Schon als Neugeborene hatte Lilly Lucks ungewöhnlich lange Haare. Ihr ganzes bisher achtjähriges Leben lang durfte sie sie weiter wachsen lassen. Stets wurden nur die Spitzen abgeschnitten. Nun wagte sie einen großen Schritt: ihre fast vierzig Zentimeter langen Kinderhaare wurden abgeschnitten und als Haarspende für krebskranke Kinder weitergeleitet.

"Ich finde das total toll", freut sich Luca Zarbano, der Inhaber des Haarstudios Luca, bei dem die "Tat" stattfindet. "Kinderperücken können nämlich auch nur aus Kinderhaaren gemacht werden und nur wenige Kinder haben schon so ein Bewusstsein, dass sie krebskranken Kindern helfen möchten. Auch trennen sich Kinder nicht gerne von ihren Haaren." Mindestens 35 Zentimeter müsse der Zopf lang sein, erklärt Zarbano noch.

Aus tiefstem Herzen

Vor rund einem halben Jahr habe er sich zum ersten Mal mit diesem Thema befasst, als eine andere Kundin den Wunsch äußerte, Haare spenden zu wollen. Lilly ist aber das erste Kind in seinem Haarstudio, das spenden möchte. "Wir hatten schon öfters die Idee von kurzen Haaren, aber der Schritt war zu groß", berichtet Lillys Mutter Astrid Lucks. "Da habe ich ihr mal von der Möglichkeit erzählt, dass man damit krebskranken Kindern helfen kann. Als ich ihr ein Foto eines Kindes mit einer Glatze gezeigt habe, da kam aus tiefstem Herzen: Mama, ja, das mache ich! So ist es jetzt auch kein Abschiednehmen, sondern es macht auch Sinn."

Und Lilly ergänzt: "Ich freue mich richtig, weil jetzt jemand meine Haare bekommt, der sie wirklich braucht." Friseurin Jenny Bergmann-Semmler muss zuerst die Haare waschen und richtig trocknen. "Sonst schimmeln sie", erklärt sie. "Dann werden sie geflochten und oberhalb des Gummis abgeschnitten. Lilly hat richtig viele Haare!"

Gelassen lässt Lilly die Prozedur über sich ergehen. Überraschenderweise ergeben die beiden dicken Zöpfe dann auch noch eine Länge von fast vierzig Zentimetern. "Da kriegt man ja sogar eine Langhaarperücke hin, das ist etwas ganz Besonderes", kommentiert Luca Zarbano erfreut.

Der Abschied fällt Lilly leicht

Jetzt ist Lilly richtig gerührt. Der Abschied von ihren Haaren fällt ihr sichtlich leicht. Zeitnah wird Zarbano jetzt die beiden Zöpfe zu seiner Mitarbeiterin Teresa Carandente bringen. Sie besucht gerade eine Meisterschule in Aschaffenburg. Dort ist eine Kollegin, die die Haare an die richtige Stelle weiterleiten wird. "Vielleicht kann ich ja unsere Mail-Adresse mit reinlegen. Dann könnten wir ja eventuell erfahren, was daraus geworden ist", hofft Astrid Lucks.

Lilly jedenfalls ist richtig zufrieden mit ihrem neuen Haarschnitt. "Sie langt häufig noch ins Leere, weil da ja immer der Zopf war. Aber sie ist glücklich mit ihrer neuen Friseur und war heute Morgen ganz gespannt, was ihre Schulfreundinnen sagen werden", berichtet die Mutter am nächsten Morgen. "Vielleicht animiert die Aktion ja noch mehr Kinder, Jugendliche oder Erwachsene, sich anzuschließen. Haare werden jedenfalls immer gebraucht", sagt Luca Zarbano abschließend.