Im September 2021 kündigte Gerresheimer an, eine neue Schmelzwanne zur nachhaltigen Glasproduktion im Lohrer Werk zu bauen. Die Anlage sollte 2023 fertig werden, aber die Investition wurde verschoben. Nun ist geplant, dass die Schmelzwanne Ende 2024 an den Start gehen soll. Deren Abwärme könnte später im Energiekonzept des neuen Klinikums Main-Spessart eine Rolle spielen.
Die weltweit tätige Gerresheimer AG hat sich hohe Ziele in puncto Nachhaltigkeit gesetzt. Unter anderem soll der Ausstoß von Kohlendioxid deutlich vermindert und nur noch Strom aus erneuerbaren Quellen eingesetzt werden.
Um diese Ziele erreichen zu können, sind neue Produktionsanlagen wie die Schmelzwanne in Lohr nötig. Im September 2022 wurde bekannt, dass es hier zu Verzögerungen kommt. Als Grund wurden aktuelle Entwicklungen auf den Weltmärkten genannt. Zu den negativen Faktoren gehörten der Krieg in der Ukraine, drohende Engpässe bei der Gasversorgung und Lieferkettenprobleme.
Vorbereitungen laufen bereits
Am Bau der neuen Schmelzwanne für Weißglas hält das Unternehmen aber fest. "Die Vorbereitungsarbeiten laufen bereits", teilt Veronika Brucks von Gerresheimer auf Anfrage unserer Redaktion mit. Der Bau beginne nach derzeitigem Stand im Herbst 2024 und werde voraussichtlich im Dezember 2024 abgeschlossen sein: "Mit der neuen Technologie können wir den Betrieb der Wanne von fossilem Erdgas deutlich mehr auf Strom umstellen, den wir aus erneuerbaren Quellen beziehen wollen."
Auf dem Gebiet mache man am Standort Lohr bereits Fortschritte. Denn man werde dort bis Ende 2023 voraussichtlich schon rund die Hälfte des Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen decken können.
Abwärme fürs neue Klinikum?
Um Nachhaltigkeit und Gerresheimer geht es auch beim neuen Klinikum Main-Spessart, für das am 11. September der offizielle Baustart auf dem Programm steht. Das Energiekonzept des Neubaus lässt Wünsche offen in Bezug auf mehr Klimaschutz. Immerhin steht seitens des Landkreises zur Diskussion, Abwärme von Gerresheimer für den Energiebedarf des Klinikums zu nutzen, was gut für die Umweltbilanz sein könnte.
Das Unternehmen äußert sich dazu verhalten. Hinsichtlich einer möglichen Abwärmenutzung der neuen Glasschmelzwanne habe man eine Potenzialstudie durchgeführt und erste Sondierungsgespräche mit dem Klinikum geführt. Unter Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit "halten wir die Abwärmenutzung für ein interessantes Konzept, das wir prüfen wollen". Das Thema stehe aber erst ganz am Anfang, "da wir für das Konzept eine ganze Reihe sehr komplexer Fragestellungen berücksichtigen müssen". Man kläre gerade das weitere Vorgehen.
Ebenfalls Zukunftsmusik ist das Technologiezentrum, das bei Gerresheimer Lohr im Gespräch ist. Für das am Standort geplante Innovation Center werde derzeit noch die konkrete Umsetzung geprüft. "Für uns haben aktuell die Planungen für die neue Glasschmelzwanne Priorität", teilt das Unternehmen mit. Dabei kommt eine Hybridtechnologie zum Einsatz, das heißt, die Wanne kann mit Gas und Strom betrieben werden, wobei die elektrische Energie aus erneuerbaren Quellen stammen soll. Man setze damit vorbildliche Standards bei Innovationen für mehr Nachhaltigkeit, so Gerresheimer im September 2021, als die Investition in Lohr angekündigt wurde. Das wegweisende Technologieprojekt, so hieß es weiter, stärke den Industrie- und Glasstandort Deutschland.
Damit der "grüne" Strom überhaupt in ausreichender Menge fließen kann, lässt die Energieversorgung Lohr-Karlstadt gerade neue Leitungen zur Glashütte im Lohrer Industriegebiet Süd bauen. Dadurch soll die Lieferkapazität zu dem Werk von 15 auf 25 Megawatt erhöht werden, teilte der Energieversorger zum Start des Vorhabens im April mit. Die neue Stromleitung soll bis Ende März 2024 fertig sein.