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KREUZWERTHEIM
Gnadenhof: Ein Herz für heimatlose Tiere
40 Tiere leben auf der Kreuzwertheimer Anlage. Davon hat jedes seine eigene Geschichte. Wer die Bewohner und den Verein kennenlernen möchte, geht am Samstag zum Tag der offenen Tür.
Lebt auf dem Kleinen Gnadenhof: Hängebauchschwein Maya.
Foto: Elena Körber | Lebt auf dem Kleinen Gnadenhof: Hängebauchschwein Maya.
Bearbeitet von Jochen Jörg
 |  aktualisiert: 27.04.2023 01:44 Uhr

Tiere sind dankbarer als jeder Mensch. Was man ihnen an Pflege und Aufmerksamkeit schenkt, bekommt man mehrfach wieder zurück“, sagt Willfried „Wille“ Bechtel. Der 57-jährige Wertheimer gibt seit 2011 zusammen mit dem Verein „Der kleine Gnadenhof e.V.“ in Kreuzwertheim Tieren ein neues Zuhause. An diesem Samstag öffnet der Hof seine Tore und lädt alle Tierfreunde zum Tag der offenen Tür ein.

Gnadenhof war nie geplant

Einen Gnadenhof zu eröffnen hatte Bechtel nie geplant. „Es hat sich so ergeben“, sagt er. Das Grundstück in Kreuzwertheim kaufte er in erster Linie, um sich mit etwas ganz Neuem zu beschäftigen, den Kopf frei zu bekommen in einer schwierigen Lebensphase. 20 Jahre ist das nun her. Damals beherbergte es lediglich ein Pony, ein Pferd und zwei Ziegen der Vorbesitzer. Da diese aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr für die Tiere sorgen konnten, übernahm Bechtel sie kurzerhand mit.

Außerdem räumte er den Hof auf, baute neue Unterstände und nahm mit der Zeit immer mehr Tiere auf. Da nach einigen Jahren das Geld knapp wurde und damit die Pflege der Tiere gefährdet war, entschloss er sich 2011, den Verein zu gründen. Hatte er nach einem Jahr 100 Mitglieder gewonnen, sind es mittlerweile nach fünf Jahren 220. Die Gründe, warum die Tiere auf den Gnadenhof kommen, sind vielschichtig: Mal rettet der Verein sie vor dem Schlachter, mal kauft er sie aus schlechter Haltung frei oder sie kommen von allergiegeplagten Besitzern.

Mehr als 40 Tiere

Mittlerweile leben auf dem Hof mehr als 40 Tiere, die dort versorgt und bis an ihr Lebensende artgerecht gehalten werden. Neben drei Pferden, einem Schwein und sieben Ziegen sind das auch Meerschweinchen, Kaninchen und Wellensittiche. Seinen ersten Rettungseinsatz hatte der Verein bei Pferd Cosmic. Wegen eines gebrochenen Beines sollte er mit anderthalb Jahren zum Schlachter. Der Verein sprang ein und übernahm den Patienten. Rund 600 Euro steckte er in die Tierarztkosten. Besonders stolz ist Bechtel auch auf die Aufnahme von drei Gänsen aus Koblenz. Eine Frau, die sich um das Schicksal der Gänse sorgte, wurde über Facebook auf den Verein aufmerksam. So kamen sie nicht zum Schlachter, sondern nach Kreuzwertheim.

Mit seinen 40 Bewohnern ist die Kapazität des Hofes zum jetzigen Zeitpunkt ausgeschöpft. „Wir möchten den Tieren eine möglichst artgerechte Unterbringung bieten. Das wäre bei noch mehr Tieren nicht mehr gewährleistet“, so Bechtel.

Begegnung von Mensch und Tier

Außerdem ist der Gnadenhof auch eine Begegnungsstätte für Menschen. Ihn besuchen regelmäßig Kindergärten, Schulen oder Seniorenheime. Aber es kommen auch Privatpersonen, so zum Beispiel Hubert und Hanne Grönert aus Wertheim. Zweimal täglich fahren die beiden in ihren Nachbarort, um den 19 Jahre alten Kater Fidus zu füttern. „Er erinnert uns an unseren eigenen Kater, den wir früher hatten“, erzählt Hanne Grönert. Besuchskinder genießen außer den vielen Tieren zum Anfassen auch zwei Schaukeln, ein Trampolin und zwei Rutschen.

Was an Arbeit auf dem Hof anfällt, wird ehrenamtlich erledigt, hauptsächlich vom Vorsitzenden. Nach seiner Arbeit bei der Firma Ersa Löttechnik ist Bechtel täglich ab 16 Uhr auf dem Hof anzutreffen. Hilfe bekommt er von den anderen Vereinsmitgliedern, aber auch von Jugendlichen, die auf dem Hof ihre Sozialstunden abarbeiten. Finanziert wird der Hof von Mitgliederbeiträgen und Spenden. Neben Geld- ist man besonders auf Futter-, Heu- und Baumaterialspenden angewiesen, auch Tierpatenschaften sind möglich.

Die nächste größere Anschaffung ist eine Überwachungskamera. Kurz nach Pfingsten sind erneut mehrere Hasen sowie ein Hahn und vier Hennen aus den Ställen geklaut worden.

Aktivitäten des Vereins

„Wir sind auch häufig auf Märkten, verkaufen Kaffee und Kuchen oder errichten Infostände über unsere Arbeit“, sagt Bechtel. Durch den Glühweinverkauf auf dem Weihnachtsmarkt konnte im vergangenen Jahr die komplette Tierarztrechnung von 2015 bezahlt werden. Außerdem veranstaltet der Verein regelmäßig eigene Feste auf dem Hof, bei denen er auf die Tierschicksale aufmerksam machen will. „In dem Hof steckt mein ganzes Herzblut“, sagt der Vorsitzende. „Ich hoffe, dass ich dort noch viele Jahre arbeiten kann.“

Tag der offenen Tür

Am Samstag, 4. Juni, findet ab 14 Uhr auf dem „Kleinen Gnadenhof“ in Kreuzwertheim ein Tag der offenen Tür statt. Dann erwartet die Gäste ein buntes Programm mit Hunderennen, Glücksrad, einem Informationsvortrag von einem Imker und Bastelangeboten für die kleineren Besucher. Verpflegt werden die Gäste mit Kaffee und Kuchen, Gegrilltem, Pommes sowie einer vegetarischen Reispfanne.
Mehr Informationen unter www.der-kleine-gnadenhof.de

Leben auf dem Kleinen Gnadenhof: Gänse.
Foto: Elena Körber | Leben auf dem Kleinen Gnadenhof: Gänse.
Lebt auf dem Kleinen Gnadenhof: ein Ziegenbock
Foto: Elena Körber | Lebt auf dem Kleinen Gnadenhof: ein Ziegenbock
Lebt auf dem Kleinen Gnadenhof: einer von vielen Hasen.
Foto: Elena Körber | Lebt auf dem Kleinen Gnadenhof: einer von vielen Hasen.
Willfried Bechtel, Vorsitzender des Vereins „Der kleine Gnadenhof e.V.“, mit Pferd Cosmic.
Foto: Elena Körber | Willfried Bechtel, Vorsitzender des Vereins „Der kleine Gnadenhof e.V.“, mit Pferd Cosmic.
 
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