zurück
Gemünden
Gutscheine nicht gültig: Betrug, Angst und Tränen vor dem Amtsgericht Gemünden
42-jährige Frau bot Gutscheine für Freizeitparks über ebay an, lieferte aber nicht. Das Gericht verurteilte sie zu Bewährungsstrafe und Arbeitsstunden.
Vor dem Amtsgericht Gemünden musste sich in der vergangenen Woche ein Paar verantworten, dem vorgeworfen wurde, Gutscheine für Freizeitparks über ebay verkauft zu haben, ohne zu liefern sowie Gutscheine beim Online-Shop 'Maingutschein' bestellt und teilweise eingelöst, aber nicht bezahlt zu haben. (Symbolbild)
Foto: Benjamin Brückner | Vor dem Amtsgericht Gemünden musste sich in der vergangenen Woche ein Paar verantworten, dem vorgeworfen wurde, Gutscheine für Freizeitparks über ebay verkauft zu haben, ohne zu liefern sowie Gutscheine beim ...
Wolfgang Dehm
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:06 Uhr

Wegen Betrugs mussten sich am Mittwoch eine 42-jährige Frau und ihr 32-jähriger Lebensgefährte vor dem Amtsgericht Gemünden verantworten. Als der Ex-Mann der Frau zu Beginn der Verhandlung als Zuhörer den Sitzungssaal betrat, brach sie in Tränen aus. Sie habe Angst vor diesem Mann, er habe sie vor 13 Jahren umbringen wollen, sagte sie. Nach gutem Zureden durch ihren Verteidiger und Richterin Maryam Neumann beruhigte sie sich langsam wieder.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft warf der Frau vor, insgesamt drei Gutscheine für Disney- und Phantasialand über ebay verkauft zu haben, ohne die Ware zu liefern beziehungsweise liefern zu können. Außerdem soll die Frau gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten beim Online-Shop "Maingutschein" insgesamt elf Gutscheine im Gesamtwert von 1545 Euro bestellt und nicht bezahlt haben. Fünf dieser Gutscheine mit einem Gesamtwert von 606 Euro seien in Restaurants und Geschäften in Lohr und Marktheidenfeld eingelöst worden.

Angeklagte versuchte Schuld von sich zu weisen

Die Frau versuchte mit teils abenteuerlichen und schwer nachvollziehbaren Aussagen die Schuld von sich zu weisen. Sie sei der Meinung gewesen, dass alles glatt gelaufen sei. Dann habe sie von der Polizei erfahren, dass einiges nicht in Ordnung gewesen sein solle. "Es tut mit leid, wenn irgendwas falsch gelaufen ist", sagte sie. Sie habe ganz andere Probleme, als jemanden über den Tisch zu ziehen. Denn sie leide, wie auch ihre vier Kinder, unter posttraumatischen Belastungsstörungen, was mit ihrem Ex-Mann zusammenhänge.

Zum Vorwurf der bestellten aber nicht bezahlten elf Gutscheine bei "Maingutschein" sagte die Frau, sie sei davon ausgegangen, dass der Gegenwert von ihrem Bankkonto abgebucht worden sei. Im übrigen habe sie keine elf, sondern nur vier oder fünf Gutscheine bestellt, einige auf ihren Namen und einige auf den Namen ihres Lebensgefährten, den sie damit habe überraschen wollen.

Als die Richterin darauf hinwies, dass bei der Bestellung das zum fraglichen Zeitpunkt gesperrte Konto der ältesten Tochter angegeben war, sagte die Angeklagte, sie habe keine Bankdaten der Tochter verwendet. Ihr Rechtsanwalt ergänzte, seine Klientin vermute, dass ein Fremdzugriff stattgefunden haben könne.

Ex-Mann der Angeklagten kündigte während der Verhandlung an, sie anzuzeigen

Plötzlich blickte die Frau ihren im Zuhörerbereich sitzenden Ex-Mann an, sagte, sie habe keine Angst mehr vor ihm. Sie warf ihm vor, damals, als sie zusammenlebten, im Namen ihres Sohnes Waren beim Otto-Versand bestellt zu haben. "Die lügt Ihnen ins Gesicht", sagte der Beschuldigte zur Richterin, stand auf, kündigte an, seine Ex-Frau bei der Polizei anzuzeigen und verließ den Raum.

Der aktuelle Lebensgefährte der Frau sagte, er habe von fünf Gutscheinen gewusst. Für die Bestellung bei "Maingutschein" habe er ihr seine Bankkarte für das gemeinsame Konto gegeben. Seine Lebensgefährtin habe viel mitgemacht, sei oft "ein Schussel". Wenn sie etwas falsch mache, mache sie das aber nicht mit Absicht.

Frau habe ständig Briefe von Inkassobüros bekommen

Als Zeuge wurde neben anderen auch der Noch-Ehemann der Frau (nicht der Ex-Mann) vernommen. Auf die Frage der Richterin, ob er sich im September 2021 in die digitalen Konten seiner von ihm getrennt lebenden Frau eingehackt habe, antwortete er mit einem klaren "nein". Mit Blick auf das gemeinsame Leben mit ihr, sagte er, sie habe damals ständig Briefe von Inkassobüros bekommen. Sie habe auch Waren auf andere Namen als den eigenen bestellt.

Die ebenfalls als Zeugin geladene älteste Tochter sagte aus, sie könne sich nicht erklären, wieso ihre Kontonummer für die Gutscheinbestellung angegeben war. Zwar hätte sich ihre Mutter die Daten beschaffen können, "aber das hätte sie nicht gemacht".

Verfahren gegen den Lebensgefährten eingestellt

In Absprache mit allen Beteiligten stellte Richterin Neumann das Verfahren gegen den Lebensgefährten der Frau ein, vorausgesetzt er leistet binnen eines halben Jahres 30 Stunden gemeinnützige Arbeit. Dies sagte er zu.

Bei der Frau lag die Sache etwas anders. Wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Betrugsversuchs bildete Richterin Neumann unter Einbeziehung und Auflösung zweier 2022 erteilter Strafen wegen Betrugs nun eine neue Gesamtstrafe von einem Jahr und vier Monaten Haft, ausgesetzt zur Bewährung. Während der dreijährigen Bewährungszeit soll ihr ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt werden. Außerdem muss die Frau 60 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Der durch die Gutscheineinlösung entstandene Schaden soll durch Wertersatz eingezogen werden.

Die Anklage der Staatsanwaltschaft habe sich vollumfänglich bestätigt, begründete die Richterin ihr Urteil. Die Aussagen der Frau seien nicht besonders glaubwürdig. Zu ihren Gunsten wertete sie, dass sich die Angeklagte mehrfach entschuldigt habe und sich zur Tatzeit in einer emotionalen und psychischen Ausnahmesituation befunden habe und auch jetzt noch befinde. Es werde nicht mehr vorkommen, sagte die Frau abschließend. Sie wolle nur wieder gesund werden und friedlich und glücklich leben.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Gemünden
Wolfgang Dehm
Amtsgericht Gemünden am Main
Betrugsversuch
Gutscheine und Coupons
Mütter
Otto GmbH & Co
Polizei
Richter (Beruf)
Walt Disney Company
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top