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Kreuzwertheim
MSP-Hilfseinsatz im Flutgebiet: "Und dann ist da plötzlich nur noch ein See"
Viele Helfer aus Main-Spessart waren in NRW und Rheinland-Pfalz im Einsatz. Unter ihnen auch der 20-jährige Till Theobald aus Kreuzwertheim. Er schildert, wie er den Einsatz erlebt hat.
Einsatzort der Wasserwacht aus Unterfranken: Die  Bundesstraße 265 in Erftstadt
Foto: Wasserwacht Bezirk Unterfranken | Einsatzort der Wasserwacht aus Unterfranken: Die Bundesstraße 265 in Erftstadt
Lucia Lenzen
 |  aktualisiert: 09.02.2024 15:07 Uhr

Nach den schweren Unwettern in der vergangenen Woche waren in NRW und Rheinland-Pfalz viele Menschen auf Hilfe von außen angewiesen. Tausenden Helfer sind seitdem in den Hochwassergebieten im Einsatz, um zu retten, was noch zu retten ist. Till Theobald aus Kreuzwertheim war mit der Wasserwacht in Erftstadt südlich von Köln.

Herr Theobald, wann haben Sie erfahren, dass Sie ins Krisengebiet fahren sollen?

Till Theobald: Wir haben am Donnerstagmittag vergangener Woche erfahren, dass es losgehen soll. Am Abend dann sind wir in Bereitschaft, also die Alarmstufe zwei, gesetzt worden, haben unser Auto geholt, gepackt. Als dann der endgültige Alarm kam, also Alarmstufe drei, sind wir direkt losgefahren.

Wer wurde aus der Region noch mit alarmiert?

Theobald: Wir waren insgesamt 34 Leute aus Aschaffenburg, Kitzingen, Schweinfurt, Würzburg und Main-Spessart. Insgesamt sind wir mit zwei Boots-Trupps, zwei Tauch-Gruppen, einem Zugführer, einer Zugtruppe und insgesamt sieben Fahrzeugen unterwegs gewesen.

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Warum war die Wasserrettung Kreuzwertheim dabei?

Theobald: Bei uns in Kreuzwertheim ist die Logistik Komponente des Wasserrettungszugs untergebracht. Sprich, wir sind für die Versorgung der Leute vor Ort zuständig und nehmen auch das Gepäck an. Dafür ist bei uns extra ein Anhänger mit Feldbetten, Tischen und Bänken für die Einsatzkräfte stationiert. In dem Anhänger werden auch die persönlichen Dinge gelagert, um Platz in den eigentlichen Einsatzfahrzeugen zu haben.

Unterwegs im Flut-Krisengebiet: Till Theobald von der Wasserwacht Kreuzwertheim half bei der Flutkatastrophe in Erftstadt mit.
Foto: Wasserwacht Bezirk Unterfranken | Unterwegs im Flut-Krisengebiet: Till Theobald von der Wasserwacht Kreuzwertheim half bei der Flutkatastrophe in Erftstadt mit.
Was packt man an persönlichen Dingen zusammen, wenn es auf so einen Einsatz geht?

Theobald: Wechselkleidung, Verpflegung für 48 Stunden, Schlafsack und Isomatte. Ich hatte meine Tasche noch gepackt, da wir schon eine Woche vorher fast nach Oberfranken zum Hochwasser geschickt worden wären. Dazu kam es dann aber doch nicht.

Wann trafen Sie im Einsatzgebiet ein?

Theobald: Wir haben uns zunächst alle am Sammelpunkt in Hösbach getroffen und sind dann weiter nach Mönchengladbach gefahren, wo wir nachts im Katastrophenschutzzentrum eingetroffen sind. Da haben wir in Feldbetten kurz geschlafen und sind dann Freitagmorgen nach Erftstadt gefahren.

Was war hier genau Ihre Aufgabe?

