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Himmelstadt
Himmelstadt: Verpachtung von gemeindlichen Flächen für Windkraft knapp abgelehnt
Dem generellen Ziel zum Ausbau der Windkraft und Einnahmen für die Gemeindekasse zum Trotz lehnte es der Gemeinderat ab, Wald für Windkraftanlagen zu verpachten.
Um fünf Windräder im Wald südwestlich von Himmelstadt ging es im Gemeinderat. Das Gremium hat den Bau der Anlagen abgelehnt - einen Windpark in diesem Gebiet wird es dennoch geben. 
Foto: Oliver Berg/dpa (Symbolbild) | Um fünf Windräder im Wald südwestlich von Himmelstadt ging es im Gemeinderat. Das Gremium hat den Bau der Anlagen abgelehnt - einen Windpark in diesem Gebiet wird es dennoch geben. 
Jürgen Kamm
 |  aktualisiert: 11.08.2024 02:34 Uhr

Denkbar knapp lehnte der Himmelstadter Gemeinderat die Verpachtung von zwei gemeindlichen Flächen für Windkraftanlagen ab. Letztlich gab eine Stimme den Ausschlag. Dennoch können im Vorranggebiet "WK9 Südwestlich Himmelstadt" Windräder gebaut werden, in Privatwald und eventuell im Staatswald. 

Geplant wird der Windpark im Bereich Sternberg von der Primus Energie GmbH aus Regensburg. Projektentwickler Andreas Scharf hatte ihn im Gemeinderat bereits Anfang April vorgestellt. Die fünf Windkraftanlagen hätten eine Spitzenleistung von zusammen rund 30 Megawatt. Aufgrund der enormen Höhe – Kanzel 170 Meter, die oberste Rotorblatthöhe 260 Meter über Grund – hatten die Räte um eine Visualisierung gebeten. Diese präsentierte nun der Projektentwickler. Vom höchsten Punkt der Mainbrücke und einer weiteren Stelle im Ort könnte man die Rotorblätter über dem Wald, von der Kreisstraße kurz nach der Abfahrt von der Bundesstraße auch ein Stück der Türme, vom höchsten Aussichtspunkt in denWeinbergen die kompletten Anlagen.

Himmelstadt: Verpachtung von gemeindlichen Flächen für Windkraft knapp abgelehnt

Nachfragen gab es zu weiteren Beeinträchtigungen, etwa zu Lärm. Der wäre laut Andreas Scharf bei 1,5 Kilometern Abstand minimal und dürfe zudem laut der technischen Anleitung Lärm 45 dB (A) bei Vollast nicht überschreiten, was einem lauteren Kühlschrank entspricht. Vollast bedeutet Wind mit 25 Meter je Sekunde (rund 90 Stundenkilometer) in Höhe der Rotoren. Trotzdem gab Felicitas Sattel ein, manchmal seien Züge auf der noch weiter entfernten ICE-Trasse zu hören. Wolfgang Kübert fragte nach Schattenwurf im Ort, der ist laut dem Projektentwickler wegen des großen Abstands kaum zu erwarten. In Siedlungsbereichen darf der Schatten Grundstücke generell nicht mehr als 30 Minuten am Tag treffen, sind 30 Stunden in einem Jahr erreicht, muss die Anlange abgeschaltet werden.

Wege müssten angelegt und Plätze geschottert werden 

Gedanken um die Anlieferung der großen Anlagen machte sich unter anderem Christian Scheb. In seiner beruflichen Praxis als Polizist erlebe er oft Probleme dabei. Zu den einzelnen Windkraftanlagen werden 4,5 Meter breite und auf 18 Tonnen Achslast ausgelegte Wege angelegt. Weitere Eingriffe in die Natur – beide gemeindliche Standorte lägen im Wald – wären je Anlage 0,5 Hektar, die geschottert und für Reparaturen dauerhaft von Bäumen freigehalten werden müssen. Der Förster wisse davon und sei nicht gegeistert, antwortete Bürgermeister Herbert Hemmelmann auf eine Nachfrage. Projektentwickler Andreas Scharf relativierte, für 7,2 Megawatt Leistung würden 0,5 Hektar befestigt, bei Photovoltaik sei ein Hektar je Megawatt nötig. Zudem gab er zu bedenken, dass erneuerbare Energie benötigt wird und das Ziel von 1,8 Prozent der Landesfläche Bayerns für Windkraft steht.

