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MARKTHEIDENFELD
Helena Goldt im Glitzerkleid und ladylike
Eine eindrucksvolle Mischung vieler musikalischer Kulturen bot das Konzert von Helena Goldt und Daniel Markovski im Theater „Fasskeller”.
Foto: Martin Harth | Eine eindrucksvolle Mischung vieler musikalischer Kulturen bot das Konzert von Helena Goldt und Daniel Markovski im Theater „Fasskeller”.
Martin Harth
Martin Harth
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:17 Uhr

Ein schillernder und glänzender Abend war das, was am Samstag die Gäste im ausverkauften Theater Fasskeller in Marktheidenfeld miterleben durften – und das betraf beileibe nicht allein das glitzernde Paillettenkleid der Sängerin Helena Goldt. Anders als angekündigt hatte die Berlinerin Daniel Markovski als Begleiter am E-Piano mitgebracht. Das tat der kunstvollen Melange aus den musikalischen Traditionen Deutschlands, Frankreichs, Russlands, dem Mittelmeerraum und dem Balkan keinerlei Abbruch.

Die aus Kasachstan stammende, klassisch ausgebildete Sängerin bot ein Programm mit Stil, ladylikem Sexappeal und Anspruch, mit Herz und voll melodiöser Leidenschaft. Zuverlässig begleitet und in der humorvollen Moderation von Markovski umrahmt, ging es los im Berlin der wilden Zwanziger. Lieder des von den Nazis später vertriebenen Richard Werner Heymann (1986-1961) wie „Eine Nacht in Monte Carlo“, das melancholische „Irgendwo auf der Welt“ oder die UFA-Film-Hymne „Ein Freund, ein guter Freund“ zeigten virtuos interpretiert die lebendige Kraft der musikalischen Welt jener Tage.

Bewegende Hymne an Kasachstan

Es folgte ein polnisches Liebeslied, das die ursprünglich russlanddeutsche Sängerin Anna German (1836-1982) unsterblich machte. Kurt Weills 1934 im französischen Exil geschriebene heimliche Hymne der Résistance „Youkali“ verwandelte die Sängerin in eine bewegende Hymne an das Land ihrer frühen Kindheit. Danach ging es zur Bruststimme und zum Brustton der Überzeugung beim Blick in den Spiegel „Du bist eine Granate!“

Das Publikum war voll mit dabei, fasziniert lauschend in den ruhigen Passagen des Konzerts und engagiert mitgehend bei den Stimmungsnummern, Das zeigte sich auch beim Mitsingen des nicht ganz so einfachen Refrains des sephardischen Lieds „Adio Querida“ in der seltenen ladinischen Sprache. Das Experiment gelang.

Erotisch und verführerisch

Nach der Pause wurde es zunächst erotisch mit dem verführerischen Song eines Escort-Girls „Man nennt mich Lady Dada“. Das Soldaten-Lied von Lili Marleen widmete Helena Goldt ihrer Großmutter und deren schwierigem Lebensweg: geboren in der Ukraine, zur Zwangsarbeit im Deutschen Reich, im stalinistischen Straflager der Sowjetunion, umgesiedelt nach Kasachstan und russlanddeutsche Spätaussiedlerin in der Bundesrepublik.

Dem wahrhaft tiefen Empfinden wurde als flapsiger Kontrast des Frauenstolzes das Bekenntnis „Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben“ aus der Feder von Alfred Grünwald und Oscar Straus entgegengesetzt. Russische Seele bis hin zum Kitsch durfte an diesem Abend natürlich auch nicht fehlen. Ein Leid von der Wolga mutierte zur Rhein-Hymne und gemeinsam mit den Zuhörern ging es in die „Moskauer Nächte“.

Multikultureller Wohlklang wird zum Programm

Dann zum nächsten musikalischer Traditionssprung, hin nach Mazedonien, wo Pianist Markowski Vorfahren besitzt. Das Volkslied um die unerfüllte Liebe zu einem Mädchen namens Jovana führte zu balkanischen Melodien und Rhythmik. Und dann wurde der multikulturelle Wohlklang, wie er sich heute im zeitgenössischen Musikschaffen unserer Tage überall Bahn bricht, am Ende vollends zum Programm: Die große klassische Arie „Time to Say Goodbye“ folgte das humoristisch dargebotene Spottlied „Tu sei americano“ des Napolitaners Renato Carosone aus dem Jahr 1956.

Ohne erhobenen pädagogischen Zeigefinger boten Helena Goldt und Daniel Markovski eine musikalische Lehrstunde über die Leitkultur der offenen Gesellschaft unserer Tage. Nur konsequent, dass die beiden Könner ihr Programm mit der Hoffnung auf Frieden nach einer Melodie aus der russischen Oktoberrevolution abrundeten, die 1968 zu einem weltumschließenden Hit von Mary Hopkin wurde: „Those Were the Days“.

 
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