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Glosse: Was muss der Einzelhandel noch alles tun?
Um die Aufmerksamkeit ihrer Kunden zu erregen fällt Einzelhändlern mitunter Tolles ein. Manche bringen Bürgermeister sogar dazu, an die Wäsche zu gehen.
Stach ins Auge: die BH-Kette in Marktheidenfeld.
Foto: Tabea Goppelt | Stach ins Auge: die BH-Kette in Marktheidenfeld.
Tabea Goppelt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 16:42 Uhr

Der Online-Handel war schon vorher Konkurrent, Corona hat noch einen drauf gemacht. Weil sich der Einzelhandel dringend etwas einfallen lassen muss, ist der Spagat von kreativ zu kurios oftmals nicht weit. So kam es, dass sich kürzlich bei einer Ladeneröffnung im beschaulichen Städtchen Marktheidenfeld der Bürgermeister an gut einem Dutzend Büstenhalter zu schaffen machte.

Dafür hätte er eigentlich die Krone des Stadtmarketingbusiness verdient. Aber die ist schon vergeben und ging, wie berichtet, neulich an seinen Gemündener Amtskollegen, als der den roten Teppich ausrollte. Nun sind Werbeaktionen ja eine gute Sache, um die Shoppingbegeisterten vom Sofa und Smartphone an die frische Luft und in die Innenstädte zu kriegen. Attention, Interest, Desire, Action – das ist die Werberegel schlechthin für alle, die ihre Produkte unter die Leute bringen wollen. Also erst einmal ordentlich Attention (Aufmerksamkeit) wecken. Für die ist auf jeden Fall gesorgt, wenn vor dem Laden gegenüber der Kirche die Büstenhalter im Wind wehen.

Eine verzweifelte Reaktion auf die Werbebannerattacken der Internetkonkurrenten? Zwar personalisiert die Online-Konkurrenz das nach Klicks und Kaufverhalten für die potentiellen Kundinnen bis hin zur korrekten Körbchengröße, aber ob die Internet-Anbieter damit so viel Interest (Interesse) und Desire (Verlangen) erreichen wie die Marktheidenfelder mit ihrem BH-Band sei bezweifelt.

Sollte sich die Aktion als Kundenmagnet herausstellen, müssen konsequenterweise gleich die nächsten Schritte folgen. Also am morgigen verkaufsoffenen Sonntag das Unterwäsche-Band vielleicht vom Biergarten am Marktplatz bis zum Biergarten auf der Martinswiese quer durch die Altstadt spannen? Und setzen wir noch eins drauf: Jede Biergartenbesucherin, die ihren BH zur Verlängerung der Kette beisteuert, erhält eine Freimaß. Wäre doch gelacht, wenn die Einkaufsstadt Marktheidenfeld dann nicht in aller Munde ist.

Apropos Munde. Vermutlich kennen Sie die Redewendung „Jemandem ein Ohr abkauen“. In Karlstadt hat das offenbar einer missverstanden. Hier hat ein Vermieter im Streit dem Mieter seines Ladenlokals ein Stück des Ohres abgebissen. Sicher ging es nicht um die Frage, ob Unterwäsche vor dem Geschäft aufgehängt werden darf. Aber egal, um was es ging – Knabbern ist am Ohr erlaubt, Zubeißen aber geht gar nicht. Unser Vorsatz fürs Wochenende: Make love, not war.

 
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