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KARLSTADT
Hängepartie für Stolz und Münch
Landtagswahl: Überwiegend nüchterne Wahlpartys der Parteien im Landkreis. Thorsten Schwab geht wieder nach München. Freie Wähler und Grüne freuen sich über Gesamtergebnis – Kandidateneinzug bleibt ungewiss.
Bei der Wahlparty der Grünen im Hotel Mainpromenade Karlstadt freut sich Landtagskandidat Gregor Münch (rechts) über die Hochrechnung, die Bezirkstagskandidatin Bärbel Imhof auf dem Handy zeigt.
Foto: Markus Rill | Bei der Wahlparty der Grünen im Hotel Mainpromenade Karlstadt freut sich Landtagskandidat Gregor Münch (rechts) über die Hochrechnung, die Bezirkstagskandidatin Bärbel Imhof auf dem Handy zeigt.
Markus Rill
Markus Rill
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:50 Uhr

Mit gebremstem Schwung schlug sich der Landestrend in Main-Spessart nieder. Für die CSU ging's nicht ganz so weit nach unten, für die Grünen nicht ganz so weit nach oben. Sein Direktmandat verteidigte Thorsten Schwab (CSU).

Er verfolgte die ersten Hochrechnungen im Bürgerhaus in Hafenlohr. Den Grund für das schlechte Ergebnis seiner Partei sieht er vor allem in Berlin: Bei Wahlkampfveranstaltungen habe er die Besucher zum Einstieg immer gefragt, ob sie in Bayern zufrieden seien. „Die Antworten waren immer positiv“, so Schwab. „Aber wenn ich gefragt habe, ob das nicht Grund genug sei, wieder die CSU zu wählen, war die Resonanz eine andere.“ Die Leuten seien mit der Union im Allgemeinen unzufrieden. „Drei Namen habe ich immer wieder gehört: Seehofer, Scheuer und Dobrindt.“

Schwabs Ergebnis im Stimmkreis sieht besser aus als das seiner Partei bayernweit. „Das verstehe ich als Anerkennung für meine Arbeit der letzten fünf Jahre“, sagte der Abgeordnete. Man sehe, dass die Grünen vor allem in den Städten punkten könnten. „Im ländlichen Raum ist die CSU näher an den Leuten“, so Schwab. Er war viel unterwegs im Wahlkampf: Rund 400 Tassen hat er vor seinem „Cappuccinomobil“ ausgeschenkt.

Die Stimmung bei Schwabs Wahlparty im kleinen Kreis mit rund 30 Familienmitgliedern, Freunden und Unterstützern aus Hafenlohr und Windheim war ordentlich. „Meine Mitarbeiter sind schon mal erleichtert, dass sie auch morgen noch einen Job haben“, scherzte Schwab. Er rechne mit einer Koalition von CSU und Freien Wählern. „Rechnerisch könnte das reichen, und thematisch sind wir ähnlich aufgestellt.“

Grüne im Wechselbad

Grund zum Jubel hatten die Main-Spessart-Grünen, als die erste Prognose an die Wand eines Seminarraums im Karlstadter Hotel Mainpromenade projiziert wurde. „Das beste Grünen-Ergebnis aller Zeiten in Bayern“, rief Direktkandidat Gregor Münch freudig in den Raum. Rund 25 Partei-Mitglieder und Sympathisanten jubelten.

Doch kaum fünf Sekunden später erkannten die Anwesenden, dass eine Koalition von CSU und Freien Wählern die Sitzemehrheit im Landtag hätte. „Die werden sich jetzt ranwanzen“, sagte Karlstadts Dritte Bürgermeisterin Anja Baier. Und als FW-Spitzenkandidat Hubert Aiwanger auf dem Fernsehbild zu sehen war, meinte Bezirkstagskandidatin Bärbel Imhof: „Der nächste Landwirtschaftsminister.“ Die Stimmung war also durchaus wechselhaft.

Hochzufrieden waren die Grünen ob des eigenen Ergebnisses, Euphorie aber kam nicht auf. Zum einen, weil das gute Resultat schon prognostiziert worden war, zum anderen, weil die Regierungsbeteiligung, mit der sie geliebäugelt hatten, wegen des Erfolgs der Freien Wähler unwahrscheinlich wurde.

