er. Wenn das erste voll ist, muss das zweite unter den Hahn. Währenddessen das volle Glas abstellen und ein neues Glas greifen. Wenn abends Hochbetrieb herrscht, geht das am laufenden Band.
Gerlinde Ritter versucht ihr Glück, auch ihr Mann Johannes, Michael Siegler und Matthias Mangiapane wollen zapfen. Nicht alle Gläser werden voll, ein bisschen Bier landet auf dem Boden. Das Ausschankpersonal hat seinen Spaß dabei, die nicht perfekt gefüllten Gläser trinken die Probanden gerne selbst.
An die letzte Herausforderung wagt sich nur der dschungelcamperprobte Profi. Unter Widmanns Anleitung schneidet Mangiapane Haxen auf. Erst bis zum Knochen anschneiden, dann teilen und wie einen Fächer anschneiden. Die Stücke werden nicht ganz gleichmäßig, aber der Ansatz ist nicht schlecht. Widmann füllt die Teller halbwegs gleichmäßig auf, dann dürfen die Besucher die Versuchshaxen zur Brotzeit mitnehmen.