Sie haben die Bestie auf der Europalette, die die Welt bedeutet, gezähmt. So umschrieb das Coburger Comedy-Duo André von Streckenbach und Alexander Köhler ihren Auftritt im Marktheidenfelder Theater „Fasskeller“ am Ende selbst. Die Bestie, das Publikum, hatte vor der Bühne, der Europalette, eine zweistündige, rasante und aberwitzige Musik-Show mit vielen eigenen Liedern miterlebt, die total begeisterte.
Streckenbach & Köhler spinnen nach den „Multiplen Ohrgasmen“ in ihrem neuen Programm „Hüften aus Gold“ ihre Geschichten um den strahlenden Heldentenor, der seine Kunst an der Musikhochschule Franz-Liszt zu Weimar erlernte und seinem armen Tastenknecht konsequent fort. Mit brillanter Stimme und exzellenter Tastenbegleitung entspann sich eine virtuose Reise durch die Welt des Lieds und Schlagers sowie durch die skurrile Gedankenwelt unseres Alltags und Egos.
Überraschung und Improvisation
Dabei liegt die Kunst des Duos in der Überraschung und in der Improvisation im Spiel mit dem Publikum. Streckenbach zeichnet ein Gefühl für exakt gezielte Pointen aus, das Timing und den Stilbruch. Das alles kommt ganz spielerisch über die Bühne und Köhlers Tasten- und Mimik-Anarchie unter der Sturmfrisur toppt das Ganze.
Fluch der ersten Reihe: Sabine und Geburtstagskind Uwe saßen dort und empfahlen sich dafür, unvermittelt immer wieder das Geschehen auf der Bühne mitgestalten zu dürfen.
Schokolade verteilt
Schokolade wurde unters Publikum gebracht. „Hüften aus Gold“, sie entstehen im Kampf um die goldene Praline, die Köhler ganz heimlich in Streckenbachs Rücken anfrisst. Weiter ging‘s zur akademischen Ausbildung. Der Tenor macht sich musikalisch seinen eigenen Reim auf's Plagiat: „Ich geh‘ heute promovieren!“ Begeistert riefen ihm seine Zuhörer „Doktor! Doktor!“ im Rhythmus des Refrains zu.
Dann macht der Meister eine Step-Einlage, die nach seinem Bekunden auch Fred-Astaire vor Neid erblassen lassen würde. „Fast wie in La La Land“, begeisterte sich ein Gast mit Sinn für Ironie aus dem Hädefelder Publikum, das nach Ansicht des Sängers wohl nicht nur an diesem Abend irgendwie einfach „natural high“ zu sein schien.
Und dann das ultimative Potpourri der schönsten Liebeslieder – der titanische „König von Marktheidenfeld“ schüttete seiner Sabine beim Tete a Tete auf der Bühne sein Herz aus, von „Ti amo“ bis zum innigen „I believe, I can fly“. „Liebt ihr mich auch ein bisschen“, wimmerte der Superheld am Ende gar flehentlich und feierte Udo Jürgens „Aber bitte mit Sahne“ mit dem ganzen Haus.
Bei den Zugaben nahm der Abend seine letzte, völlig unerwartete Wendung. Streckenbach und Köhler zauberten mit Reinhard Meys „Lebwohl, Adieu, gute Nacht“ einen Gänsehaut-Moment in das Kellergewölbe. Das war wirklich große Kunst.