Wer Thekla Wiegand, geborene Dornbusch, dieser Tage besucht hat, kann es fast nicht glauben, dass sie 85 Jahre alt wurde. Geistig und körperlich fit und gesund, empfing sie ihre Gratulanten. Wiegand nahm eine Menge Glückwünsche mit Bescheidenheit und einem gütigen Lächeln entgegen.
Dass sie Tag für Tag noch selbst am Herd steht, ihren Haushalt noch selbst versorgt, ist noch nicht alles, was man von ihr an ihrem Geburtstag erfährt. Sie setzt mit 85 noch selbst hinters Steuer ihres Autos mit dem Kennzeichen MSP–TW 60. Freilich verhält sie sich so vorsichtig wie nur möglich im Straßenverkehr, von weiten Reisen nimmt sie Abstand. So etwas müsse sie sich „in meinem Alter“ nicht mehr antun, gesteht sie ohne Wenn und Aber.
Als die heute im Elternhaus ihres 2007 verstorbenen Mannes in der Maintalstraße wohnende Seniorin die Volksschule des Winzerdorfes besucht hatte, eignete sie sich in der Berufsschule Marktheidenfeld zusätzliche Kenntnisse in der Hauswirtschaft an. Die Wirren zum Kriegsende brachten es mit sich, dass die Schule immer wieder in die Kantine des Lengfurter Zementwerks ausgelagert wurde.
Als der Krieg vorbei war, musste Thekla Wiegand schon als junge Frau ans Geldverdienen denken. Ihre ersten Groschen bekam sie für ihre Tätigkeit in einem großen Bürohaus in Bremen. Dort bekochte sie Tag für Tag bis zu 40 Personen und bat auch noch jeden Gast auf Heller und Pfennig zur Kasse – eine Arbeit, die ihr allerdings viel Spaß machte.
Ihren Mann Alfred hatte sie schon vor ihrem beruflichen Abstecher in den Norden kennen gelernt. Passierte ist es in der „Krone“, wo Homericher Pärchen in den Nachkriegsjahren immer wieder mal den Grundstein fürs gemeinsame Leben legten.
1953 führte Alfred Wiegand seine Thekla vor den Traualtar. Dem Ehepaar wurden fünf Söhne geschenkt, darunter waren zweimal Zwillingssöhne. Auch fünf Enkel gratulierten ihrer Oma Thekla. Kindererziehung, die Mitarbeit in der Versicherungsagentur ihres Mannes, der zu den Überlebenden der Gustloff-Katastrophe gehört hatte, der Haushalt und die Arbeit im großen Blumengarten unterhalb des Gebsattelschlosses brachten es mit sich, dass der Tag bei den Wiegands oft erst gegen Mitternacht zu Ende ging.
Als der Chronist von der Jubilarin an ihrem 80. Wiegenfest ihre Zukunftswünsche hören wollte, antwortete sie spontan: „Gesund bleiben und halt so weitermachen.“ Fünf Jahre später hörte sich das nicht anders an.