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Karlstadt
Großer Run auf die Briefwahl in Main-Spessart
Die Ausnahme wird zur Regel. Über die Hälfte der Bürger im Landkreis hat bereits Briefwahlunterlagen beantragt. Was bedeutet das für die Kommunen und die Stimmauszählung?
Briefwahl in Karlstadt.
Foto: Markus Rill | Briefwahl in Karlstadt.
Markus Rill
Markus Rill
 |  aktualisiert: 25.09.2021 03:26 Uhr

Bei der letzten Bundestagswahl 2017 betrug der Anteil der Briefwähler deutschlandweit 28,6 Prozent. Gut zehn Tage vor dem Wahltermin am 26. September 2021 hat bereits mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten in Main-Spessart Briefwahlunterlagen beantragt. Das bedeutet eine enorme Veränderung im Wahlverhalten der Bürger und verlangt den Kommunen auch einen organisatorischen Aufwand ab. 

"Wir haben in Karlstadt zwölf Urnenwahlbezirke", erklärt Bernhard Köhler, der zuständige Mitarbeiter in der Kreisstadt. "Jedes Wahllokal ist mit acht Personen besetzt: Wahlvorsteher, Schriftführer, deren jeweilige Stellvertreter sowie Beisitzer." In der Zeit von 8 bis 18 Uhr sind jeweils vier Personen eingeteilt, drei müssen jederzeit vor Ort sein. An der Auszählung sind mindestens fünf Personen beteiligt. Daran ändert sich nichts.

Pro Briefwahlbezirk werden acht bis zehn Mitarbeiter benötigt

Aber die Stadt hat für die Bundestagswahl auch sechs Briefwahlbezirke eingeteilt. "Die sollen in etwa eine gleich große Anzahl an Wahlbriefen zu bearbeiten haben, nicht mehr als 1200", so Köhler. Die Briefwahlbezirke liegen nicht geografisch beieinander, sondern sind nur nach geschätzter Stimmenzahl erstellt worden. "Pro Briefwahlbezirk benötigen wir weitere acht bis zehn Mitarbeiter."  

Der Personalaufwand war natürlich deutlich geringer, als die Briefwahl weniger beliebt war und eine Kommune dementsprechend weniger Briefwahlbezirke benötigte. Bis 1990 lag der Anteil der Briefwahlstimmen bundesweit nie über 14 Prozent, meist deutlich darunter. Erst seit 2008 muss die Stimmabgabe per Brief nicht mehr begründet werden. "Zuvor galten Urlaub, Arbeit oder Krankheit als anerkannte Gründe für die Briefwahl", sagt Köhler. In den Stichwahlen der letztjährigen Kommunalwahlen war die Briefwahl wegen der Corona-Lage sogar die einzige Möglichkeit. 

Unterlagen lassen sich einfach anfordern

Wer damals das erste Mal per Brief gewählt hat, ist womöglich auf den Geschmack gekommen. "Zudem ist es auch sehr einfach geworden, die Briefwahlunterlagen anzufordern", so Köhler. "Das geht in Karlstadt über das Bürgerserviceportal, per Email, per Brief und – am einfachsten – über den QR-Code auf der Wahlbenachrichtigung." An den Umgang mit QR-Codes haben sich die Main-Spessarter in Zeiten der Pandemie gewöhnt. 

Briefwahlunterlagen.
Foto: Markus Rill | Briefwahlunterlagen.

In Karlstadt gibt's rund 11 350 Wahlberechtigte. Beim letzten Mal lag die Wahlbeteiligung bei 85 Prozent. Köhler hat mit einem hohen Briefwahlanteil gerechnet und 7000 Briefwahlunterlagen angefordert. "Die Nachfrage hat unsere höchsten Erwartungen übertroffen. Wir mussten nochmal 1000 Briefwahlunterlagen nachordern." Am Montag, 20. September, waren bereits mehr als 7000 angefordert. 

So ähnlich sieht's überall in Main-Spessart aus. In der Verwaltungsgemeinschaft Marktheidenfeld wurden 2017 nur 3800 Stimmen per Briefwahl abgegeben; diesmal waren schon am 15. September 6500-mal die Unterlagen angefordert worden. Auch die VG hat nachgeordert. Dort werden nun nur noch etwa 2500 Wähler an den Urnen erwartet. 

In einigen Wahlbezirken werden weniger als 50 Wähler an der Urne erwartet 

Das hat Folgen: "Wenn in einem Wahllokal im Laufe des Tages weniger als 50 Stimmen abgegeben werden, dürfen sie nicht vor Ort ausgezählt werden", erklärt Köhler. "Der Gesetzgeber sieht dann das Wahlgeheimnis gefährdet." Dann muss der örtliche Wahlvorsteher den Kreiswahlleiter informieren und der verfügt dann, wo ausgezählt wird – in der Regel im nächstgelegenen Wahllokal. Das dortige Team muss aufs Eintreffen der Gruppe aus dem Nachbarort warten. Die Wahlzettel werden vermischt und gemeinsam ausgezählt.

"Schon jetzt ist absehbar, dass mindestens fünf Wahlbezirke gemeinsam mit einem anderen ausgezählt werden müssen", sagt Dorothea Fischer, Pressesprecherin des Landratsamts. "In einigen kleinen Wahlbezirken wurden so oft die Briefwahlunterlagen bestellt, dass wir nicht mit mehr als 50 Stimmabgaben vor Ort rechnen." Trotzdem müssen die Wahllokale geöffnet bleiben, schließlich darf jeder Bürger im Wahlkreis 249 Main-Spessart/Miltenberg in jedem Wahllokal des Wahlkreises seine Direktwahlstimme abgeben. Mit anderen Worten: Wenn eine Lohrerin zum Sonntagsspaziergang in den Sinngrund fährt, darf sie auch dort wählen – wenn sie einen zuvor beantragten Wahlschein und den Personalausweis dabei hat. 

Verspätungen bei der Stimmauszählung erwartet das Landratsamt dennoch nicht. "Gegen 21 Uhr am Wahlsonntag sollten wir Bescheid wissen", sagt Fischer. 

Briefwahl

Online kann die Briefwahl bis 23. September beantragt werden. Die Unterlagen werden per Post zugestellt. In den Gemeinden oder Verwaltungsgemeinschaften können Briefwahlunterlagen bis 24. September, 18 Uhr, vor Ort abgeholt werden – bei nachgewiesener plötzlicher Erkrankung auch bis 15 Uhr am Wahltag (mit schriftlicher Vollmacht des Wahlberechtigten bei Entgegennahme in Vertretung). 
In den roten Wahlbrief kommen der Wahlschein und der blaue Umschlag mitsamt Stimmzettel. Die Umschläge müssen verschlossen werden.
Quelle: mac
 
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