
Herrlich, ein langes Wochenende steht vor der Tür. Am Montag geht es mit dem "Tag der Arbeit" in die Verlängerung. "Versteh ich nicht, Mama. Bei dir ist doch jeden Tag 'Tag der Arbeit'", fragt mich mein sechsjähriger Sohn. Stimmt. Erst mal echt unlogisch und irreführend dieser Titel und für einen Sechsjährigen sehr erklärungsbedürftig. Aber weil an dem Tag ja auch schulfrei ist, hat er schnell vollstes Verständnis für die Notwendigkeit dieses Feiertags.
Und dann geht's auch schon weiter mit den Traditionen: Denn schließlich wird am 1. Mai in vielen Orten der Maibaum aufgestellt. Auch erstmal unlogisch für die Kinder: In Klimawandel-Zeiten einen gesunden Baum zu fällen und auf den Marktplatz zu stellen. Allerdings kann so ein Maibaum ein paar Mal wiederverwertet werden und gut und gerne fünf Jahre halten. Und im Vergleich zu anderen Regionen sind wir da ja noch sparsam, wenn wir uns nur einen Baum pro Gemeinde gönnen. Im Rheinland zum Beispiel gilt das Stellen eines Maibaums als Liebesbeweis unter Unverheirateten. In der Nacht zum ersten Mai ziehen die Verliebten los und stellen ihrer Liebsten oder ihrem Liebsten ein geschmücktes Birkenbäumchen vors Fenster. Da braucht es schon, je nach Ortsgröße, Liebesleben und Scheidungsrate, einen ganzen Wald.
In den Wald gehen und einen Baum abhacken ist dort aber verboten. Deswegen kann man die Bäume - geschmückt oder ungeschmückt - an Verkaufsstellen von Maibaum-Plantagen kaufen. Oder sie sich sogar schon mit dem Maibaum-Taxi liefern und anbringen lassen. Oder, für Klimabewusste, einen Maibaum im Topf hinstellen.
In dieser Sache schon längst umgedacht haben die Marktheidenfelder mit ihrem Alu-Maibaum. Seit 2019 schon wird der zwölf Meter lange Aluminium-Lulatsch als Baum-Alternative auf dem Marktplatz aufgestellt. Der braucht kein Wasser, kann nicht bei Sturm umknicken oder brechen und mit wenig Personal hochgehievt werden.
Aus ist's auch mit im "Dunkeln ist gut munkeln" in Schaippach
Ein beliebter Brauch im ländlichen Raum ist ja auch der Maibaum-Klau. Dabei geht es darum, möglichst unbemerkt den Baum eines anderen Dorfes zu stehlen. Dabei darf der Stamm nicht zersägt oder beschädigt werden und muss in Gänze abtransportiert werden. Der Sinn des Ganzen ist im Prinzip der Spaß und die darauffolgenden feuchtfröhlichen Rückgabeverhandlungen.
Aber Obacht: Bereits Ende letzten Jahres waren die Holzdiebe auch im Spessart unterwegs und haben teils fünf Meter lange Buchenstämme mitgenommen. Der Maibaum-Klau könnte zu Energie-Krisen-Zeiten eine völlig neue Relevanz bekommen.
In Schaippach dürfte das unbemerkte Verschwinden eines zwölf Meter langen Maibaums in Zukunft schwierig werden - genauer gesagt außerhalb des Ortes, auf dem Weg zum Sportheim. Schließlich ist es hier demnächst ungewöhnlich hell durch eine neue Lampe. Die Lichtquelle war schon seit Jahren sehnlichst erwünscht, aber nicht gestattet worden. Man befürchtete den Präzedenzfall, also dass auch andere Bürger anderer Stadtteile mehr Licht wollen, um sich vor dem Sport noch einmal die Schnürsenkel richtig zuzubinden, nicht den Falschen zu grüßen oder den Hallenschlüssel schneller in der Untiefe der Sporttasche zu finden.
Aus ist's also mit im "Dunkeln ist gut munkeln" in Schaippach. Dafür kommen alle Sportlerinnen und Sportler nun wohlbehalten in die Halle und wieder zurück. Es sei denn, sie stolpern über einen geklauten Maibaum.