
Die Verantwortliche für das „Gute-Kita-Gesetz“ und das „Starke-Familien-Gesetz“, Franziska Giffey, könnte man statt als Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auch als Gute-Laune-Ministerin bezeichnen. Mit ihrer erfrischenden direkten Art gewann die 40-jährige Berlinerin beim Neujahrsempfang der Main-Spessart-SPD am Freitagabend wohl die meisten der über 200 Gäste im Pfarrheim "Heilige Famile" in Karlstadt schnell für sich. "Die wär' auch als Bundeskanzlerin gut", meinten nicht wenige nach ihrer Rede und nachdem sie mit dem stehend applaudierenden Publikum das Frankenlied geschmettert hatte.
Im überfüllten Pfarrsaal erklärte und warb Giffey für ihre Sozialpolitik. Das Gute-Kita-Gesetz bringe beispielsweise Bayern 880 Millionen Euro für die frühkindliche Förderung - mehr Qualität in den Kitas und niedrigere Gebühren für die Eltern seien die Ziele. Das Starke-Familien-Gesetz (gegen Kinderarmut), das im Entwurf vorliegt, werde Familien mit niedrigen Einkommen und Alleinerziehenden helfen; es komme vier Millionen der insgesamt 13 Millionen Kinder in Deutschland zugute.

Die Gesetze entstammen ihrer Lebenserfahrung aus ihrer Jugend im Osten Brandenburgs und als Bürgermeisterin (2015 bis 2018) des "schwierigen" Berliner 330.000-Einwohner-Bezirks Neukölln: "80 Prozent in Deutschland geht es doch gut, 20 Prozent nicht - ich komme da her, wo es andersrum ist. Deswegen bin ich in die Politik gegangen. (...) In einem reichen Land wie Deutschland muss jedes Kind seinen Weg machen können: Die Benachteiligten fördern, aber die anderen nicht vergessen."
Vereinfachung in Sprache und Verwaltung
Solchen Sätzen konnten im Pfarrsaal auch die Nicht-SPD-Anhänger zustimmen. Der anfangs freundliche Beifall zwischen den Thesen der Rednerin kam im Verlauf des frei gehaltenen Vortrags zunehmend öfter und enthusiastischer. "Könnt Ihr noch?", rief sie ins Publikum - klar! Dass die neuen Gesetze nicht sachlich betitelt sind, sondern Reklamenamen tragen, erklärte Giffey damit, dass ihr Inhalt verständlich zusammengefasst sein solle. Nach dieser Regel richtet sie auch ihre Sprache aus: "Die Familien stärken! Starke Familien stärken Deutschland."

Vereinfachung der Bürokratie, nicht nur sprachlich, sei eines ihrer weiteren Ziele. Sowohl als Bürgermeisterin in ihrer Bezirksverwaltung als auch als Mutter habe sie den übergroßen Aufwand beim Beantragen und Berechnen erlebt. Die Vereinfachung von Kindergeld, Schulgeld und den anderen Förderungen müsse erreicht werden. "Ich will, dass alle Leistungen vom Smartphone aus beantragt werden können." Die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, wird von den Bundesländern mit Ausnahme Bayerns, Baden-Württembergs und des Saarlandes, unterstützt. Übersichtlich und verständlich über alle Förderprogramme soll eine neue Internetseite informieren: www.familienportal.de
"Frauen können alles"
Ein weiteres Augenmerk richtete die Ministerin auf die "Kümmerer" in Erziehung und Pflege, die 5,7 Millionen, zu 80 Prozent weiblichen Beschäftigten in dieser wichtigen Sparte, die "ihre Ausbildung oft selbst bezahlen müssen und dann verschuldet in einen schlecht bezahlten Beruf starten". Das müsse sich ebenso ändern (Beifall) wie der viel zu geringe Anteil (sechs Prozent) von Frauen in den Vorständen der deutschen Unternehmen (Beifall). Denn: "Frauen können alles!" (Beifall)

Als Antwort auf den Rechtsruck in Deutschland und Europa, die Verrohung in Sprache und im Umgang miteinander wünscht sich Franziska Giffey ein Gesetz zur Demokratieförderung. "Das steht nicht im Koalitionsvertrag, will ich aber." Die SPD als die traditionelle Europa-Partei und Sachwalterin der sozialen Themen, das hatten eingangs des Neujahrsempfangs der SPD-Kreisvorsitzende Sven Gottschalk, MdB Bernd Rützel und die Miltenberger SPD-Kreisvorsitzende Helga Raab-Wasse (Ersatzkandidatin für MdEP Kerstin Westphal bei der Europawahl) als Losung für ein Wiedererstarken der Partei ausgegeben. Dem schloss sich Giffey selbstbewusst an: "Mindestlohn, Brückenteilzeit, Mieterschutzgesetz - glaubt Ihr, das gäbe es ohne die SPD?"