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Gemünden
Hebammen kämpfen gegen Verschlimmbesserungen
Die Zahl der Geburten steigt, die der Hebammen sinkt. Was ist zu tun, um die Situation zu verbessern, will der SPD-Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel von Hebammen wissen.
In der Reihe "Doudrü g'hört geredt" diskutierte der SPD-Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel in Gemünden mit Hebammen.  Von links Hebammensprecherin Ulrike Wegmann, Heike Kralik, Leonie Schäffer, Christiane Schäfer, Yvonne Gunst und Bernd Rützel.
Foto: Michael Mahr | In der Reihe "Doudrü g'hört geredt" diskutierte der SPD-Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel in Gemünden mit Hebammen.
Michael Mahr
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:06 Uhr

Die Zahl der Geburten ist in den letzten Jahren gestiegen, die Zahl der Hebammen aber zurückgegangen. „Doudrü g‘hört geredet“, findet der SPD-Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel. Er lud deswegen Vertreterinnen der Hebammen aus dem Landkreis Main-Spessart ins Abgeordnetenbüro in der Obertorstraße in Gemünden ein, zu einer der Gesprächsrunden, die er unter dem Motto „Doudrü g‘hört geredet“ organisiert.

Wo drückt der Schuh, wollte er von seinen Gesprächspartnerinnen erfahren, und wie könnte man die Situation der Hebammen verbessern? Was die Frauen um Kreissprecherin Ulrike Wegmann aus Lohr deutlich machten, ist, dass es nicht nur ein Thema ist, das sie umtreibt, sondern eine ganze Reihe von Entscheidungen und Entwicklungen, die ihre Arbeit negativ beeinflussen.

Zum Beispiel müssten einfach mehr Hebammen ausgebildet werden, forderte Yvonne Gunst aus Lohr. Doch wo sich früher noch 1200 Bewerberinnen um die Ausbildungsplätze an einer Klinik beworben haben, seien es jetzt viel weniger. Die 20-jährige Leonie Schäffer aus Birkenfeld kennt nur eine andere junge Frau aus dem Landkreis, die wie sie Hebamme werden will.

Mehr Ausbildungsplätze, mehr Geld

In den vergangenen Jahren seien außerdem nur noch in Würzburg angehende Hebammen ausgebildet worden, 16 in jedem der drei Jahrgänge, aber keine mehr in Aschaffenburg. Nach einigen Jahren Pause sei dort jetzt erstmals wieder eine neue Klasse ins Leben gerufen worden, weil bisher das Lehrpersonal gefehlt hatte. Auf der anderen Seite gibt es an manchen Hochschulen, etwa in Fulda, inzwischen Studiengänge für Hebammen. Die Hebammen vermissen deswegen ein klares Konzept für die Hebammenausbildung in Deutschland.

Auch die Bezahlung der Hebammen müsse besser werden, wolle man den Beruf attraktiver machen, sagte Heike Kralik aus Karlstadt. Die Hebammen ärgern sich zum Beispiel über eine Regelung, die ihnen seit dem vergangenen Jahr nicht mehr erlaubt, mehrere Geburten am selben Tag abzurechnen. Sogar wenn sie zwei Frauen bei Geburten helfen – Geld gibt’s nur für eine. Das Ziel bei der Einführung dieser neuen Regel sei eigentlich gewesen, jeder Frau, die ein Kind zur Welt bringt, die Betreuung durch eine Hebamme zu sichern. Herausgekommen sei ein Einkommensverlust für die Hebammen, weil man den Zeitpunkt der Geburten und die Auswahl der Hebammen durch werdende Mütter schließlich kaum steuern könne. Solche „Verschlimmbesserungen“ moniert Heike Kralik „jedes Mal“ nach Gebührenverhandlungen.

Plädoyer für Geburtshilfestation am neuen Klinikum

Natürlich spielt auch die Haftungsfrage für die Hebammen nach wie vor eine große Rolle, auch wenn sie nicht allein auf dieses Thema reduziert werden wollen. 8000 Euro im Jahr müssen selbstständige Hebammen dafür aufbringen, wenn sie Geburtshilfe anbieten, berichtet Sophie Weimer aus Fellen, dabei inzwischen unterstützt vom Staat. Dazu kommen Renten- und Krankenversicherung. Und während Hebammen noch nach 30 Jahren für Spätfolgen eines möglichen Fehlers haften müssen, wären Ärzte nach nur zehn Jahr aus der Haftung raus, kritisiert eine von Rützels Gesprächspartnerinnen.

Das ist ein Grund, weswegen viele Hebammen ihre Dienste nur noch vor und nach der Geburt anbieten, aber keine Geburtshilfe mehr leisten. Verstärkt wird diese Tendenz dadurch, dass der Landkreis Main-Spessart die Geburtshilfestationen in seinen Krankenhäusern geschlossen hat. Komme es bei einer Geburt zu Problemen, sei das nächste Krankenhaus mit Fachpersonal weit entfernt. Wenn die Politiker im Kreis etwas für Frauen tun wollten, sollten sie deshalb am neuen Klinikum auch eine vollwertige Geburtshilfestation vorsehen, sind sich die Hebammen einig. Mit Belegärzten allein wäre es nicht getan, machte Hebamme Christiane Schwab aus Lohr deutlich.

Hebammenverband
Mehr als 19000 Hebammen sind im Deutschen Hebammenverband organisiert. Der Verband ist in Landesverbände unterteilt. Der Bayerische Landesverband vertritt mehr als 3000 Hebammen. Unterhalb des Landesverbands gibt es noch Kreisgruppen. In der für den Landkreis Main-Spessart sind 29 Hebammen registriert. Sprecherin ist Ulrike Wegmann aus Lohr.
 
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Kommentare
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    Herr Rützel

    es gehört nicht nur darüber geredet , sondern es gehört auch etwas getan
    und verändert .
    Nur vom Reden wird die Situation nicht besser und auch nicht von schönen
    Bildern in der Tageszeitung.
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