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KARLSTADT
Grundwasserschutz rückt noch stärker in den Fokus
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mob
 |  aktualisiert: 20.07.2017 03:57 Uhr

Die Nitratbelastung vieler Grundwassereinzugsgebiete, sogenannter Grundwasserkörper, im Bundesgebiet ist alarmierend. Auch hier in der Region überschreiten die Resultate an drei von neun Messstellen, unter anderem nahe Aschfeld, Stetten und Rimpar, die vorgegebenen Richtwerte.

Intensivere Anstrengungen zum Wasserschutz

Als Konsequenz bestimmte das Bayerische Landesamt für Umwelt in Zusammenarbeit mit der Landesanstalt für Landwirtschaft vor kurzem mehrere Priorisierungsgebiete beim Gewässerschutz. Einer der Grundwasserkörper, „G055 Muschelkalk Arnstein“, umfasst rund 60 000 Hektar. Er erstreckt sich über die Landkreisgrenzen Schweinfurt, Bad-Kissingen, Main-Spessart und Würzburg hinweg.

Was meint Priorisierung? Für Eva Heilmeier, Wasserberaterin am Fachzentrum für Agrarökologie am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Karlstadt, bedeutet dies eine Intensivierung der Anstrengungen beim Wasserschutz im Bereich der beschriebenen Fläche. „Wir sind gehalten, in enger Zusammenarbeit mit den Landwirten Maßnahmen zu erörtern, wie jeder einzelne auf den eigenen Feldern zum Gewässerschutz beitragen kann“, so Heilmeier.

„Unsere Anstrengungen zielen auf eine Bewusstseinsbildung bei den Landwirten ab.“
Christian Guschker, Regierung von Unterfranken

Auf Veranstaltungen informieren die Wasserberater des AELF regelmäßig betroffene Landwirte. Auch Christian Guschker, zuständig für den Grundwasserschutz bei der Regierung von Unterfranken, bestätigt: „Unsere Anstrengungen zielen auf eine Bewusstseinsbildung bei den Landwirten ab.“

Eine der wirksamsten Maßnahmen sei der Zwischenfruchtanbau. Dabei wird nach der Ernte der Hauptfrucht eine Zwischenfrucht ausgebracht, die den nach den Düngephasen überschüssigen Stickstoff im Boden aufnimmt und damit eine Verlagerung ins Grundwasser verhindert. Diese Zwischenfrucht wird im Folgejahr in den Boden eingearbeitet und der gebundene Stickstoff steht der Hauptfrucht dann wieder zur Verfügung. Dies hat darüber hinaus den Vorteil der Durchwurzelung des Bodens, was die Wasserhaltefähigkeit erhöht und Erosion verringert.

Zwischenfrucht schont Grundwasser und verbessert Böden

Dies bestätigt auch Heiko Wiesler, Landwirt nahe Hundsbach: „Dass ich eine Zwischenfrucht ausbringe, schont nicht nur das Grundwasser, sondern verbessert auch meine Böden.“ Diese und andere Maßnahmen müssten jedoch von den Landwirten auf freiwilliger Basis und ohne gesonderte Vergütung umgesetzt werden und gehen über die europaweit verbindliche Wasserrahmenrichtlinie und Düngeverordnung hinaus. Lediglich über das Kulturlandwirtschaftsprogramm (KULAP) in Bayern, das jedoch mit enorm vielen Hürden und Bürokratie verbunden sei, ist eine begrenzte Förderung möglich.

Was Landwirt Werner Göbel, ebenfalls aus Hundsbach, bemängelt, sind die fehlenden Sicherheiten für die Landwirte. „Oftmals wissen wir im Herbst, wenn wir uns entscheiden, Gewässer- und Erosionsschutzstreifen anzulegen und damit auf Ernteerträge zu verzichten, noch nicht, ob wir im nächsten Jahr die Förderung dafür bekommen. Hier besteht Nachbesserungsbedarf!“ Eva Heilmeier: „Die anwesenden Landwirte lassen immer wieder eine hohe Bereitschaft zur Mitarbeit erkennen. Ich spüre eine Verunsicherung aber keine Ablehnung.“

Hohe Nitratbelastung kann Gesundheit beeinträchtigen

Laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ kann eine hohe Nitratbelastung des Grundwassers erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Laut Bundesumweltministerium beeinträchtigen Düngemittel nach wie vor die Gewässerqualität erheblich. Hauptproblem bleibe der übermäßige Einsatz von Stickstoffdüngern. Ministerin Barbara Hendricks erklärt: „Die intensivierte Landwirtschaft kommt uns immer wieder teuer zu stehen.“

Reinhard Wolz, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes in Main-Spessart, ergänzt jedoch: „Oftmals werden die schwierigen Standortbedingungen hier in Unterfranken in der öffentlichen Debatte unter den Teppich gekehrt.“ Er betont, dass die Nitratbelastung in der Region auch den Wetterbedingungen geschuldet sei. Der wenige Regen trüge, anders als beispielsweise in Niederbayern wo zwei- bis dreimal so hohe Niederschlagsmengen gemessen würden, dazu bei, dass das Nitrat kaum verdünnt werde.

