
„Alle Füße, die nicht schön sind, müssen operiert werden.“ Mit dieser Aussage und dem Bild eines wenig ästhetischen Männerfußes voller Schrunden, Hautflecken und missgestalteter Zehennägel provozierte der Orthopäde Dr. Simon Endrich gut zwei Dutzend Zuhörer im Speisesaal des Klinikums in Marktheidenfeld. Sein Vortrag über Fußchirurgie hatte zwei Schwerpunkte, die Sonderform des Spreizfußes „Hallux valgus“ und Bewegungseinschränkungen im Großzeh, den „Hallux rigidus“. Seine leicht Ausführungen begleitete der Arzt mit anschaulichen Grafiken und Fotos.
Zunächst aber gab es interessante Eckdaten über den Fuß, das Multitalent: Er hat 28 Knochen, 19 Muskel und 107 Bänder. Bei jedem Schritt hat er das gesamte Körpergewicht zu tragen, und der Mitteleuropäer legt im Laufe seines Lebens durchschnittlich 150 000 Kilometer zu Fuß zurück. Das ist fast viermal um den Erdball.
Die Erkrankung des Vorderfußes Hallux valgus als Ausdruck eines Spreizfußes entsteht durch das Einsinken des vorderen Quergewölbes. So verbreitert sich der Ballenbereich. Die Sehne des Großzehenanlegers zieht den Großzeh nach außen, und es steht der erste Mittelfußknochen vermehrt nach innen. Letztendlich tritt der Großzehenballen am Fußinnenrand oft deutlich hervor. Außerdem können sich durch die verkürzten Beugesehnen sich oft Hammer- und Krallenzehen entwickeln, so Endrich.
Diese Verformung betrifft weitaus mehr Frauen als Männer. Neben genetischen Ursachen kommen auch Verletzungen und vor allem das Tragen von hohen Schuhen, den High Heels infrage. Die Folge sind Schmerzen und Funktionsverlusten am Fuß, die es zu therapieren gilt. Als konservative Möglichkeiten führte der Orthopäde die medikamentöse Therapie mit Schmerzmitteln, Anti-Rheumatika und Krankengymnastik an – unter anderem die Spiraldynamik.
Einen operativen Eingriff sieht er als letzte Möglichkeit, wenn sehr starke Schmerzen die Lebensqualität einschränken, offene Geschwüre am Ballen entstehen, die Funktionen massiv eingeschränkt sind und eine zunehmende Verformung, insbesondere bei den Kleinzehen, droht. Möglich sind Achsenkorrekturen des ersten Mittelfußknochens, dem Grundglied des Großzehs oder dem mittleren Keilbein. Alternativ, aber drastischer sind Gelenkversteifungen oder -entfernungen, die gelenkresezierenden Operationen. Die Operationsverfahren richten sich nach der Ausprägung des Abspreizungswinkels. Zur Nachbehandlung muss der Vorfuß etwa sechs Wochen entlastet und gleichzeitig eine Thromboseprophylaxe durchgeführt werden. Die Entfernung der Schrauben oder ähnlichem ist nicht notwendig.
Begleitet wird das Krankheitsbild des Hallux valgus oft von Hammer- und Krallenzehen, die durch Verkürzung der Beuge- und Streckmuskulatur des Fußes entstehen. Bei Krallenzehen erreichen die Zehenkuppen oft den Boden nicht, das Zehengrundgelenk ist komplett oder fast ausgerenkt. So entstehen oft Druckbelastungen am Zehenrücken im Bereich der Zehengelenke, Hühneraugen und Läsionen.
Das andere Fußproblem ist laut Dr. Endrich der Hallux rigidus, bei dem sich der große Zeh nicht mehr bewegen lässt. Hier führt die Abnutzung des Gelenkknorpels zur Arthrose, Knochenanbauten und Kapselschrumpfung verursachen Bewegungseinschränkungen und Schmerzen bei Belastungen durch Abrollen. Jahrelange Abnutzung des Knorpels, wiederholte Mikroverletzungen oder starke Überstreckungen mit Knorpelverletzungen, wie beim Langstreckenlauf, Fußball oder Tanz, sind die Ursachen.
Als konservative Behandlung sehen die Orthopäden die Eisbehandlung, um Schmerzen und Entzündungen zu reduzieren. Durch Mobilisation kann die Beweglichkeit wieder erhöht werden. Gelenküberbrückende Einlagen sorgen für eine Entlastung des Gelenks und unterstützen den Genesungsprozess. Abrollrampen in der Schuhsohle übernehmen das Abrollen im Fuß. Auch Schmerzmittel und Entzündungshemmer sowie Krankengymnastik können helfen.
Operativ kommt die Cheilektomie vor allem bei jungen und aktiven Patienten infrage. Mit der Verkürzungsosteotomie wird eine Druckentlastung des Gelenks und verbesserte Rotation des Köpfchens angestrebt. Im schlimmsten Falle, wenn der Knorpel kaum noch vorhanden ist, greift man zu der Arthrodese. Hier wird das Großzehengrundgelenk vollständig mit einer Platte und Schrauben fixiert. Vorher wird der Restknorpel vollständig entfernt. Ziel ist es, dass das Gelenk nach der Operation vollständig verknöchert.
Grundsätzlich gilt für Dr. Endrich und seinen Chefarzt Dr. Andreas Fleischmann, es sollte nur bei großen Beschwerden, Entzündungen oder Druckstellen operiert werden. Kosmetische Operationen lehnen sie kategorisch ab. Schließlich gehörten die eingangs gezeigten Füße keinem Patienten, sondern dem afrikanischen Sprinter Usain Bolt, der die 100 Meter in 9,58 Sekunden laufen kann.
Im Anschluss an den Vortrag hatten die Besucher die Möglichkeit, im Plenum oder im direkten Gespräch Fragen zu stellen.