Wenn zum Jahresende die Karlstadter Bauunternehmung Ehrenfels schließt, dann bleiben viele große Bauwerke, die an die einstige Blüte dieser Firma erinnern.
Der Karlburger Hugo Gold (85) war fast von Anfang an bei der Bauunternehmung. Sein Cousin Adolf Ehrenfels (Jahrgang 1910) gründete die Firma 1945 kurz nach dem Krieg. Er hatte erst Zimmermann gelernt und sich dann zum Bauingenieur fortgebildet. Zunächst war das Geschäft in der Glauberstraße angesiedelt in der ehemaligen Zimmerei von Urban Kübert. Dort mietete Adolf Ehrenfels den Hof und die Zimmerei, die hinten ans Haus angebaut war. Zwei Baracken des ehemaligen Reichsarbeitsdienstes dienten als Büros. Anfangs wurden neben Hoch- und Tiefbau sowie Zimmereiarbeiten auch Fenster und Türen angefertigt – also eigentlich auch Schreinerarbeiten ausgeführt.
Schnell gewachsen
Hugo Gold stieß im Mai 1946 dazu. Er schätzt, dass die Firma zu dem Zeitpunkt schon zehn bis 15 Mann hatte. Arbeit gab es schließlich genug nach den Zerstörungen des Kriegs. Beispielsweise riss die Firma in Würzburg das Hotel Excelsior ab und baute es wieder neu auf. Doch Material und Werkzeuge waren Mangelware. Adolf Ehrenfels organisierte Werkzeug des ehemaligen Reichsarbeitsdienstes. „Der konnte gut mit anderen Leuten reden“, beschreibt ihn Gold.
Er erinnert sich, dass die Karlstadter Mainbrücke ein schwieriges Projekt war. Die Deutschen hatten die Brücke beim Näherrücken der Amerikaner selbst gesprengt. Das rechtsmainische Brückenelement über dem Fluss war zerstört. Die Firma Ehrenfels zog das Brückenelement vom festen Boden (heute Parkplatz auf Karlstadter Seite) mit einfachsten Mitteln Richtung Mühlbach.
Der Trick mit dem Wasser
Zunächst wurden auf der Karlstadter Seite zwei Stützpfeiler betoniert. Anschließend wurden zwei Kähne des Sandschöpfers Henneberger genutzt, um die Stahlträger, die von der Karlstadter Seite aus Richtung Mühlbach gezogen wurden, abzustützen. „Wir haben die Kähne zuerst mit Wasser befüllt. Nach und nach wurde dann das Wasser mit Handpumpen herausgepumpt, als die Träger Richtung Mühlbach gezogen wurden und damit stärker auf den Kähnen lasteten“, schildert Hugo Gold das Verfahren. Später wurde vom Brückentürmle bis zum ersten Pfeiler eine Behelfsbrücke mit Stahlträgern und Holzbalken gebaut.
Und noch später beim Bau der heutigen Brücke wurden die alten Pfeiler verbreitert. Gold weiß: „In den Karlstadter Brückenpfeilern steckt kein Stück Baustahl.“ Auch in Himmelstadt reparierte die Firma die Brücke. Ein Brückenpfeiler stand schräg und wurde wieder neu ausgerichtet.
1946 heiratete Adolf Ehrenfels Regina, geborene Scheblein, verwitwete Schubert. Doch schon im Jahr darauf starb er an einer heimtückischen Krankheit. Seine Witwe brachte die gemeinsame Tochter Jutta auf die Welt. 1948 kam der Bauingenieur Julius Weck aus Bühlertal bei Baden-Baden in die Firma. Ein Jahr später heiratete ihn Regina Ehrenfels. Der Betrieb hatte mit Julius Weck einen neuen Chef.
Im weiten Umkreis entstanden zahlreiche Bauten, wie etwa das Pfarrzentrum Zur Heiligen Familie in Karlstadt, die Kirchen in Karlburg, Gössenheim und Sendelbach, das Landratsamt, die Karlstadter Grundschule, die Berufsschule und in Zusammenarbeit mit Dyckerhoff die Realschule. Eine besondere Herausforderung waren die Türme im Zementwerk, die zusammen mit anderen Firmen in Gleitschalung gebaut wurden.
Gold selbst war mehr auf auswärtigen Baustellen eingesetzt, beispielsweise beim Bau von Wohnblocks in Hammelburg für Bundeswehrfamilien. Der Maurermeister wurde 1957 zum Polier ernannt. Er erinnert sich noch, dass beim Bau des Möbelhauses Büttner in der Karlstadter Altstadt der erste Baukran angeschafft wurde, ein EWK, hergestellt im Eisenwerk Kaiserslautern.