Jährliche Einnahmen über 200.000 Euro

Was passiert, wenn eine Windkraftanlage brennt, fragte Jürgen Döll. Generell lässt sie sich dann nicht konventionell löschen, weil keine Feuerwehrspritze 200 Meter Höhe erreicht. Deshalb wird laut dem Projektentwickler ein Brandschutzkonzept gefordert und die Kanzel hat ein automatisches Löschsystem. Kommt es dennoch zum Brand, etwa auch der Rotorblätter, bleibe nur kontrolliertes Ausbrennen. Das sei aber extrem selten, ihm seien keine Fälle bekannt.

215.000 Euro Pacht im Jahr und etwa 20.000 Euro Kommunalabgabe je Anlage kämen der Gemeindekasse zugute. Über 25 Jahre gerechnet sind das fast 5,4 Millionen Euro an Pacht.

Drei Windrad-Standorte sind auf Privatgrund geplant

Einige Gemeinderäte wollten die Bürger an der Entscheidung beteiligen, Christian Scheb beantragte, eine Informationsveranstaltung in der Sporthalle abzuhalten. "Wir sind gewählte Volksvertreter", erinnerte Bürgermeister Herbert Hemmelmann. Der Antrag wurde mit sechs zu sieben Stimmen abgelehnt, die Verpachtung allerdings kurz danach ebenso.

Wie geht es nun weiter? "Wir werden uns nicht einfach vom Acker machen, das ist hervorragender Standort, da oben wird auf jeden Fall jemand bauen", sagte Andreas Scharf am Tag nach der Gemeinderatssitzung auf Anfrage dieser Redaktion. Da es ein offizielles Vorranggebiet für Windkraft ist, kann die Gemeinde den Windpark nicht verhindern, drei Standorte auf Privatgrund sind bereits gesichert, die wären ausreichend für die Rentabilität. Er will über einen vierten Standort im Staatswald verhandeln.

Wird der Windpark gebaut, profitiert die Gemeinde dennoch: Von der Kommunalabgabe und den Gewerbesteuern, letztere fließt aber erst nach zehn Jahren, wenn die Anlagen abgeschrieben sind. Je Anlage haben Kommunalabgabe und Gewerbesteuer zusammen eine Größenordnung von jährlich 100.000 Euro.

 
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  • Stefan Wolz
    Windkraft auf dem Land ist schon mal besser als Photovoltaik, weil nicht so viel Fläche verbraucht wird. In der Stadt kann ja gerne jedes Dach nutzen. Im Fall Himmelstadt halte ich den Standort aber aucg für problematisch. Es muss zuviel Wald weichen. Vetstehe die knappe Entscheidung bzw. Ablehnung.
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  • Helga Scherendorn
    Genau mein Humor, das bisschen Wald was wir noch haben wird für diesen Unsinn Dauerhaft vernichtet. Stellt den Quatsch doch ins Meer und lasst endlich die Leute in Ruhe!
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  • Hartmut Haas-Hyronimus
    Ins Meer? Ist ja nur fast doppelt so teuer, aber macht ja nichts.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Stromgestehungskosten
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  • Helga Scherendorn
    ach was, wegen Kosten kann man die Natur verschandeln und zerstören? Das ist ihre grüne Doppelmoral?
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  • Hartmut Haas-Hyronimus
    Ach, dass jetzt gerade Sie zur Naturfreundin werden, hätte ich wirklich nicht erwartet ;-)
    Ab r es geht mir dabei halt wie in Goethes Faust: "Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube."
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  • Dietmar Eberth
    "das bisschen Wald was wir noch haben wird für diesen Unsinn"

    Ihre Aussage ist Quatsch und geht völlig an der Realität vorbei.

