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Karlstadt
Glosse: Schiefe Alternativen gegen die Silvester-Böllerei
Wird es einen Raketenkrieg vom heimischen Balkon aus geben? Oder wird das Jahr musikalisch begonnen? Nächstes Jahr sind wir schlauer.
Stille Nacht.
Foto: Haase | Stille Nacht.
Bearbeitet von Günter Roth Bearbeitet von Karlheinz Haase
 |  aktualisiert: 09.02.2024 03:47 Uhr

Jetzt war fast das ganze Jahr 2020 durch das blöde Virus so völlig verquer, dass man es schnell vergessen und sang- und klanglos verabschieden möchte. Ob das neue Jahr aber unbedingt mit Jubel, Knallern und Feuerwerk zu empfangen ist? Wird es denn wirklich besser? Darüber nachzudenken erübrig sich jetzt. Erstmals soll es heuer keine Raketen, Böller und Pfeifgranaten geben. Ein Augsburger Gericht hat nun aber das Böllerverbot aufgehoben, solange von Privatgrundstücken aus gestartet wird. Nun kracht es heute Nacht also wohl auf Balkonen, Terrassen und Garagendächern. Gibt es keine Alternativen?

Der "Bayerische Musikrat" hatte ja schon dazu aufgerufen, an Heiligabend um 15 Uhr "ein gemeinschaftliches musikalisches Erlebnis zu schaffen" und aus den Häusern heraus "Alle Jahre wieder" und "O du fröhliche" hinauszuschmettern. Dafür verteilte der Notenwart des Musikrats im Internet sogar Notenblätter, allerdings durchweg mit drei b als Vorzeichen. Notenkundige wissen, dass das nicht die Abkürzung für Bauch, Bart, Brille ist, sondern die Tonart Es-Dur meint, also drei "Schritte" von C entfernt.

Für Otto-Normalmusiker ist das unnötig schwierig zu spielen, sogar eine Zumutung. Auf dem Klavier müssen dazu drei schwarze Tasten betätigt werden und drei weiße sind dafür verboten. Auf dem typischen "Alle-Jahre-wieder"-Instrument Blockflöte ist es schier unmöglich. Mindestens ein Jahr Vorlaufzeit zum Üben wäre zweckmäßig gewesen. "Ohne Kunst und Kultur wird's still", steht auf der Homepage des Musikrats. Zu ergänzen wäre: Vor allem mit diesen Notenblättern! Ein Karlstadter Chorleiter hat – quasi aus Rache – für den Musikrat "Stille Nacht" in Noten niedergeschrieben. Das Ergebnis: Zwölf Takte Pause, dafür aber mit zwei Kreuzen als Vorzeichen. Ist ja schließlich ein christliches Lied – und es könnte wirklich jeder mitmachen. 

"Musik statt Böller" – diese Idee hat die Stadt Karlstadt beflügelt. Anlässlich des anstehenden Beethovenjahres sollen es die Karschter am offenen Fenster mit des Meisters "Ode an die Freude" krachen lassen. Eigenartig allerdings, dass auch die inzwischen schwarz regierte Kreisstadt wie der Musikrat im Quintenzirkel einen Linksruck macht. Beethoven hat den Chor der Ode in D-Dur gesetzt, also mit zwei Kreuzen. Die Noten auf der Karschter Homepage aber haben ein b als Vorzeichen, sind also in F-Dur. Gar lustig wird's, wenn der eine Nachbar in der Gasse sich an die Noten hält und der andere die Ode von der CD abspielt. Das gibt eine heitere Promenadenmischung. Eine sicher nette Gesangs-Cuvée wird's auch, wenn Ex-Kantor Manfred Goldkuhle im Sängerkrieg gegen Georg M. Schneider antritt.

Computernerds ist das egal. Sie werden mit der Gratisversion von "Böllern mit dem Feuerwerkssimulator" virtuelle Feuerwerkskörper in 3D erstellen und sie mit dem Lieblingslied untermalen. Dagegen werden die Archaischen unter uns das fehlende Feuerwerk eher verbal am offenen Fenster ersetzen – mit lauten Rufen "Bum - bum - zisch - aaaaahh".

Mit der Sperrstunde freilich wird es heuer schwierig. Dagegen haben die Karbacher eine einfache Lösung gefunden: Ihre Kirchturmuhr steht seit einigen Tagen beharrlich auf 8.30 Uhr...  

 
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