Weil er sich im Zuge seiner Unterbringung in der Forensischen Psychiatrie in Lohr, wo psychisch kranke und suchtkranke Straftäter behandelt werden, der Körperverletzung, Beleidigung und Bedrohung schuldig gemacht haben soll, stand ein (mittlerweile ehemaliger) Patient vor dem Amtsgericht Gemünden.
Dort wies der 63-jährige Angeklagte, der ursprünglich aus einer Spessartgemeinde stammt, jegliche Schuld von sich. Die ihn belastenden Aussagen einer 61-jährigen Krankenpflegerin und eines 43-jährigen Krankenpflegers, die als Zeugen geladen waren, bezeichnete der studierte Musiker und Elektroniker als "gelogen" und "absolute Falschbeschuldigung".
Eigentlich sollte in der Verhandlung auch ein Mitpatient des Angeklagten gehört werden, der sich bereits schriftlich entlastend für ihn geäußert hatte. Dieser Zeuge konnte aufgrund eines Krankenhausaufenthalts jedoch nicht an der Verhandlung teilnehmen. Aus diesem Grund unterbrach Richterin Karin Offermann die Verhandlung, die nun in zweieinhalb Wochen fortgesetzt werden soll.
Die Staatsanwältin warf dem Angeklagten vor, er habe am Abend des 17. Aprils dieses Jahres der 61-jährigen Krankenschwester, als diese gerade in einer kleinen Küche der Forensischen Psychiatrie das Abendbrot für die Patienten richtete, absichtlich die Küchentür ins Kreuz gedrückt. Dadurch habe diese ein bis zwei Tage lang Schmerzen gehabt. Begleitend dazu soll der Angeklagte gesagt haben, "es soll jeder so verrecken, wie er es verdient hat".
Wenige Tage danach, am 21. April, habe der Angeklagte den 43-jährigen Krankenpfleger beleidigt und bedroht. "Du Drecksjude, jetzt zeigst Du Dein wahres Gesicht", soll er zu ihm gesagt und ihm gedroht haben, ihn so fertig zu machen, dass er seinen Job verlieren werde. Diese Worte seien ihm "nicht erinnerlich", sagte der Angeklagte, der aber durchaus einräumte, an jenem Abend nicht gut auf den Krankenpfleger zu sprechen gewesen zu sein.
Unstrittiger Hintergrund dafür war, dass ein afghanischer Patient in das Zimmer des Angeklagten ausgelagert werden sollte, weil sich die Situation mit dessen bisherigem Zimmergenossen zugespitzt hatte, und der 43-jährige Krankenpfleger derjenige war, der den Umzug vollziehen sollte.
Den Afghanen wollte der Angeklagte aber auf keinen Fall im Zimmer haben, weil dieser, gleich nachdem er nach Deutschland gekommen sei, einen Mord begangen habe und sich schon mit ihm angelegt habe. Der Angeklagte, der nach seiner eigenen Aussage damals kurz vor der Entlassung aus seiner 16-jährigen Haft stand, habe seine letzten Tage in der Psychiatrie nicht nochmal komplizieren, sondern seine Ruhe haben wollen.
Er habe während seiner Haft drei Forensische Kliniken kennengelernt, holte der Angeklagte aus; so etwas wie in Lohr habe er in keiner anderen erlebt. In Lohr sei er vom Personal misshandelt worden, und die üblichen Lockerungen seien ihm sogar noch in den letzten Tagen vor der anstehenden Entlassung gestrichen worden. Und dann sagte er noch, jetzt sichtlich erregt: "Ich war 16 Jahre unschuldig eingesperrt."
Nach Angaben des 43-jährigen Krankenpflegers handelte es sich bei dem Angeklagten um einen schwierigen Patienten, der jegliche Behandlung abgelehnt und ständig das Personal beleidigt habe; zwar gehörten Beleidigungen in der Psychiatrie zum Alltag, aber Bedrohung sei "ein anderes Kaliber".
Die 61-jährige Krankenpflegerin sagte aus, dass sie, als sie hinter der Küchentür gestanden habe, den Angeklagten von der Seite habe kommen sehen. Sie habe noch "Vorsicht" gerufen, so wie auch einige anwesende Patienten. Der Angeklagte habe die Tür trotzdem aufgeschlagen, sie verletzt und gesagt, dass jeder so verrecken solle, wie er es verdient habe. Sie glaube, dass der Angeklagte sie habe sehen können.
Dem widersprach der Angeklagte, der auch nichts von einem Warnruf gehört haben will - und er habe "ein vorzügliches Gehör". Auch sein Entlastungszeuge habe bestätigt, dass er die Krankenpflegerin hinter der Tür nicht habe sehen können.
Fortgesetzt werden soll die Verhandlung am Amtsgericht Gemünden am Montag, 10. Dezember, ab 11 Uhr.