Wo Menschen ihre einzige Mahlzeit am Abend essen, um nachts keinen Hunger zu haben, kommt niemand auf die Idee, "Guten Appetit" zu wünschen. Und so gibt es den Ausdruck auch nicht auf Swahili. Schon vor dem Vortrag ging den Besuchern des Dienstagstreffs der evangelischen Kirchengemeinde ein erstes Licht auf.
Oldonyo Sambu in Tansania, Ostafrika, ist die zweite Heimat von Dekanatsmissionspfarrer Gunnar Zwing, Mittelsinn. Er lebte dort mit seiner Familie von 1991 bis 99 und war als Pfarrer im Einsatz. Die Kirchengemeinde Oldonyo Sambu ist flächenmäßig so groß wie der Dekanatsbezirk Lohr. Gottesdienste werden regelmäßig in 21 Ortsteilen von einem Pfarrer und vielen Evangelistinnen und Evangelisten gehalten.
"Wenn es 500 Gemeindeglieder in einem Sprengel gibt, dann sind auch 500 Menschen im Gottesdienst", betonte Pfarrer Zwing. Die sonntäglichen Gottesdienstbesuche seien obligatorisch und verbunden mit einer zu Beginn des Jahres fest zugesagten regelmäßigen Spende. Kulturell seien die Afrikaner darauf eingestellt, in jedem Fall einer Glaubensgemeinschaft anzugehören. Ein atheistisches Denken sei ihnen fremd.
"Die Kirchengemeinde in Tansania ist nicht nur eine Glaubens-, sondern auch eine Lebensgemeinschaft", erläuterte Pfarrer Zwing. Was hier der Sozialstaat oder eine Krankenversicherung verspricht, wird dort von der Kirchengemeinde geleistet. Die derzeitige Dürre macht das landwirtschaftlich geprägte Leben noch schwerer. Elf Monate Trockenheit und ein Monat Regen - der Kampf gegen den Hunger prägt den Alltag. Nur mit gegenseitiger Unterstützung ist das Überleben möglich. Muss nach einem Unfall jemand operativ behandelt werden, so ist es selbstverständlich, dass die Kirchengemeinde sammelt und die Familie unterstützt. "Die verlässlichste Art der Unterstützung ist die vor Ort in der Gemeinde."
Hütten, strohgedeckt, aus Kuhdung - mehr gibt es oft nicht in der ländlichen Gegend. Wasser muss in kilometerlangen Fußmärschen in Behältern auf dem Kopf geholt werden. Schulwege sind bis zu 20 Kilometer lang - der einfache Weg. Schulbildung ist die einzige Möglichkeit, dem harten ländlichen Leben zu entkommen und der nächsten Generation eine Zukunft zu bieten.
"Aber das kirchliche Leben blüht. Sie würden sich in einem Gottesdienst gut aufgehoben fühlen: Die Liturgie ist lutherisch und die Gesangbuchlieder sind einfach übersetzt", schmunzelte Pfarrer Zwing. Überhaupt Musik: jeder Sprengel hat etwa drei Chöre - die Kirchengemeinde Oldonyo Sambu kann über 60 Chöre hören lassen, deren Mitglieder in den Zeiten, in denen die Landwirtschaft sie nicht fordert, wöchentlich an fünf Tagen zwei Stunden proben. "Der lebendige Glaube dort kann uns Christen hier stärken", betonte Pfarrer Zwing.
Passend zum Thema gab es beim Dienstagstreff diesmal auch landestypische Speisen wie getrocknete Ananas, Mango, Datteln und Ingwer und Chai, die typische gewürzte heiße Milch.
Von: Carolin Esgen, für die evangelische Kirchengemeinde