„Oftmals werden die schwierigen Standortbedingungen hier in Unterfranken in der öffentlichen Debatte unter den Teppich gekehrt.“
Reinhard Wolz, Bauernobmann Main-Spessart

Christian Guschker ergänzt: „Auch der durchlässige Boden trägt zur Nitratbelastung bei. Außer Frage jedoch steht, dass in erster Linie die Ausbringung von Stickstoff in der Landwirtschaft, in Unterfranken besonders in Form von Mineraldünger, für die erhöhte Grundwasserbelastung verantwortlich ist.“ Wolz stellt klar: „Wir düngen nicht aus Hab- und Profitgier.“ Wenn der Landwirt auf Stickstoffdünger verzichte, mindere dies die Qualität der Ernteprodukte, was wiederum Müller und Bäcker zu spüren bekämen.

Auf Nachfrage erklärt Wolz, dass das Gros der Landwirte an einer guten Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden interessiert sei. „Wir nehmen den Gewässerschutz ernst!“ Maßnahmen wie der Zwischenfruchtanbau würden aber die Landwirte finanziell belasten, gibt Wolz zu bedenken, und hält Ausgleichszahlungen durch die örtlichen Wasserversorger für angebracht. Nur so sei der Mehraufwand ökonomisch zu stemmen.

Über die Förderung durch KULAP oder Vertragsnaturschutz hinaus sieht Christian Guschker von der Regierung von Unterfranken aber derzeit keine Mittel des Freistaats. „Lokale Kooperationen wie beim Werntalprojekt, bei dem die Stadtwerke Karlstadt Landwirte, die Maßnahmen zur Senkung der Nitratbelastung umsetzen, entschädigen und die entstehenden Kosten auf den Verbraucher umlegen, sind nicht mit dem flächendeckenden Grundwasserschutz des Freistaats Bayern vergleichbar. Hier ist das Verantwortungsbewusstsein der Landwirte gefragt.“

Priorisierungsgebiet

In der westlichen Region Mainfranken wurde als Priorisierungsgebiet der Grundwasserkörper „G055 Muschelkalk Arnstein“ festgelegt, der sich landkreisübergreifend von Rimpar bis Rannungen und von Karlburg bis Wülfershausen erstreckt. Diese neue Priorisierung betrifft in erster Linie Landwirte, die Flächen in diesem Gebiet bewirtschaften.

Laut Christian Guschker von der Regierung von Unterfranken sei dieser Gewässerschutzschwerpunkt notwendig, da 50 Prozent der Flächen in Unterfranken als „in schlechtem Zustand“ bezüglich der Grundwasserbelastung eingestuft seien. „Augenscheinlich reichen die gesetzlichen Vorgaben nicht weit genug, so dass weitere freiwillige Anstrengungen nötig sind“, so Guschker.

Die Einstufung ergibt sich aus Messungen an 84 Wasserrahmenrichtlinien- und rund 1000 Wasserversorgungsmessstellen. Europaweit sei der Grenzwert bei maximal 50mg Nitrat pro Liter Wasser angesetzt. Guschker betont jedoch, dass trotz Überschreitung dieses Werts an einigen Messstellen in Unterfranken, das abgegebene aufbereitete Trinkwasser aufgrund der verpflichtenden Qualitätsanforderungen nicht belastet sei.

Eva Heilmeier, Wasserberaterin am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Karlstadt, berät Landwirte in der Region bezüglich Gewässerschutz. Die Ackerflächen der Landwirte (von links) Anton Hartmann, Herbert Bischof, Werner Göbel und Heiko Wiesler liegen direkt in einem neuen Priorisierungsgebiet, wo der Gewässerschutz intensiviert werden soll.
Foto: Moritz Baumann | Eva Heilmeier, Wasserberaterin am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Karlstadt, berät Landwirte in der Region bezüglich Gewässerschutz.
 
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