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Karlstadt
Helferkreis: Die Sprache ist der Schlüssel
Für den Karlstadter Helferkreis gibt's immer noch viel zu tun. Neue Mitarbeiter mit Elan werden gesucht. Günther Rösch sieht ein Problem als tickende Zeitbombe.
Für den Karlstadter Helferkreis gibt's noch viel zu tun. Von links: Frauke Beck, Günther Rösch, Susanne von Mansberg, Sybille Hack.
Foto: Markus Rill | Für den Karlstadter Helferkreis gibt's noch viel zu tun. Von links: Frauke Beck, Günther Rösch, Susanne von Mansberg, Sybille Hack.
Markus Rill
Markus Rill
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:19 Uhr

"Flüchtlingen beim Ankommen helfen" steht auf dem Flyer des Helferkreises Karlstadt. Das funktionierte in der Kreisstadt hervorragend. Rund 70 Helfer organisierten zur Hochphase 2016 und 2017 Möbel und Kleidung, halfen bei der Wohnungssuche und mehr. "Angekommen sind sie mittlerweile", sagt Günther Rösch und meint: Integriert sind sie noch nicht. Nur noch etwa 20 Frauen und Männer engagieren sich im Helferkreis. Viel zu wenig, um die rund 260 in der Kernstadt und den Stadtteilen gelandeten Flüchtlinge bei den vielen Belangen des Alltags zu unterstützen.

"Unsere Aufgabe hat sich von der Nothilfe zur Integrationshilfe gewandelt", erklärt Susanne von Mansberg. Und die größte Hürde, die es für die Menschen aus Syrien und Afghanistan zu überwinden gilt – darin sind sich die zum Gespräch versammelten Mitglieder des Helferkreises einig –, ist die deutsche Sprache. "Das ist das A und O", sagt Frauke Beck, "davon hängt alles ab." Sybille Hack konkretisiert: "Ohne Deutschkenntnisse ist es wahnsinnig schwer, Arbeit zu finden, eine Wohnung zu finden und natürlich auch, Kontakt zu Einheimischen zu bekommen." 

Frauenkurse mit Kinderbetreuung

Deutschkurs für Frauen mit Kinderbetreuung, ein Angebot des Karlstadter Helferkreises.
Foto: Frauke Beck | Deutschkurs für Frauen mit Kinderbetreuung, ein Angebot des Karlstadter Helferkreises.

Den Mitgliedern des Helferkreises  war von Anfang an bewusst, dass die Sprache der Schlüssel zur Integration ist. Deutschkurse gehörten zu ihren ersten Hilfsangeboten und sind heute noch Bestandteil ihrer Arbeit.  "Kurse bei der Volkshochschule werden erst für anerkannte Asylberechtigte bezahlt", so Günther Rösch.  "Unsere Ehrenamtlichen haben auch schon Männer und Frauen unterrichtet, deren Verfahren noch lief." Mittlerweile bietet der Helferkreis vor allem Kurse für Mütter an, mit Kinderbetreuung. "Das kann die Vhs nicht leisten, aber es ist für die Frauen unheimlich wichtig", sagt Susanne von Mansberg.

Zögernden Frauen haben die Helfer klargemacht, dass sie ihren Kindern in der Schule nur helfen können, wenn sie selbst ausreichend Deutsch sprechen. Das hat viele überzeugt. "Es gibt aber auch Flüchtlinge, die zu Hause keine Schriftsprache gelernt haben und nicht mit höheren Zahlen rechnen können. Da können wir keine Wunder leisten", so von Mansberg.

Ohne Vertrauen geht nichts

Das Allerwichtigste sei, dass es Vertrauen gebe zwischen Flüchtlingen und den Frauen und Männern des Helferkreises. Sybille Hack steht mit vier jungen Männern in Karlburg in Kontakt. "Wir treffen uns oft, mindestens einmal die Woche." Sie hat ihnen klarmachen können, dass es für sie langfristig gesehen wichtig ist, eine Ausbildung zu absolvieren, "auch wenn sie da drei Jahre lang weniger verdienen werden". Anderen Flüchtlingen fehlt dieser Weitblick – und vielleicht auch eine Vertrauensperson.

 "Im Grunde kann ein Mitglied des Helferkreises nur eine Familie sinnvoll betreuen", sagt Frauke Beck und die anderen Helfer nicken. "Da gibt es so viele Themen und Fragen, dass man ausgelastet ist." Bei nur noch gut 20 aktiven Helfern und 260 Flüchtlingen liegt deshalb auf der Hand, dass weitere Frauen und Männer, die den Geflüchteten bei der Integration helfen, gesucht werden. "Das ist dringend nötig", sagt Günther Rösch.  Auch für die Leitung des Helferkreises werden Freiwillige gesucht, seit sich Susanne von Mansberg aus der Führung zurückgezogen hat.

Wichtig ist dem Helferkreis-Team zu betonen, dass die Flüchtlinge keine homogene Truppe sind. "Die Syrer gelten als die Deutschen unter den Arabern. Wir kommen insgesamt gut miteinander klar und haben nur höflichen, freundlichen Umgang erlebt", sagt Sybille Hack. Aber es gebe darunter Menschen, die aus der Großstadt Damaskus kommen und Frauen in Miniröcken gewohnt sind, und es gebe sehr religiöse Menschen unter den Flüchtlingen.  Es gebe offene Menschen, die schon in hiesigen Sportvereinen aktiv sind und auf die Einheimischen zugehen, und es gebe eher zurückgezogene. "Sie sind so unterschiedlich wie wir", so Beck.

Interessierte sind willkommen

Begegnung beim Café International - hier noch am alten Treffpunkt im Pfarrheim St. Andreas.
Foto: Frauke Beck | Begegnung beim Café International - hier noch am alten Treffpunkt im Pfarrheim St. Andreas.

Manche jungen Männer haben schon den Führerschein gemacht und eine handwerkliche Ausbildung begonnen, einige Frauen gehen in Pflegeberufe. Doch wenn's mit der Sprache hapert, bleiben diese Türen verschlossen. Deshalb bleibt das "Café International" am jeweils ersten Freitag im Monat ab 16 Uhr in den Räumen der evangelischen Kirche in der Arnsteiner Straße ein wichtiger Treffpunkt, der die Gelegenheit zu Gesprächen bietet. Auch an der Mitarbeit im Helferkreis Interessierte sind dort willkommen. Da die Gruppe nur lose organisiert ist, werden keine Mitgliedsbeiträge oder ähnliches fällig.

Günther Rösch wünscht sich, dass sich auch junge Karlstadter engagieren. "Es ist für die jungen Flüchtlinge wahnsinnig wichtig, den Schulabschluss zu schaffen", sagt er. Rösch hofft, dass deutsche Jugendliche syrischen oder afghanischen Schülern bei den Hausaufgaben helfen. Denn die Flüchtlingskinder, die sich in der Schule schwer tun, seien "eine tickende Zeitbombe", so Rösch. "Falls sie alle die Schule ohne Abschluss verlassen, kommt ein großes soziales Problem auf uns zu. Wir müssen sie unterstützen." Der Helferkreis wird weiter gebraucht.  

 
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