Dazu kam, dass es am Sonntagabend ungewiss blieb, ob Gregor Münch der Einzug in den Landtag gelingt. „Wenn ich ein solides zweistelliges Ergebnis erreiche, bin ich zufrieden. Dann kann es für mich reichen.“ Der Kreisvorsitzende Gerhard Kraft resümierte: „Wir hatten die richtigen Leute und die richtigen Themen. “

Fassungslosigkeit bei der SPD in Lohr

Fassungslosigkeit und betrübte Gesichter waren nach der Prognose um 18 Uhr im Gasthof von Sven Gottschalks Mutter Margitta in Lohr bei der Wahlparty der Main-Spessart-SPD zu sehen. „Die Umfragen waren nicht prickelnd, doch das Ergebnis schockiert mich“, sagte der niedergeschlagene Landtagsdirektkandidat. Jetzt heiße es Analyse zu betreiben, sich zusammensetzen und zu hinterfragen, warum die Politik der SPD beim Bürger nicht angekommen sei. Bundestagsabgeordneter Bernd Rützel sprach von einem „katastrophalen Ergebnis“. Von etwa 15 Prozent der Stimmen sei er ausgegangen, das Ergebnis nun sei „ein Schock für uns alle“.

Gut zwei Dutzend Genossen sind dem Aufruf des Kreisverbandes zum gemeinsamen Wahlabend gefolgt. Zur gedrückten Stimmung passte noch die sich ständig unterbrechende Internetübertragung, die ein Verfolgen der Wahlergebnisse mühsam machte. „Mama, sorg' doch mal für eine ordentliche Internetverbindung“, kommentierte Kandidat Gottschalk mit Humor.

Über seine künftigen Pläne innerhalb der Partei, auch in Hinblick auf das Amt der Lohrer Bürgermeisters, wollte sich Gottschalk nicht äußern. „Wer mich kennt, der weiß, dass ich nie aufgebe“, sagte er. „Wir haben im Wahlkampf alles gegeben und ich werde auch in Lohr weitermachen.“

Die Spannung auf der Wahlparty der Freien Wähler (FW) im „Letzten Hieb“ in Langenprozelten war mit Händen greifbar. Würde es Arnsteins Bürgermeisterin und Direktkandidatin Anna Stolz in den Landtag schaffen? Stolz legte ihr Handy, mit dem sie laufend die Zwischenergebnisse checkte, praktisch nicht aus der Hand. „Ich bin total aufgeregt“, bekannte sie. Notwendig wären 17, 18 Prozent der Erststimmen im Landkreis gewesen, schätzte Stolz – also das Ergebnis ihres Vorgängers Günther Felbinger.

Nach den ersten Ergebnissen – mit Rückenwind aus Arnstein – sah es auch tatsächlich danach aus, aber je mehr Stimmkreise ausgezählt wurden, desto klarer wurde, dass es mit diesem erhofften Resultat nichts werden würde. Dennoch bekam sie mit weitem Abstand die meisten Erststimmen der unterfränkischen FW-Direktkandidaten. Da jedoch auch die Zweitstimmen zählen und Gerald Pittner (Haßberge/Rhön-Grabfeld) als FW-Listenführer in Unterfranken da wohl besser abschneiden würde, blieb es für Stolz bis nach Redaktionsschluss eine Zitterpartie, ob die Freien Wähler Unterfranken nur ein oder zwei Mandate bekämen und ob sie eines davon würde holen können.

FW-Listenkandidat Marco Pintar aus Neuendorf war da deutlich gelassener. Für ihn war der Einzug in den Landtag von Anfang sehr unrealistisch. Dass in seinem Heimatort die Freien Wähler mit weitem Abstand stärkste Partei waren, freute ihn sichtlich.

Zufrieden zeigte man sich in Langenprozelten über das gute bayernweite FW-Abschneiden. Über das Kreisergebnis war Peter Utsch, Vorsitzender der Kreisvereinigung, vor allem deswegen erfreut, weil man in Main-Spessart zur Wahlkampfunterstützung kein Landtagsbüro zur Verfügung gehabt habe und sich die Freien Wähler im Wahlkampf „aus bestimmten Gründen, die alle hier kennen“ viel Kritik hätten anhören müssen, womit er die Causa Felbinger meinte, der bei der Landtagswahl 2013 ein FW-Mandat geholt hatte.