    "In Deutschland entstanden 2020 rund 2.100 Windkraftanlagen im Wald - mit einer Gesamtfläche von ca. 966 Hektar (2.100 x 0,46). Laut Bundeswaldinventur ist Deutschland mit 11,4 Millionen Hektar zu etwa ein Drittel der Bundesfläche"
    https://www.mdr.de/wissen/faktencheck/faktencheck-windenergie-100.html

    In Bayern werden jeden Tag über 10 ha für den Bau von Gewerbe, Wohnraum und Verkehr verbraucht. Das sind über 4000 ha pro Jahr. Darüber sollte man sich Gedanken machen. Die CSU will den Flächenverbrauch bis 2030 halbieren. Wer's glaubt.
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  • Sebastian Hansen
    200.000 € Einnahmen in den Wind geschlagen, damit sie dann jemand anderes kriegt? Das erscheint mir nicht sonderlich klug.
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  • Helga Scherendorn
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  • Silke Müller
    Umweltfreundlicher Strom und 5,4 Millionen Euro für die Gemeindekasse werden abgelehnt. Ideologie und Populismus von Söder und Aiwanger gegen Windkraft tragen Früchte.
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  • Dietmar Eberth
    Manche Gemeinden haben es halt "Dicke" in der Gemeindekasse.
    https://www.mainpost.de/regional/main-spessart/himmelstadter-investitionen-lassen-pro-kopf-verschuldung-sprunghaft-ansteigen-art-11099281
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  • Willi Rößner
    Warum hat der Gemeinderat letztlich abgelehnt? Wenn es die Höhe war? Im windschwachen Süddeutschland muss man mit großen Rotorblättern hoch hinaus. Geht nicht anders. Trotzdem passen nur windreiche Standorte. Sollte der Wald der Ablehnungsgrund sein? Tragfähige Holztransportwege sind auch als Zufahrt zu Windrädern verwendbar.
    Ohne Wind müssen parallel vorgehaltene Gaskraftwerke (oder Atomstrom) einspringen. Gibts Wind und Sonne zugleich müssen Anlagen mit Abschaltprämien stillgesetzt werden. Beides treibt die Kosten.
    Energiespeicher sind notwendig!! Es lässt sich über Wasserstoff leicht reden, aber schwer damit arbeiten. Ist teuer und dauert noch lang. Alternativ, Pumpspeicherwerke im Hochgebirge. Je höher, umso effektiver. Auch teuer und langwierig.
    Aber Vorteil: Sie können zusätzlich auch Trockenheit und Starkregen ausgleichen und Schmelzwasser zur Energiegewinnung nutzen.
    Bayern nicht sinnlos mit Windrädern (mit hohen Türmen) zupflastern! Windräder im Meer sind effektiver.
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  • Reinhard Opel
    in Süddeutschland gibt es hunderte Mittelgebirgshügel, hier ist die Windhöffigkeit gut bis sehr gut, also auch für Windräder bestens geeignet. jeden Tag geht die Sonne auf, ist also auch Photovoltaik bestens für unsere Enegieversorung geeignet.

    mit deutschen Know How fliegen Weltraumsonden zum Jupiter und zur Sonne, deshalb sollte es auch leicht möglich sein, überschüssige Energie zu speichern um "Dunkelflauten" zu überbrücken.
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  • Dietmar Eberth
    "Windräder im Meer sind effektiver."

    Nich schon wieder den gleichen K... wiederholen. Offshore sind aber teurer im Bau und der Wartung und ohne Stromtrassen geht es auch nicht.
    Beides nutzen. Onshore (Regional) UND Offshore
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  • Dietmar Eberth
    "Ohne Wind müssen parallel vorgehaltene Gaskraftwerke (oder Atomstrom) einspringen. Gibts Wind und Sonne zugleich müssen Anlagen mit Abschaltprämien stillgesetzt werden. "

    Dafür gibt es auch den europäischen Strommarkt. Import und Export von Strom.

    "Es lässt sich über Wasserstoff leicht reden, aber schwer damit arbeiten. "

    Mit (grauen) Wasserstoff wird in der Industrie schon seit mehr als 10 Jahren gearbeitet. Aktuell wird in Deutschland schon mehr als 55 TWh verbraucht. Das ist etwa die gesamte Strommenge die letztes Jahr durch PV erzeugt wurde. Weiterer Ausbau der EE ist notwendig.
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