Theobald: Wir sind an der Bundesstraße 265 im Einsatz gewesen, um hier nach verschütteten Fahrzeugen und Personen zu suchen. Die Straße stand stellenweise sechs Meter unter Wasser.

Wie genau kann man sich das vorstellen?

Theobald: Da die Sicht im Wasser durch die ganze Schlammmassen so schlecht war und außerdem mit Betriebsstoffen und Öl verunreinigt, konnten wir keine Taucher runter schicken. Wir haben dann vom Boot aus mit einem Sonar-Gerät geschaut, wo unter Wasser Autos und Lkws liegen, die herausgezogen werden können. Das Gerät liefert eine fotoähnliche Abbildung des Gewässergrundes. Glücklicherweise waren keine Personen mehr in den Fahrzeugen.

Mit Booten und Sonartechnik suchte die Wasserwacht das Wasser nach  Fahrzeugen und Personen ab.
Foto: Wasserwacht Bezirk Unterfranken | Mit Booten und Sonartechnik suchte die Wasserwacht das Wasser nach  Fahrzeugen und Personen ab.
Wie haben Sie die Menschen vor Ort angetroffen?

Theobald: Die Menschen waren sehr dankbar, freundlich und froh darüber, dass wir gekommen sind. Und zum Glück gab es auch nur wenige Gaffer, maximal zehn Personen haben uns von einer Brücke aus zugeschaut.

Wann war Ihr Einsatz wieder beendet?

Theobald: Wir sind Freitag Abend wieder zurückgefahren, da ein Wasserrettungszug aus Oberbayern in Mönchengladbach in Bereitschaft vor Ort war und unsere Hilfe nicht mehr benötigt wurde. Die Bergungsarbeiten übernehmen das THW und die Bundeswehr.

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Wie geht es Ihnen im Nachgang zu diesem Einsatz? Beschäftigt er Sie noch?

Theobald: Auf der Rückfahrt im Auto waren wir alle ziemlich geschafft und haben fast nur geschlafen. Natürlich habe ich noch die Bilder von vor Ort im Kopf, aber da waren keine schlimmen Szenen, die mich verfolgen. Trotzdem waren die Eindrücke hart: Wenn man auf einer Brücke steht unter der eigentlich eine vierspurige Straße läuft und dann ist da plötzlich nur noch ein See - das ist krass und das geht einem schon eine Weile nach.

Helfer aus der Region im Einsatz

Der Ortsverband Lohr des Technischen Hilfswerkes ist mit seiner Fachgruppe Wasserschaden/Pumpen in Nordrhein-Westfalen seit vergangenen Donnerstag mit acht Fahrzeugen und zwölf Helfern und Helferinnen im Einsatz. Mitgenommen hat die Mannschaft unter anderem eine dieselbetriebene Schmutzwasserpumpe "Hannibal", mit der alleine über 5.000 Liter Schmutzwasser pro Minute befördert werden können. Eingesetzt wurde die Fachgruppe zunächst im Ortsteil Kempen der Stadt Heinsberg, wo sich das Hochwasser durch die Kanalisation in die Kellerräume der Häuser drückte. Am Sonntag wurden die Fachgruppen Wassertechnik/Pumpen der THW-Ortsverbände Lohr und Obernburg nach Leverkusen verlegt. Hier wurde unter anderem eine Tiefgarage leer gepumpt.
Am Samstag wurde auch das THW Marktheidenfeld mit dem Fachzug Führung/Kommunikation in den Einsatz nach Nordrhein-Westfalen entsandt. Das Einsatz-Team des THW Marktheidenfeld vor Ort besteht derzeit aus 20 Ehrenamtlichen.  
Auch aus anderen Organisationen und Orten im Landkreis waren Einsatzkräfte in den überschwemmten Gebieten: Von den BRK Bereitschaften Marktheidenfeld und Karlstadt waren zum Beispiel je sechs Helfer mit dem Standardhilfeleistungskontingent Unterfranken in Rheinland-Pfalz.
Quelle: THW Lohr/THW Marktheidenfeld
 
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