Auch Landrat Thomas Schiebel war mit dem Ergebnis der Freien Wähler insgesamt zufrieden. Er betonte zudem, dass er sich freue, dass die AfD im Landkreis Main-Spessart weniger Stimmen erhielt als im bayerischen Durchschnitt.

FDP-Kandidat Peter Sander traf sich mit seinen Parteikollegen in Aschaffenburg. „Gewünscht hätte ich mir sechs bis sechseinhalb Prozent“, sagte er. Stattdessen sah es am Sonntagabend nach fünf Prozent für die Liberalen aus. „Das wird ein Zitterspiel bis zum Schluss“, war Sander klar. Für sich selbst habe er vom Landratsamt die Information erhalten, dass er bei etwa 3,6 Prozent liege; sein Vorgänger hatte 1,6 Prozent erreicht.

AfD-Kandidat Kurt Schreck war vom Ergebnis seiner Partei wenig überrascht: In Bayern gebe es schließlich eine andere Konstellation als im Rest Deutschlands, mit der „Staatspartei“ CSU und den Freien Wählern, die sich „auch im konservativen Spektrum bewegen“. „Die AfD hat aus dem Stand ein sehr gutes Ergebnis erreicht“, so Schreck. Das sei als „Vertrauensvorschuss“ zu verstehen. Es gelte nun, vernünftige und sachbezogene Oppositionspolitik zu machen.

Das Ergebnis seiner alten Partei, der CSU, nennt Schreck „desaströs“ und „eine Katastrophe“. Er freue sich allerdings, dass „die Kommunisten der Linkspartei“ voraussichtlich nicht in den Landtag einziehen werden. So ergeht es auch Kurt Schreck, der keine realistischen Aussichten auf ein Mandat hat.

„Meine Mitarbeiter sind erleichtert, dass sie auch morgen noch einen Job haben.“
Thorsten Schwab, wiedergewählter Landtagsabgeordneter
Der FDP-Direktkandidat Peter Sander (rechts) erwartete gemeinsam mit dem Bundestagsabgeordneten Karsten Klein die Wahlergebnisse auf der FDP-Wahlparty in Aschaffenburg.
Foto: Inderwies | Der FDP-Direktkandidat Peter Sander (rechts) erwartete gemeinsam mit dem Bundestagsabgeordneten Karsten Klein die Wahlergebnisse auf der FDP-Wahlparty in Aschaffenburg.
AfD-Direktkandidat und Kreisvorsitzender Kurt Schreck bei der Stimmabgabe im Wahllokal. Seine Partei hatte am Sonntagabend keine öffentliche Wahlparty geplant.
Foto: Joachim Spies | AfD-Direktkandidat und Kreisvorsitzender Kurt Schreck bei der Stimmabgabe im Wahllokal. Seine Partei hatte am Sonntagabend keine öffentliche Wahlparty geplant.
Thorsten Schwab (CSU) verfolgt die ersten Prognosen am Handy im Live-Stream im Wahllokal im Bürgerhaus Hafenlohr.
Foto: Carolin SChulte | Thorsten Schwab (CSU) verfolgt die ersten Prognosen am Handy im Live-Stream im Wahllokal im Bürgerhaus Hafenlohr.
SPD-Direktkandidat für Main-Spessart Sven Gottschalk (links) und der Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel waren „schockiert” vom Abschneiden ihrer Partei.
Foto: Frank Zagel | SPD-Direktkandidat für Main-Spessart Sven Gottschalk (links) und der Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel waren „schockiert” vom Abschneiden ihrer Partei.
Banges Warten am Sonntag für die Freie-Wähler-Direktkandidatin Anna Stolz, hier mit dem deutlich entspannteren Listenkandidaten Marco Pintar.
Foto: Björn Kohlhepp | Banges Warten am Sonntag für die Freie-Wähler-Direktkandidatin Anna Stolz, hier mit dem deutlich entspannteren Listenkandidaten Marco Pintar.
 
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