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Gambach
Gleicher Vorgang, doppelter Aufwand: Wo das E-Rezept noch Nachbesserungsbedarf hat
Seit der Einführung des E-Rezepts muss Georg Gehrig für seine Medikamente den doppelten Weg zurücklegen. Nachfrage bei Hausarzt Dr. Michael Jovnerovski und Apotheker Christoph Weißhaar.
Das E-Rezept sogt für allerlei Probleme. (Archivbild)
Foto: Patty Varasano | Das E-Rezept sogt für allerlei Probleme. (Archivbild)
Celine Seeger
 |  aktualisiert: 09.03.2024 02:43 Uhr

Erleichterung, Zeitersparnis und kürzere Wege – das alles hatte man sich von der Einführung des E-Rezepts versprochen. "Das E-Rezept spart Zeit und Wege", so das Bundesgesundheitsministerium. Georg Gehrig aus Gambach muss nun allerdings genau das Gegenteil erleben: zusätzliche Fahrten und Mehraufwand.

Vor dem deutschlandweiten Umstieg auf das elektronische Rezept, bestellte Gehrig vierteljährig vorab per E-Mail bei seinem zuständigen Hausarzt das von ihm benötigte Medikament. Eine Fahrt von Gambach nach Karlstadt bescherte ihm sowohl Papierrezept als auch das dazugehörige Medikament. Gelegentlich konnte das Rezept zwar erst ein paar Tage später abgeholt werden, aber dennoch galt: Erst Praxis und Rezept, dann Apotheke und Medikament – alles ganz einfach mit einer Fahrt zu erledigen. Und wenn das gewünschte Medikament einmal nicht vorhanden war, dann wurde es in den kommenden Tagen an die Haustüre geliefert.

Signatur des Arztes erst am Abend möglich

Doch seitdem das E-Rezept flächendeckend in deutschen Arztpraxen Anwendung findet, steht Gehrig vor einem Problem. Er muss zweimal den Weg nach Karlstadt antreten. Einmal um seine Versichertenkarte bei seinem Hausarzt vorzulegen, und ein weiteres Mal, um das Medikament tatsächlich in der Apotheke in Karlstadt abholen zu können. In Gambach direkt gibt es keine Apotheke. "Das bedeutet für mich doppelter Aufwand für den gleichen Vorgang", so der 74-Jährige. Woran aber liegt das?

Das E-Rezept macht Probleme. Georg Gehrig fährt aktuell zweimal nach Karlstadt, um seine Bestellung abzuholen.
Foto: Heiko Becker | Das E-Rezept macht Probleme. Georg Gehrig fährt aktuell zweimal nach Karlstadt, um seine Bestellung abzuholen.

"Folgerezepte ohne Praxisbesuch" – ein Versprechen des E-Rezepts, welches allerdings nur für Rezepte im gleichen Abrechnungsquartal gilt. Benötigt man aber, wie Gehrig und andere chronisch kranke Patientinnen und Patienten, ausschließlich alle drei Monate eine neue Verordnung, so muss die Versichertenkarte bei jedem Rezept aufs Neue eingelesen werden. Erst ab diesem Zeitpunkt kann das Rezept in der Arztpraxis dann auch wirklich erstellt werden, wobei es noch die Signatur der Ärztin oder des Arztes benötigt. Derartige Bestellungen werden aber erst am Abend signiert: "Das hängt mit der Praxisorganisation zusammen. Die Bestellungen werden gesammelt und dann – genau wie früher – muss das Rezept kontrolliert werden und kann danach erst signiert werden", so der Hausarzt Dr. Jovnerovski.

Für Patientinnen und Patienten wie Gehrig bedeutet das: Heimfahren und morgen wieder kommen. Was in der Stadt kein großes Problem darstellt, wird auf dem Land schnell zu zusätzlichem Aufwand – widersprüchlich zu den genannten Versprechungen. Das Rezept erhält Gehrig am nächsten Tag zwar auf seine Gesundheitskarte, eine Apotheke in Gambach gibt es allerdings nicht. Gehrig selbst ärgert sich zwar über diesen Mehraufwand, begrüßt jedoch trotz allem die Einführung des E-Rezepts: "Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass früher alles besser war. Ich bin Neuerungen gegenüber stets aufgeschlossen". Und dennoch ist es ein Problem, das durchaus weitere chronisch kranke Personen betrifft und insbesondere auf dem Land zu einer Verschlechterung der Situation führt.

E-Rezept App kann helfen

Eine mögliche Lösung wäre einer Lieferung durch die Apotheke. Fragt man Apotheker Christoph Weißhaar, ob eine Lieferung ohne Besuch in der Apotheke möglich wäre, muss er kurz schmunzeln. Zwei Möglichkeiten stehen aber zur Auswahl. Entweder kann das Rezept per E-Rezept-App (mit NFT-fähigem Mobiltelefon) in der Apotheke bestellt werden oder die Arztpraxis selbst kann einen E-Token an die entsprechende Apotheke weitergeben. Im Falle der ersten Option, sollte man allerdings noch einmal telefonisch in der Apotheke nachfragen, da die App noch keine Textdaten verschicken kann. "Es funktioniert nach wie vor, man muss nur miteinander reden", betont Weißhaar nachdrücklich.

Fragt man Arzt und Apotheker, dann gelingt der neue Alltag mit E-Rezept bis auf einzelne technische Störungen problemfrei. "Wenn alles gut läuft, ist das E-Rezept prinzipiell eine Arbeitserleichterung", so Weißhaar. Aber auch der Hausarzt Dr. Jovnerovski sieht, trotz relativ reibungslosem Ablauf, keine Zeitersparnis in der Einführung des digitalen Rezepts. Vor allem Georg Gehrig hofft auf eine schnelle Lösung und Nachbesserung, damit auch für ihn und andere chronisch kranke Personen die geplante Erleichterung nicht zur zusätzlichen Belastung führt.

 
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  • Kurt Bach
    Bei meinem Hausarzt ist das Rezept nach ca. 1 Std. signiert und kann dann in der Apotheke mit Gesundheitskarte abgeholt werden.
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  • Dietmar Eberth
    Das Problem ist nicht das E-Rezept sondern das der Hausarzt an jedem Quartalsanfang die Versichertenkarte einscannen möchte/muss. Warum nicht Bürokratieabbau und auf das einscannen jedem Quartal verzichten. Bei Privat Versicherten wird der Unsinn nicht gemacht.

    Als Tipp, das Rezept immer ein paar Tage vor Quartalsende bestellen, dann wird es signiert und Apotheke kann bei Bedarf gleich bestellen. Dann kann am Quartalsanfang weiter alles mit einer Fahrt (inkl. Vorlage Versichertenkarte) erledigt werden.
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  • Elmar Ruppert
    Leider ist ihr Vorschlag zu kurz gedacht. Nehmen wir an, ich war Anfang Januar beim Hausarzt und hab mein Kärtchen abgegeben. Dann klappt das mit der Bestellung Ende März (1. Quartal) ohne Kärtchen. Für die nächste Bestellung Ende Juni (2. Quartal) wird die Karte aber ja wieder benötigt und ich war im besten Falle im zweiten Quartal garnicht beim Arzt. Somit steht man wieder vor dem gleichen Problem.
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