Ein Blick in eine Schulstunde der Klasse B 2 in Schwebenried, in der Schüler der dritten und vierten Jahrgänge gemeinsam unterrichtet werden. Auf dem Stundenplan steht die wörtliche Rede. Die Schüler lernen, wie die Satzzeichen gesetzt werden. Schulleiterin Katharina Krenig fordert sie auf, selber Sätze zu bilden, wobei der Redebegleitsatz mal am Anfang, mal in der Mitte, mal am Ende des Satzes steht. Nachdem das gut gelingt, wird das Thema in Gruppenarbeit vertieft, wobei die Schüler aus der 4. Jahrgangsstufe die schwierigeren Aufgabenblätter lösen müssen. Der Unterricht wirkt harmonisch, die Schüler beteiligen sich eifrig.
Meist wird die Jahrgangsmischung in den Grundschulen nur unter dem Aspekt von zurückgehenden Schülerzahlen diskutiert. Davon ist auch die Grundschule Schwebenried betroffen. Von den ehemals acht Klassen gibt es derzeit nur noch fünf. „Mittelfristig werden wir uns auf vier Klassen stabilisieren“, sagt Krenig. Vier Klassen sind genug, um jahrgangsreine Klassen zu bilden, daher erfolgte in Schwebenried die Umstellung nicht aus der Not heraus. Sie erfolgte aus pädagogischen Gründen: „Ich bin davon überzeugt, dass die Jahrgangsmischung langfristig viele Chancen eröffnet“, sagt Katharina Krenig.
Sie hat diese gemeinsam in diesem Schuljahr mit dem Lehrerkollegium eingeführt. „Dies war mir eine Herzensangelegenheit“, sagt sie, die seit Herbst 2011 Leiterin der Schule ist. Denn das Konzept hatte sie als wissenschaftliche Assistentin an der Universität Würzburg in vielen Seminaren mit Studenten behandelt. Einige Publikationen hat sie dazu verfasst.
Die soziale Entwicklung der Kinder würde enorm davon profitieren, meint sie. Ältere Kinder nehmen auf die jüngeren Rücksicht, erklären den Unterrichtsstoff, bekommen dadurch mehr Selbstbewusstsein und erlernen nebenbei auch noch ein großes Maß an sozialer Kompetenz. Dies gelte auch für ältere Schüler, die zu den schwächeren gehören. Die Jüngeren können schon mal in den Stoff der Älteren hineinschnuppern.
Allerdings jede Umstellung ist mit Mühe verbunden, verschweigt Krenig nicht. Für den Lehrkörper bedeutete dies erst einmal ein großes Stück mehr Arbeit, denn die gewohnte Unterrichtsroutine wurde aufgebrochen. „Da hatten wir auch manches Tief“, gibt sie zu. Dies sei aber vorbei. Die Jahrgangsmischung werde zwar in ihrer Umsetzung hinterfragt, aber grundsätzlich nicht mehr in Frage gestellt.
Natürlich hatte es auch Bedenken bei den Eltern gegeben. Manche sorgen sich, dass begabte Schüler auf der Strecke bleiben und so später den Übertritt auf die Realschule oder das Gymnasium verpassen. Krenig ist aber überzeugt, dass die Leistungsanforderungen vergleichbar mit der in Jahrgangsklassen sei.
Es gäbe Studien, die dies untersucht haben. Die Ergebnisse reichen von keinen signifikanten Unterschieden bis leichte Vorteile für die jahrgangsübergreifenden Klassen. Krenig selbst ist überzeugt, dass von der Jahrgangsmischung vor allem schwächere und begabte Schüler profitieren. Ein Gewinn sei für alle Schüler im Bereich der Sozial- und Persönlichkeitsentwicklung zu erwarten.
Die Schüler der B 2 sind jedenfalls zufrieden. „Was haltet Ihr denn von der neuen Regelung“, fragt Krenig. Fast alle Hände gehen hoch. „Ich finde es gut, dass ich die Großen fragen kann, wenn ich was nicht verstehe“, sagt Amelie. Ein Junge fügt hinzu, dass er jetzt mehr Schüler kennenlernt.
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Das war einige jahre später "untragbar". Wegen Platzmangel wuchsen neue Schzulen aus dem Boden. Jetzt ist es plötzlich "pädagogisch wertvoll", mehrere Klassen in einem Raum zu unterrichten. Man muss die Sache eben immer drehen, wie man sie braucht. Viel Spaß beim Drehen