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Main-Spessart
Glosse: Die ansteckende Lust am Spazierengehen
Viele stehen gerade auf irgendwas und spazieren herum, gern abends. In Marktheidenfeld gab's dazu pflanzliches Protein (aber kein Spike-Protein). Wird Spazierengehen jetzt olympisch?
Manche Spaziergängerinnen und Spaziergänger, wie hier in Kitzingen, sind auf den Hund gekommen. Im Dunkeln ist auch Beleuchtung ganz wichtig.
Foto: Peter Pfannes | Manche Spaziergängerinnen und Spaziergänger, wie hier in Kitzingen, sind auf den Hund gekommen. Im Dunkeln ist auch Beleuchtung ganz wichtig.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 08.02.2024 17:26 Uhr

Wer steht dieser Tage nicht alles auf? Eltern stehen auf, Franken stehen auf, Hädefelder stehen auf. Ist ja gut, aber auf was stehen sie denn? Das wird selten gesagt. Manche, die jetzt auf was stehen, stehen auf ganz andere Dinge als ihr Nächster. Unter normalen Umständen wären das mitunter sogar Dinge, bei denen der eine über den anderen die Nase rümpfen würde, weil er nicht so drauf steht. Was die Draufsteher jedenfalls eint wie Familienverbände am Sonntagnachmittag ist das Spazierengehen.

Der Trend ist dieser Tage richtig ansteckend. In Hädefeld wird abends herumspaziert (wer hätte gedacht, dass es da so gut geht?), in Lohr oder Arnstein genauso. Gern zu mehreren. Auch Omi Kron ist jetzt immer mit von der Partie. Was soll sie immer allein daheim rumhocken? Oh, am liebsten würde sie noch die ganze Welt sehen. Der Drang zu Spaziergängen rührt bei vielen aber wahrscheinlich von einer geistigen Überreizung durch übermäßigen Internetkonsum und der Dauerkonfrontation mit Übelriechendem auf dem Smartphone. Da tut eine Durchlüftung des Kopfes gut, gerade abends noch mal und ohne Maske.

Pflanzliche Proteine statt Spike-Proteine

Aber zur Abendessenszeit kann auch der Magen knurren. Da ist es gut, dass es in Hädefeld neulich als fleisch- und kostenlose Wegzehrung für alle Spaziergänger Brotzeit durch einen örtlichen Gastronomiebetrieb gab, der gern auch ganz viele der Spaziergängerinnen und Spaziergänger als zahlende Kundschaft hätte. Durch gewisse Beschränkungen und die Angst vor gefährlichen Masken und Spike-Proteinen (und vielleicht auch, weil manche lieber tierische als pflanzliche Proteine zu sich nehmen) essen sonst aber viele lieber daheim. Da kann man den Burger auch gleich verschenken.

War das aber nicht im Grunde wie eine Verpflegungsstation bei Marathons oder Triathlons? Vielleicht wird in Hädefeld ja sogar die Idee zu einer neuen olympischen Sportart "Spazierengehen" geboren, massentauglicher als schnödes "Gehen" ist es allemal und was für die ganze Familie. Für den deutschen Medaillenspiegel wäre das durchaus zu begrüßen. Denn während im Spazierengehen Trainingseinheiten in Ländern wie Kasachstan, Weißrussland oder Myanmar oft jäh unterbrochen werden, hätten gut trainierte deutsche Spaziergängerinnen und Spaziergänger bei Olympia womöglich die Nase vorn. Da manche Spaziergänge aber inzwischen auch in Deutschland von Ordnungskräften gestört werden, müssen sie künftig für ungestörtes Training vielleicht als "Demonstration" deklariert werden, eine solche geht ja immer.

Manches Übel und manche fixe Ideen, so hat es der amerikanische Schriftsteller und Philosoph Henry David Thoreau vor 160 Jahren geschrieben, könne durch Spazierengehen behoben und in alle Winde zerstreut werden. Titel der Schrift: "Vom Spazierengehen". Er plädierte jedoch für das Spazierengehen in der Natur. "Straßen sind für Pferde und Geschäftsleute gemacht", schrieb er. Und Politik ließ er wie ein Bohnenfeld hinter sich, wenn er den Wald betrat. Vielleicht lohnt sich für manche Spaziergänger und Spaziergängerinnen ein Blick in Thoreaus Schrift. Aber jetzt erst mal raus an die frische Luft!

 
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  • S. S.
    Ich vermute, dass zu Weihnachten einfach sehr viele Menschen in Hädefeld Fitnessarmbänder bekommen haben und deswegen die Leute jetzt massenhaft aus ihrer Bude gehen. Die 10 000 Schritte sind im Homeoffice tagsüber auch kaum zu schaffen!
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