
Reiner Plass aus Karlstadt-Laudenbach hat dem Lohrer Schulmuseum eine kleine Heftesammlung aus der Zeit um 1905 überlassen, die laut Pressemitteilung des Museums von der Qualität der Einträge auch für die damalige Zeit auffällt.
Diese Hefte aus den verschiedenen Fächern der Volksschule erinnern daran, dass die Schrifterziehung und die Gestaltung der Schülerhefte über Jahrhunderte hinweg in der Schule einen hohen Stellenwert hatten und noch bis weit ins 20. Jahrhundert als „Visitenkarte“ des Menschen, als „Spiegelbild der Seele“ galten. Entsprechend waren Schönschreiben,Schriftpflege und Heftgestaltung bis weit ins zwanzigste Jahrhundert ein wichtiger Teil des Unterrichts, oft mit mehreren Wochenstunden und mit Noten und Anmerkungen in den Schulzeugnissen.
Die heutige geringere Bewertung der Heftgestaltung hat ihren Grund in der Neubewertung ihres Stellenwertes in Bezug auf das Lernen an sich. Die zunehmende Mechanisierung und Technisierung des Schreibprozesses – etwa durch die Verwendung digitaler Medien – mache ein systematisches Üben der Schrift überflüssig, so die Protagonisten der 68er-Bewegung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und deren Nachfolger, die jede Form von Drill, Anpassung und Ähnliches ablehnten und somit auch das systematische Einüben der Handschrift mit entsprechend strengen Normen. Schreibübungen mit genauen Formvorgaben scheinen heute nicht mehr zeitgemäß, bis hin zu dem Verzicht der Schreibschrift zugunsten der angeblich leichteren Druckschrift, etwa an den Hamburger Schulen, die ihren Schülern freistellen, ob sie die Schreibschrift lernen wollen. Das Ergebnis ist ist eine mangelnde Schriftkompetenz vieler Schüler mit allen Folgen, die sich daraus ergeben, heißt es weiter im Pressebericht.
Bemerkenswert: 2015 gab der Deutsche Lehrerverband eine Umfrage in Auftrag zum Thema „Schülerschrift“. Etwa 2000 Lehrerinnen und Lehrer aus allen Bundesländern wurden befragt und es stellte sich heraus, dass etwa 51 Prozent der Schüler und 31 Prozent der Schülerinnen Schwierigkeiten beim Handschreiben haben und nur etwa 29 Prozent der Kinder im 5. und 6. Schuljahrgang länger als 30 Minuten ohne größere Beschwerden mit der Hand schreiben können. Andere Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, dass jeder sechste Schüler nicht leserlich schreiben kann.
