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LANGENPROZELTEN
Heiko und Eva Rauch: Mit der Rikscha quer durch Bayern
Ein Kunstradweltmeister läuft mit seiner Familie per selbst gebauter Rikscha über 600 Kilometer von Ober- franken bis zum Bodensee quer durch Bayern. Alle sind danach nicht nur erholt – die Tour hat sie auch verändert.
Von unserem Mitarbeiter Herbert Hausmann
 |  aktualisiert: 23.08.2013 10:35 Uhr

„Bayern hat so viele schöne Ecken“, da mussten sich quasi Heiko und Eva Rauch aus Langenprozelten mit ihren Kindern Amelie (drei Jahre) und Luisa (ein Jahr) für einen vierwöchigen Urlaub im Freistaat entscheiden. Eigentlich nichts außergewöhnliches, nur, dass die vier mit einem selbst gebauten Gefährt, ähnlich einer Rikscha, die über 600 Kilometer lange Strecke von Hof (in Bayern ganz oben) bis nach Lindau (am Bodensee) zu Fuß zurückgelegt haben.

„Italien, die Türkei oder Mallorca haben uns nicht gereizt“, sagt Heiko Rauch nach der Rückkehr von der Bayern-Tour. Ferne und weniger ferne Länder haben er und Ehefrau Eva während ihrer sportlichen Laufbahn bereits zu sehen bekommen, wenn auch nur in kleinen Ausschnitten. Heiko Rauch, ein Teil des Kunstrad-Duos mit Bruder Michael, war bereits dreimal Weltmeister und sechs Mal Vizeweltmeister im Zweier-Kunstradfahren der Männer. Die insgesamt zehn WM-Teilnahmen haben ihn in Länder in Europa und Asien geführt. Eva Breitenbach war zusammen mit Yvonne Breitenbach die weibliche Ergänzung in den Reihen des TSV Langenprozelten. Beide brachten es zu zwei Vizeweltmeistertiteln im Zweier-Kunstradfahren der Frauen.

Die Idee, mit der ganzen Familie im Urlaub einmal quer durch Bayern zu laufen, hatte Eva Rauch, geborene Breitenbach, vor etwas mehr als einem halben Jahr. Nur zu gerne übernahm Ehemann Heiko die Aufgabe, eine Tour auszuarbeiten. „Wir wollten uns abseits der viel befahrenen Straßen bewegen und trotzdem einige Sehenswürdigkeiten anschauen“, berichteten die beiden. Das Internet half dabei, eine Route zu finden, die meist über kleine Straßen, Feld-, Wald- und Radwege führte. Gleichzeitig sollten Jugendherberge oder Zeltplätze im Bereich einer Tagesetappe verfügbar sein. „Das hat auch alles zu 99 Prozent funktioniert“, so Heiko Rauch.

„Das war kein Urlaub sondern ein Erlebnis.“
Familie Rauch nach ihrer Rikscha-Tour durch Bayern

War die Routenplanung der eine Teil der Reisevorbereitungen, fand der zweite Teil in einer kleinen Werkstatt statt. Einen Fahrradanhänger baute der Familienvater um zu einem Gefährt, das auf der Marschstrecke immer wieder für Aufsehen und Bewunderung sorgte. Verschiedene Halterungen und Befestigungsmöglichkeiten, eine gut funktionierende Bremsanlage und schließlich noch ein kleines GPS-Gerät wurden angebracht. Mehrfach wurde die Ausrüstung der vierköpfigen Familie zur Probe verladen – immerhin etwa 70 Kilogramm – und kleine bauliche Veränderungen am Gefährt vorgenommen und schließlich wieder getestet. Schließlich ging es mit dem Zug zum Start der Reise in die ehemalige oberfränkische Grenzstadt Hof an der Saale.

In Tagesetappen von 11,2 bis zu 37,4 Kilometern Länge steuerten die Bayern-Abenteurer ihrem Ziel entgegen. Über Wunsiedel, Falkenberg, Trausnitz, Regensburg, Kelheim, Ingolstadt, Augsburg, Günzburg und Ottobeuren führte der Weg zum Zielort Lindau am Bodensee. „Es ging langsam voran, weil wir sehr viel von der Landschaft sehen und wahrnehmen wollten“, erklärt Eva Rauch. Sie hat auch während der vier Wochen ein kleines Tagebuch geführt. Es waren neben den landschaftlichen Schönheiten, die Erlebnisse mit den beiden Kindern und vor allem die Begegnungen mit den Menschen unterwegs, die die Familie berührt haben und die auch in dem kleinen Tagebuch festgehalten worden sind.

Solche wie dieser: Als einmal die kleinen Vorräte in einem Supermarkt ergänzt werden sollten, zog draußen ein Gewitter auf. Spontan bot eine Frau den Wanderern Unterschlupf in ihrem Haus an. „Als wir dorthin kamen, sahen wir, dass die Frau sechs eigene Kinder zu versorgen hatte, selbst nicht viel besaß und uns noch zusätzlich aufgenommen hat.“ Oft wurde die wandernde Familie auch von anderen eingeladen, in deren Garten zu zelten, einschließlich Toilettenbenutzung und einem Frühstück.

„Ihr werdet sehen, wie euch so eine Tour menschlich verändert“, berichtet Eva Rauch von der Aussage einer Freundin, die selbst schon lange Wanderungen unternommen hat und auch den Jakobsweg gelaufen ist. Wie richtig dies war, haben die Rauchs am eigenen Leib erleben können. Die Erlebnisse und Begegnungen mit den Menschen haben nicht nur die Eltern sondern auch die dreijährige Amelie positiv geprägt. Zudem waren die vier Rauchs vier Wochen lang rund um die Uhr auf kleinstem Raum zusammen und aufeinander angewiesen. „Auch eine positive Erfahrung“, so Eva und Heiko Rauch übereinstimmend. Darum sind sie auch nie auf die Idee gekommen, wenigstens ein Stück der Reise mit der Bahn oder als Anhalter zu fahren. Selbst in der größten Hitze nicht. „Da sind wir morgens ein Stück gelaufen und gegen Abend dann den zweiten Teil der Tagesetappe.“

Die Wäsche wurde in den Jugendherbergen auf der Strecke gewaschen, wo die Familie gerne aufgenommen worden ist. Nur einmal, berichteten sie, seinen sie in einer Pension, die sie wegen des vorhergesagten nächtlichen Regens aufsuchen wollten, etwas unfreundlich abgewiesen worden.

„Das war kein Urlaub sondern ein Erlebnis“, so das einhellige Fazit der Bayern-Tourler. Und sie denken auch bereits voraus: Sie wollen irgendwann einmal wieder auf eine Reise zu Fuß durch Bayern gehen. „Eine Hüttentour“, sagt Heiko Rauch, könnte es dann werden.

Zwischenstation: Heiko Rauch mit den Töchtern Amelie und Luisa auf der Steinernen Brücke in Regensburg.
Foto: Fotos (3): Rauch | Zwischenstation: Heiko Rauch mit den Töchtern Amelie und Luisa auf der Steinernen Brücke in Regensburg.
Das Familien-Gepäck: Immerhin 70 Kilogramm wiegt die Ausrüstung der Familie Rauch für ihre vierwöchige Tour.
| Das Familien-Gepäck: Immerhin 70 Kilogramm wiegt die Ausrüstung der Familie Rauch für ihre vierwöchige Tour.
 
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