Der seit Monaten in Regie der Telekom laufende Glasfaserausbau in Lohr steht vorerst still. Grund ist die sich über Wochen erstreckende Kritik an der Arbeitsqualität der von der Telekom beauftragten Firma Circet. Vorerst bis Ende September sollen auf öffentlichem Grund keine neuen Gräben mehr gezogen und keine neuen Leitungen verlegt werden.
Stattdessen wird derzeit durch Kontrollgrabungen die Qualität der Verlegearbeit überprüft. Dort, wo sich Verstöße gegen technische Vorgaben zeigen, müsse Circet nachbessern, so das Rathaus. In Ruppertshütten, Halsbach und Rodenbach wurden in den vergangenen Tagen an dutzenden Stellen bereits verfüllte Gräben wieder geöffnet. Viele weitere solcher Kontrollschachtungen sollen folgen – überall dort, wo Circet und seine Subunternehmer seit April im Stadtgebiet gewirkt haben.
Über den Stand der Dinge gaben der städtische Bauamtsleiter Ingo Schmitt, der derzeit amtierende Zweite Bürgermeister Dirk Rieb und der eigens zu diesem Zweck seinen Urlaub unterbrechende Bürgermeister Mario Paul im Gespräch mit der Redaktion Auskunft.
Teils Mängel, teils "sehr gut"
Demnach hat sich bei den bisherigen Kontrollen ein uneinheitliches Bild ergeben. So fanden sich nach Aussage von Schmitt in Ruppertshütten "keine nennenswerten Mängel". In Halsbach hingegen habe man an einigen Stellen entdeckt, dass Mindestabstände zu anderen Leitungen nicht eingehalten und Kabelquerungen nicht sachgemäß gewesen seien.
Insgesamt, so Rieb, sei in Halsbach an vielen Stellen "wirklich sehr gut" gearbeitet worden. Auch der Unterbau unter Geh- und Fahrwegen habe hier den Vorgaben entsprochen. In Rodenbach, wo es allein in der Ortsdurchfahrt derzeit rund ein Dutzend Löcher zur Kontrolle der Verlegequalität gibt, laufe die Beurteilung noch, so Rieb.
Klar sei jedoch schon jetzt, dass hier auf größerer Strecke bereits verfüllte Gräben wieder geöffnet werden müssen. Als Grund nennt Rieb, dass die zuvor unter dem Pflaster vorhandene Betonschicht nach dem Verlegen der Glasfaserleitungen nicht erneuert worden sei. Die von Ort zu Ort offenbar unterschiedliche Bauqualität erklärt sich Rieb damit, dass unterschiedliche Bautrupps und Subunternehmer im Einsatz waren. Von manchen dieser Subunternehmer habe sich Circet mittlerweile getrennt. Für andere habe es Schulungen gegeben.
Wie Rieb erklärt, sollen nun zunächst die Kontroll- und Nacharbeiten in Ruppertshütten, Rodenbach und Halsbach komplett erledigt werden. Ziel sei es, dass in diesen eher kleineren Stadtteilen das Glasfasernetz möglichst zeitnah in Betrieb gehe. Danach werde man sich Pflochsbach und Wombach widmen, wo es die massivste Kritik an der Arbeitsqualität gegeben hatte.
Wie es doch zum Baustopp kam
Dass diese Kritik nun doch zu einem Baustopp führte, kann verwundern. Noch vor wenigen Wochen hatte Bürgermeister Paul gesagt, dass die Stadt einen solchen Baustopp nicht verhängen könne, da Schadenersatzforderungen drohten. Stattdessen hatte Paul per "Brandbrief" an Circet und Telekom einen qualitätsvollen Glasfaserausbau in Lohr gefordert.
Als Paul dann in Urlaub ging, übernahm sein Stellvertreter Rieb die Amtsgeschäfte. Die Kritik an der Qualität der Glasfaserarbeiten ebbte nicht ab. Rieb berief ein neuerliches Krisentreffen ein. Und plötzlich ging es ganz schnell mit dem Baustopp. Den verhängte allerdings nicht die Stadt. Stattdessen, so die Schilderung Riebs, seien Telekom und Circet nach einem gemeinsamen Ortstermin von sich aus zu der Einsicht gelangt, "dass es besser ist, wenn man mal langsam macht".
Zwischentöne lassen freilich erkennen, dass Circet und Telekom nicht ganz aus freien Stücken auf diese Idee gekommen sein dürften. Er habe, so sagt Rieb, den Vertretern der Firmen deutlich gemacht, dass die Stadt nicht weiter dulden werde, "dass unser Eigentum kaputtgemacht wird".
Dank an die Bürger
Bürgermeister Paul zeigte sich nun enttäuscht vom Agieren von Telekom und Circet. Vertreter beider Firmen hätten nach Aufkommen der Kritik Besserung versprochen. Doch es sei im gleichen Stil wie zuvor weitergearbeitet worden.
Dass man als Stadt "bis zur letzten Eskalationsstufe" gehen müsse, um ein Einlenken zu bewirken, habe bei ihm eine "gehörige Portion an Verärgerung" erzeugt, so Paul. Ein solches Agieren sei er von Telekom und Baufirmen nicht gewohnt.
Ausdrücklich dankte Paul dem Wombacher Walter Siegler und allen Bürgern, die mit anhaltendem Hinweisen auf Missstände das Thema überhaupt erst ins Rollen gebracht hatten. Die Stadt werde die weiteren Arbeiten "sowas von genau im Blick behalten", kündigte Paul an. Er gehe jedoch davon aus, so Paul, dass nun bei Telekom und Circet "auch der Letzte begriffen hat", welche Arbeitsqualität man sich ab sofort erwarte. Die Kosten für die derzeit laufenden Kontrollarbeiten trage die Baufirma Circet.
Telekom: Das ist bedauerlich
Die Telekom räumte gegenüber der Redaktion ein, dass es beim Glasfaserausbau in Lohr "zum Teil zu Mängeln in der Bauausführung durch die Firma Circet gekommen" sei. "Das ist bedauerlich", so Telekomsprecher Markus Jodl. Dort, wo Mängel festgestellt würden, müssten diese beseitigt werden. Darin seien sich alle Beteiligten einig.
Ob und in welchem Maße sich der Glasfaserausbau nun verzögere, könne noch nicht gesagt werden, so Jodl. Dies sei aber auch nicht entscheidend. "Wichtig ist, dass ein qualitativ hochwertiges Netz gebaut wird, weil Glasfaser für den Wohn- und Arbeitsort Lohr wichtig ist". Jodl schließlich: "Falls es für die Bürger durch die Nacharbeiten zu Mehrbelastungen kommt, bitten wir dafür um Entschuldigung." Die Firma Circet kündigte eine Stellungnahme zum Stand der Dinge an.