Als ein Spannungsfeld, das nicht immer konfliktfrei sein kann, bezeichnete stellvertretender Landrat Harald Schneider am Mittwoch in einer Veranstaltung in der Aula der Nägelsee-Schule die Kommunikation in Krisenfällen zwischen der Polizei, anderen Behörden und den Hilfsorganisationen einerseits und den Medienvertretern andererseits. Dieses Spannungsfeld ist ein Stück komplizierter geworden, seit neben Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen auch „Social Media“ wie Facebook, What's App und Twitter getreten sind.
Die Aula war gut besetzt, überwiegend mit Beamten der Bundes- und Landespolizei, der Staatsanwaltschaft sowie Angehörigen der Feuerwehr, des Technischen Hilfswerks, des Roten Kreuzes und anderer Hilfsorganisationen, auch aus den Nachbarlandkreisen. Es moderierte der Chefredakteur des Main-Echo in Aschaffenburg, Martin Schwarzkopf.
Selbsternannte „Reporter“
Die Interessen zwischen den Einsatzkräften und Rettungsdiensten auf der einen und den Medien auf der anderen Seite seien oft gegenläufig, sagte Schneider weiter. Dazu kämen neuerdings noch zahllose selbst ernannte „Reporter“, die Informationen in Echtzeit unter die Leute bringen. Dabei sei Schnelligkeit oft das Zauberwort und nicht der Wahrheitsgehalt der Information.
„Sind Polizei, Journalisten und wir als Konsumenten der Information nicht oftmals die Getriebenen der Sozialen Medien?“, fragte Schneider. Das werde vor allem dann deutlich, wenn erste Meldungen über einen Terroranschlag oder eine Katastrophe über die Offline-Ticker laufen.
Mit allen anderen Rednern war er sich einig, dass die Richtigkeit einer Information Vorrang haben müsse vor der Schnelligkeit. Durch Neugier der Bürger in einem bisher nicht gekannten Ausmaß werde neben den Rettungsmaßnahmen oft auch die Ermittlungsarbeit der Polizei erschwert oder behindert, im schlimmsten Fall zunichte gemacht.
Richtigkeit vor Schnelligkeit
Das Main-Echo stellte mit einem Info-Slot die Arbeit seines „Blaulicht-Teams“ vor. Manuel Rösch, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken stellte die Arbeit des „Social-Media“-Teams des Präsidiums vor. Aber auch er forderte Richtigkeit vor Schnelligkeit. Andernfalls führe ein Informationsvakuum zu Gerüchten und Spekulationen. Klarheit und Richtigkeit seien auch bei Mitteilungen erforderlich, die von den Hilfsorganisationen an die Medien erfolgten. Dazu wurde aus Kreisen der Feuerwehr und des Roten Kreuzes mehr und bessere Absprache zwischen Polizei und Hilfsorganisationen gefordert.
BRK-Kreisgeschäftsführer Thomas Schlott schlug vor, einen „Runden Tisch“ zu veranstalten, in dem man entsprechende Strategien entwickeln könnte. Diese Anregung wurde von der Polizei positiv aufgenommen.
Wie die Polizei vorgeht
Marcus da Gloria Martins, Pressesprecher der Münchner Polizei, hatte am 22. Juli vergangenen Jahres viel Lob für die Art und Weise bekommen, wie er Medien und Öffentlichkeit über den Amoklauf im Olympia-Einkaufszentrum informierte, bei dem neun Menschen starben. Er erläuterte praxisorientiert, wie die Polizei bei aktuellen Schadensereignissen vorgeht und welche Probleme sich dabei unter den besonderen Bedingungen einer Großstadt ergeben.
Obwohl sich diese Bedingungen mit denen im Kreis Main-Spessart kaum vergleichen lassen, lassen sich viele Erfahrungen, die man dort gewonnen hat, entsprechend abgewandelt auch hier nutzen, zumal die technische Entwicklung noch nicht am Ende ist. Martins bedauerte vor allem, dass es noch an einer einheitlichen Ausbildung für den Umgang mit „Social Media“ in Behörden fehlt. Dazu müsste eine Reihe von Voraussetzungen geschaffen werden.