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Lohr
Heim-Unterricht: "Lehrer können besser erklären als Eltern"
Tina Bednarz behält den Überblick über drei verschiedene Schulen ihrer Kinder Theo, Teresa und Till (von links).
Foto: Frank Zagel | Tina Bednarz behält den Überblick über drei verschiedene Schulen ihrer Kinder Theo, Teresa und Till (von links).
Frank Zagel
 |  aktualisiert: 29.04.2020 02:10 Uhr

Der Unterricht für Tausende Schüler läuft derzeit weiterhin zuhause. Die meisten Eltern haben sich mittlerweile an ihre neue Rolle als Ersatz-Lehrer gewöhnt. Auch die Mehrheit der Schüler kann dem Heimunterricht mehr abgewinnen als wieder in die Schule zu gehen. Dies hat unsere Umfrage unter Schülern und Eltern in Lohr über die Vor- und Nachteile des Heimunterrichts ergeben. Den Verlust ihrer sozialen Kontakte prangern alle Schüler gleichermaßen an.

Tina Bednarz aus Sendelbach darf sich um den Unterrichtsstoff von gleich drei verschiedenen Schulen ihrer Kinder kümmern. "Das Schwierigste ist, die Kinder zur Schularbeit zu motivieren", sagt die 42-jährige Mutter. Jeden Morgen stehen ihre Kinder wie zu den Schulzeiten auf und arbeiten ihre Aufgaben ab.

Während Tochter Teresa selbstständig über eine Online-Plattform der Realschule Arbeitsblätter ausfüllt und zurücksendet, erhält der zehnjährige Theo von der Sendelbacher Grundschule zu Wochenbeginn einen Arbeitsplan. Die Zeit dabei sei selber einzuteilen, erklärt Bednarz. Auch beim 13-jährigen Till gibt es einen Wochenplan aus der Mittelschule für jedes Fach. Nach den Ferien soll in der Mittelschule ein digitales Klassenzimmer starten.

Den Austausch mit ihren Lehrern nutzen die Geschwister regelmäßig. Theo würde sich über einen Wiederbeginn der Schule freuen, denn der Viertklässler möchte unbedingt seinen anstehenden Fahrrad-Führerschein absolvieren. Till findet den Unterricht von zuhause aus einfacher: "Durch den Wochenplan kann ich meine Pausen machen, wann ich sie brauche." Teresa vermisst am meisten die sozialen Kontakte zu ihren Freunden. "In der Schule sehe ich für ein paar Stunden auch mal andere Gesichter als nur meine Familie", sagt die 15-Jährige.

Jahrgangsstufen wiederholen?

Iris Hauptmann hat bereits damit gerechnet, dass ihre beiden Kinder nach den Ferien nicht wieder in die Schule gehen. Die Schnelligkeit, mit der das Lohrer Gymnasium auf den Heimunterricht umgestellt habe, findet sie gut. Die technische Umsetzung jedoch empfindet sie als mangelhaft. Vor Pfingsten rechnet die 36-Jährige nicht mit einem normalen Schulbetrieb. Eine Option sei für Hauptmann auch, die jeweiligen Jahrgangsstufen zu wiederholen. Dadurch, dass alle Schüler ihren Stoff auf verschiedene Weise von den Eltern vermittelt bekommen, könnten große Lernunterschiede bei den Schülern aufkommen.

Bei Familie Karl genießt Malen (Mitte) das längere Schlafen, ihre Schwester Amelie findet die freie Arbeitseinteilung des Schulstoffes gut.
Foto: Frank Zagel | Bei Familie Karl genießt Malen (Mitte) das längere Schlafen, ihre Schwester Amelie findet die freie Arbeitseinteilung des Schulstoffes gut.

Tochter Finnja, die die sechste Klasse besucht, ist erleichtert, dass die Schule erst einmal nicht weitergeht. Ihre ein Jahr jüngere Schwester Ida hingegen würde viel lieber wieder in die Schule gehen. "Die Lehrer können einfach besser erklären als die Eltern", sagt die Elfjährige.

Familie Karl aus der Lindig- Siedlung musste zu Beginn einen weiteren Computer im Haushalt aufrüsten, um den neuen Schulalltag ihrer beiden Töchter von zuhause aus zu bewältigen. Anfangs sei es schwer gewesen, einen geregelten Alltag zu finden, da beide Eltern ihrer Arbeit nachgingen, berichtet Mutter Nicole. In den Osterferien wurde der Stoff nachgearbeitet. Die 13-jährige Amelie besucht die achte Klasse an der Realschule, ihre Schwester Malen die fünfte Klasse. Anfängliche technische Schwierigkeiten mit dem Heim-PC konnten über die Lehrer gelöst werden.

"Die Kommunikation mit der Schule hat super funktioniert", lobt Nicole Karl. Die Aufgaben seien zwar für ihre Kinder zu bewältigen, allerdings seien Lehrer dauerhaft nicht durch Eltern zu ersetzen, gibt die 42-Jährige zu bedenken. Malen genießt das längere Schlafen, ihre Schwester Amelie findet die freie Einteilung der Lerninhalte gut. Beide vermissen jedoch gleichermaßen weniger die Schule als mehr den Kontakt zu ihren Freunden.

"Ich war nicht überrascht über diese Nachricht und vermute auch, dass ein gewohnter Schulalltag weiterhin nicht stattfindet" sagt Nicole Paff. Paffs Tochter geht auf das Gymnasium, Sohn Jarik besucht die dritte Klasse der Lohrer Grundschule. In den Osterferien rückte die Schule in den Hintergrund, berichtet die 46-Jährige. Da ihre Kinder mehr Freizeit haben, länger schlafen und sich ihre Lerninhalte für die Woche freier aufteilen können, seien die Kinder über den Schulausfall "vordergründig happy".

Eine große Herausforderung war zu Beginn für die Familie, die Bedürfnisse des Verlustes der sozialen Kontakte innerhalb der Familie zu erfüllen, so Paff. "Jarik ist ein wahres Energiebündel und wir ersetzen keinen kickbegeisterten Freund."

'Einen kickbegeisterten Freund können wir nicht ersetzen', haben Nicole Paff und ihr Mann Andreas über den Verlust der sozialen Kontakte ihres Sohnes Jarik erfahren.
Foto: Frank Zagel | "Einen kickbegeisterten Freund können wir nicht ersetzen", haben Nicole Paff und ihr Mann Andreas über den Verlust der sozialen Kontakte ihres Sohnes Jarik erfahren.
 
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