
Das Gräfendorfer Archivteam hat umfangreiche Archivalien digitalisiert: Sterbe-, Gedächtnis- und Gedenkbilder, Beicht-, Gebets- und Andachtszettel, Traueranzeigen und Erinnerungen an den Primiz Segen nach der Priesterweihe, Ordensprofess und Priesterjubiläum. Folgende Informationen sind einer Pressemitteilung des Initiators der Aktion, Johannes Sitter, entnommen:
Theresia Kühnlein und Heinrich Milde stellten bereitwillig ihre umfangreichen Sammlungen aus den Ortsteilen Schonderfeld und Wolfsmünster zur Verfügung. In Gräfendorf überließen zahlreiche Familien ihre Andenkenbilder den Digitalisierern. Ein außerordentlicher Schatz.
Einblicke in das Gedenken der Lebenden
Er ermöglicht einen Einblick in die Orts- und Zeitgeschichte, in deren religiöse Praxis und irdisches Gedenken, so Johannes Sitter. Die kleinen Zettel präsentieren Sitten und Gebräuche der Vergangenheit und Gegenwart. Sie enthalten Begehr um Fürbitte für das Seelenheil, beschreiben die Persönlichkeit als treu- und fürsorgend oder erzählen von einem Leidensweg. Sterbebilder sind die letzte Visitenkarte, erkannte das Team bei seiner Arbeit. Sie zeigen die Dahingeschiedenen mit liebevoll gestalteten Fotos und Trauersprüchen. Aber auch Entsetzen und Trauer über das unerwartete Ableben kommt zum Ausdruck. Über tausend Zeugnisse des Erinnerns umfasst derzeitig das Gräfendorfer Gemeindearchiv.

Die beiden ältesten Sterbebilder stammen von den Familien Schmelz und Strohmenger. 78 Jahre lebte der Urahn der Familie Schmelz, Franz Michael Försch, in Gräfendorf, am 27. Januar 1842 geboren und am 7. Juni 1923 nachts um 0.30 Uhr nach kurzem Leiden gestorben. Drei Kriege, den deutschen Bruderkrieg 1866, den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und den 1. Weltkrieg hat er erlebt. Ebenso der gleichaltrige Karl Bürger. Sein Sterbebild benennt ihn als "Oekonom und Veteran", ein Kriegsteilnehmer 1870/71. Er wurde am 2. November 1845 zu Gräfendorf geboren und ist am 7. Juni 1923 dort verstorben. Diese Andenken sind beinahe 100 Jahre erhalten worden. Gedruckt wurden sie in Hillers Buchdruckerei Hammelburg und der Fränkischen Gesellschaftsdruckerei Würzburg. Ein Juwel für jeden Archivar und Freund der Ortsgeschichte, so Sitter.
Ein Andenkenbild, herausgegeben aus Anlass des 25-jährigen Priester-Jubiläums am 31. Juli 1923 von Otto Maucher, Pfarrer in Wolfsmünster, ist den Sterbebildern ebenbürtig. Ob der Jubilar die beiden auf ihren letzten Weg begleitete? Möglich wäre es, denn Wolfsmünster ist die Urpfarrei im Saaletal.
Einblick in die Geschichte um 1945
"Du hast so oft geschrieben: Macht keine Sorgen, euch, Ihr meine Lieben. Ich kehre zurück, auf Wiedersehen, doch kann es nun nicht mehr geschehen. Fern ist dein Grab, tief unser Schmerz, nun ruhe sanft, du viel geliebtes Herz." Diese persönlichen Worte stehen auf dem Andenkenbild des Familienvaters und Feldwebel Hans Endres. Er fiel am 28. Januar 1945 im Osten. Auf dem Sterbebild ist zu lesen, er seit "in treuer Pflichterfüllung den Heldentod im Osten gestorben". Doch geht der Text zu Herzen.

Neben Beicht- und Andachtsbilder ist das Primizbildchen von Pfarrer Johannes Mrochen archiviert. Er wurde im Kaiserdom zu Bamberg 1951 zum Priester geweiht. Sein Primizamt feierte er in Gräfendorf und Wohnrod. Zusammen mit seinem Bruder Paul fand er in Gräfendorf eine neue Heimat. Vor seinem Theologiestudium war der Heimatvertriebene aus Schlesien Hilfslehrer in Wohnrod an der dortigen Volksschule. Zum Andenken an seine schlesische Heimat ziert die Patronin Schlesiens, Hl. Hedwig, das Titelbild seines Primizbildes.
Dank an alle Helfenden
Das Archivteam um Archivar Hans-Georg Herch mit Alfred Frank, Johannes Sitter und Winfried Lutz sagen allen Unterstützern ein herzliches Dankeschön. Wir wollen auch weiterhin viele Andenken- und Erinnerungsbilder sammeln, digitalisieren und auswerten. Schon heute ermöglicht das bisher Gesammelte ein umfangreiches Schauen in das Leben und Sterben im Saaletal des 19. und 20. Jahrhunderts. Deshalb kommen die wertvollen Exponate auch in luftdichte Sammelmappen, damit sie in Zukunft von der Vergangenheit erzählen können. Dankbar ist die Arbeitsgruppe für weitere Bilder, besonders aus den Ortsteilen Michelau und Weickersgrüben. Noch vor den Sommerferien wird die Arbeitsgruppe ihre Sammlungen der Öffentlichkeit vorstellen.