An drei Vortragsabenden hat Ulrich Herteux die von ihm in eineinhalb Jahren recherchierte und mit Lichtbildern ergänzte Geschichte von Hofstetten im ASV-Sportheim präsentiert. Angenehm überrascht waren der Verfasser und der Veranstalter, der Obst- und Gartenbauverein, vom großen Zuspruch mit insgesamt etwa 200 vorwiegend einheimischen Zuhörern. Die Manuskripte hat er im Büchlein "Geschichte von Hofstetten am Main" zusammengefasst.
"Zuerst hatte ich Bedenken, dass es vielleicht zu langatmig wird, aber ich habe mich bemüht, die unglaublich weit reichende und vielfältige Dorfgeschichte möglichst verständlich und kurzweilig vorzustellen und bin froh, dass mir das anscheinend gelungen ist", freut sich Herteux, der in "Höscht" aufgewachsen ist. Beruflich war er über 30 Jahre in Süddeutschland und im benachbarten Ausland tätig, bevor er vor einigen Jahren wieder zu den Wurzeln zurückkehrte und heute mit seiner Frau in seinem Elternhaus lebt.
Gründung des Klosters Schönrain im 11. Jahrhundert
Die Bandbreite der historischen Betrachtungen beginnt mit den Bodenfunden aus der Steinzeit, über die keltischen "Hof-Stätten", die Anbindung an die Verkehrswege der Römerzeit mit der Furt durch den Main, die nachgewiesenen Wüstungen des frühen Mittelalters und der Gründung des Klosters Schönrain im elften Jahrhundert, dessen Grundmauern der dreischiffigen Basilika erst vor drei Jahren geortet wurden.
Die Benediktiner des Hirsauer Priorats Schönrain prägten jahrhundertelang die Entwicklung der Schönraindörfer Hofstetten, Massenbuch und Halsbach. Weiter geht die Zeitreise mit den Grafen von Rieneck und den Würzburger Fürstbischöfen über in die napoleonische Epoche und der Zuordnung zum Königreich Bayern, mit einheitlicher Währung, Maßen und Gewichten, der Einführung von Hausnummern und neuer Rechtsprechung, bis ins 20. Jahrhundert.
Dabei hält sich Herteux nicht chronologisch an die Geschichtsabläufe, sondern legt seine Schwerpunkte bewusst auch auf die sozialgeschichtliche Entwicklung des Dorfes. Die verschiedenen Themenbereiche sind mit historischen Karten, Urkunden oder Protokollauszügen reich illustriert. In diesem Zusammenhang gilt sein Dank auch dem Gemündener Kreisheimatpfleger Bruno Schneider, Joachim Hellmann vom Stadtarchiv Gemünden und Kreisheimatpfleger Dr. Theodor Ruf aus Lohr.
Auf die Frage, was der Anstoß für diese umfangreiche Arbeit war, antwortet Herteux: "Geschichte war für mich schon in der Schule das interessanteste Fach, vor allem Heimatgeschichte. Und weil ich mit dem Eintritt in den Ruhestand neben meinen handwerklichen Hobbys etwas Sinnstiftendes machen wollte, ging ich dieses Projekt an."
Hofstetten sei eng mit Schönrain verbunden und darüber existiert schon viel, machte Herteux deutlich. "Ich wollte speziell die Entstehung und Entwicklung dieses alten fränkischen Dorfes entdecken und darstellen, vor allem auch die sozialen Aspekte." Voraussetzung war zunächst die Beschaffung von Fachliteratur, beispielsweise zum Erlernen der Kurrentschrift und ein Lexikon zu alten Maßeinheiten. Dazu der Original-Band von Jacob Grimm aus dem Jahr 1842, in dem er vier Weistümer von Hofstetten aufgezeichnet hat, mit den überlieferten Regeln, Rechten und Pflichten der Dorfbewohner.
Die bemerkenswertesten Entdeckungen waren für ihn die Weistümer ab 1384. Darunter die Beschreibung des Gerichts auf Schönrain in Bezug auf den Verhandlungstag: "Angefangen wird mit den auswärtigen Lehensnehmern und Recht gesprochen, solange er der Türe Nagel sehen mag". Oder das Weistum von 1552 mit den Regeln zum Hausbau: "Beim Martinsgericht geht die Obrigkeit im Dorf umher, um die 'wüsten Bau' zu besichtigen. Wenn ein Bruch oder Loch im Dach ist, 'dass man ein Gespann Esel möchte hineinwerfen', muss der Ortsnachbar das verbüßen."
Auch die soziale Fürsorge war interessant, wie aus den seit 1793 vorhandenen Protokollbüchern des Armenpflegschaftsrats hervorgeht. Der Rat tagte zweimal im Monat, den Vorsitz führte der Pfarrer, dazu kamen Schultheiß, Gerichtsvertreter, Beisitzer und Almosenpfleger. Er sorgte sich nicht nur um die Einhaltung der Bürgerpflichten, sondern verwaltete ein Budget, um bedürftige Personen mit dem Notwendigsten zu versorgen. Den Berechtigten wurde ein "Armutszeugnis" ausgestellt.
Über 1000 Vergleiche angestellt und sie dokumentiert
Das Aufwändigste war für ihn die Zuordnung der Familiennamen auf die Hausnummern und Höfe. Dazu habe ich über 1000 Vergleiche angestellt und sie einem Zeitstrahl folgend in einer Excel-Datei tabellarisch dokumentiert, erklärte er.
Jetzt möchte er erst mal mit der Holzbildhauerei weiter machen. Dann könnte er sich vorstellen, zu speziellen Bereichen, wie dem Armenpflegschaftsrat und den gesellschaftlichen Zusammenhängen in dieser Zeit, oder über die 120 Flurnamen in Hofstetten, einen weiteren Vortrag zu halten.
Das 144 Seiten umfassende Büchlein ist zum Preis von 15 Euro zu bestellen unter der E-Mail-Adresse: hofstetten1159@web.de, oder bei Marianne Kluger, Obst- und Gartenbauverein, Tel.: 09351 1712.