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Lohr
Hans-Dieter Diehl war Indramat
Bearbeitet von Günter Weislogel
 |  aktualisiert: 05.06.2019 02:11 Uhr

Er gehörte zu den Vätern und war bis 1997 Vorsitzender der Geschäftsführung der Rexroth-Tochter Indramat in Lohr: Am Wochenende ist Hans-Dieter Diehl nach jahrelanger Krankheit in seinem Haus an der Rechtenbacher Straße gestorben, nur wenige Tage nach seinem 87. Geburtstag.

Der Elektro-Ingenieur war eine der treibenden Kräfte, die aus der Gesellschaft für Industrie-Rationalisierung und Automatisierung mbH einen modernen Betrieb mit weit über 1000 Arbeitsplätzen im Lohrer Süden machten. Diehl war Indramat, ein »Arbeitstier«, für das es nichts mehr gab als die Firma. Er führte die Geschäfte bereits, als der heutige Bosch- und Rexroth-Betrieb am 4. Oktober 1965 mit sechs Leuten von Neuwied am Rhein nach Lohr wechselte.

Mit dabei damals schon der junge Ingenieur Werner Schmidt, der Diehl als Vertriebsleiter nachfolgte und es bis zum Direktor des Unternehmens brachte. Der spätere Rexroth-Chef und Mannesmann-Vorstandsvorsitzende Werner H. Dieter hatte Diehl auf einer Tagung kennengelernt. Dieter, der in diesem Jahr seinen 90. Geburtstag feiern kann, warf mit seiner Weitsicht bald einen Blick auf die Mini-Firma aus dem Koblenzer Norden, um die Entwicklung hydraulischer Antriebstechnik voranzubringen. Dabei schien dem damaligen technischen Leiter des Rexroth-Maschinenbaus die erst 1958 von Paul Lippke ins Leben gerufene Mess- und Regelgerätefirma besonders geeignet. Dieter Diehl, Werner Schmidt (Sendelbach) und ihren Mitstreitern war klar, dass der Verkauf nach Lohr für die Familien einen Umzug in den Ostspessart bedeuten würde, erinnerte sich Schmidt.

Mit dem Kleinbus nach Lohr

Diehl eröffnete seinen Leuten seine Pläne bei einer der abendlichen Zusammenkünfte – damals noch in einem Neuwieder Gasthaus. Mit einem Kleinbus fuhr die Crew mit den zunächst nicht gerade begeisterten Frauen nach Lohr und erkannte die Chancen, die Rexroth-Hydraulik und Gießerei dem Team zu bieten hatte. Die kleine Mannschaft kam für ein paar Wochen im damaligen Neubau der Gießereiverwaltung unter, dann im alten Rexroth-Verwaltungsgebäude. Eine der nächsten Stationen waren für die Indramat-Leute eine ehemalige Wäscherei, die Maschinenbauhalle V und die alte Hypobank in der Stadtmühlgasse.

Zum ersten Meilenstein in der Geschichte wurde am 5. Juli 1972 die gemeinsame Unterbringung aller Abteilungen im Neubau des Rexroth-Werks II an der Partensteiner Straße. Am 3. Oktober 1986 konnte der Neubau im Industriegebiet Lohr-Süd eingeweiht werden. Dank des Rexroth- und Mannesmann-Kapitals und des Einfallsreichtums und der Tüchtigkeit von Diehl und seinen Technik-Spezialisten nahm Indramat in den folgenden Jahrzehnten einen gewaltigen Aufschwung.

Diehls Name und der seines technischen Geschäftsführers Holger Krohn sind eng mit dem Erfolg des Antriebs- und Steuerungsspezialisten verbunden. Beide schafften 1976 in den USA einen großen Durchbruch für die Expansion von Indramat. Numerisch gesteuerte Werkzeugmaschinen spielten fortan eine wesentlich Rolle.

Diehl selbst blieb bescheiden, machte kein Aufhebens von seiner Person und traf sich bis ins hohe Alter mit Freunden. Ein Kenner beschrieb ihn am Mittwoch als »Vollbluttechniker mit Herz, Seele und Verstand«, der unbeirrbar an der Zukunft des Unternehmens arbeitete. Die Stadt Lohr verlieh dem ehemaligen Vorsitzenden der Indramat- und Mitglied der Mannesmann-Rexroth-Geschäftsführung 2001 ihren Ehrenring für die Verdienste um die heimische Wirtschaft. Diehl sei »einer der mit Abstand wichtigsten Männer für das wirtschaftliche Wohlergehen der Stadt« gewesen, würdigte der damalige 1. Bürgermeister Siegfried Selinger den Träger des Bundesverdienstkreuzes.

Was mit vier Mitarbeitern in kleinsten Anfängen 1958 startete, sei mit über 1800 Beschäftigten allein in Lohr mittlerweile der zweitgrößte Arbeitgeber im Landkreis Main-Spessart, betonte der Rathauschef damals. Indramat brachte es bei einer Exportquote von 50 Prozent auf eine halbe Milliarde Mark Jahresumsatz.

Die besondere Leistung Diehls lag nach Selingers Worten in der Ausdehnung des Produktionsprogramms auf die Elektronik und die Servohydraulik. Damit habe der ehemalige Indramat-Geschäftsführer neue Absatzgebiete für die konventionelle Hydraulik erschlossen und Rexroth den Weg zu neuen Industriezweigen geöffnet.

Die Firma Indramat habe sich unter Diehls Leitung zu einem international führenden Unternehmen der Antriebs- und Steuerungstechnik entwickelt. Das große Angebot an qualifizierten Arbeitsplätzen in Lohr mit guten Zukunftsperspektiven sei in erster Linie Diehls Einsatz zu verdanken. Selinger wörtlich: »Ohne sie gäbe es die Firma Indramat im Industriegebiet Lohr-Süd nicht.«

Diehl hinterlässt neben seiner Frau auch drei Töchter und deren Familien. Die Trauerfeier für ihn beginnt am Montag, 3. Juni, um 14 Uhr in der evangelischen Auferstehungskirche in Lohr.

 
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