Der erste Bagger
„Der Auf- und Abbau und der Transport mit dem Tieflader, das alles war damals schwierig. Als Ballast wurde der Kran mit Kies befüllt.“ Die Baumaschinen waren noch nicht so ausgereift wie heute. Der erste Bagger sei „etwas besser als eine gute Schaufel“ gewesen, erinnert sich Gold. Die Firma Ehrenfels machte auch Tiefbauarbeiten wie Straßen und Kanalbau. 1952 schon sei in Aschfeld der erste Kanal verlegt worden, mit sogenannten Notstandsarbeitern, die das Arbeitsamt zugeteilt hatte. Einen Bagger gab es da noch nicht. Alles war Handarbeit. Auch in der Karlstadter Altstadt baute Ehrenfels den ersten Kanal. Teilweise musste über zwei Etagen mit der Hand geschaufelt werden.
1971 verkaufte Julius Weck das Unternehmen, das damals 130 Mitarbeiter hatte, an die Firma Klee (Mannheim). Das ist auch der Grund, weshalb alle Firmenfahrzeuge und -maschinen seitdem grün sind – grün wie Klee. Gleichzeitig wurde Otto Gautsch technischer Leiter und Prokurist. 1981 kam Hermann Merkl als Prokurist hinzu. Außerdem erhielt die Buchhalterin Gisela Heidrich Prokura. Sie war bereits seit 1963 im Unternehmen tätig.
Gründung von SKE
Ein Schnitt in der Firmenstrategie war 1988 die Gründung der SKE (Service Klee Ehrenfels). Man hatte sich schon mehrere Jahre zuvor der Komplettbetreuung von Gebäuden der US-Streitkräfte gewidmet, daher der Name Service. In den Verträgen der Amerikaner mit SKE war festgelegt, dass mindestens 30 Prozent in Eigenleistung zu erbringen sind, also durch die Baufirma Ehrenfels.
Vinci und PPP
Otto Gautsch trat 1998 in den Ruhestand. Sein Nachfolger als technischer Leiter und Prokurist von Ehrenfels wurde Peter Baumeister bis zu dessen Ruhestand im Jahr 2009. Sein Nachfolger als technischer Leiter wiederum ist seitdem Claus Göpfrich. Hermann Merkl war zwischenzeitlich zu SKE gewechselt und ist mittlerweile nicht mehr in Karlstadt. Auch Gisela Heidrich trat 2008 in den Ruhestand.
2000/2001 hatte der französische Baukonzern Vinci SKE und Ehrenfels übernommen, nachdem Klee sich zurückgezogen hatte. 2004 stieg die SKE in das Geschäft mit PPP (Public Private Partnership) ein. Gegen einen jährlichen Festbetrag übernimmt die SKE über Jahre hinweg die komplette Baubetreuung von öffentlichen Gebäuden, zum Beispiel Schulen. Seit 2006 ist der Franzose Bertrand Rasse Geschäftsführer von Ehrenfels.
Die SKE hat im Juli den Standort Karlstadt aufgegeben. In Goldbach bei Aschaffenburg sei man näher an den Auftraggebern, den Amerikanern, lautete die Begründung für die Verlegung.
Streik beendet
Wie der Betriebsratsvorsitzende der Baufirma Ehrenfels GmbH auf Anfrage mitteilt, ist der Streik der Mitarbeiter beendet. Dieter Ehrenfels sagt, am Dienstag sei eine Vereinbarung unterschrieben worden, die den Sozialplan für alle Mitarbeiter beinhaltet. Über den gefundenen Kompromiss sei Stillschweigen vereinbart worden. Dieter Ehrenfels sagt, im Kollegenkreis sei man zufrieden mit dem jetzigen Ergebnis.
Darüber haben die Arbeitgeber den Sozialtarifvertrag, der nur für die Gewerkschaftsmitglieder gilt (die dabei etwas besser abschneiden), unterschrieben. Er wird jetzt vom Bundesvorstand der Gewerkschaft BAU (Bau, Agrar, Umwelt) in Frankfurt geprüft. Wie berichtet, hatte die Geschäftsleitung der Bauunternehmung Ehrenfels ursprünglich eine Abfindung von 0,45 Monatslöhnen pro Beschäftigungsjahr angeboten beziehungsweise jenen gezahlt, die im Mai entlassen wurden. Die Arbeitnehmerseite aber forderte 1,5 Monatslöhne. Ende August hatte die Geschäftsleitung mündlich auf 0,8 Brutto-Monatslöhne pro Beschäftigungsjahr eingelenkt, dann aber zurückgezogen.
Am 12. August hatte es einen Warnstreik gegeben, ehe ab 21. August unbefristet gestreikt wurde. Am 2. September wurde der Streik ausgesetzt, nachdem es zu einer Vorabvereinbarung gekommen war. Wie berichtet, ist die Baufirma Ehrenfels nicht insolvent, wird aber von ihrem französischen Konzern Vinci aufgegeben. Etwa bis Jahresende sollen die bestehenden Aufträge noch erfüllt werden. Text: Hop