Von einem generellen Handyverbot hält Roland Baumann, medienpädagogisch-informationstechnischer Berater für die Gymnasien in Unterfranken, nichts. Stattdessen seien Aufklärung und Nutzungsvereinbarungen nötig. „Möchtest du, dass dieses Bild in der Zeitung, im Anschlagkasten öffentlich aushängt oder dass es bei der Oma so auf der Kommode steht?“, seien wichtige Grundfragen, die sich junge Leute stellen sollten. Außerdem müssen sie wissen, dass es im analogen Leben knallharte juristische Regeln gebe und manche virtuellen Handlungen durchaus auch strafbewehrt sein können.
Dies sagte Baumann passgenau zu den derzeit im Landkreis heiß diskutierten Fragen zum Umgang mit Smartphones in der Schule im Rahmen des Bezirks-Elterntags Bayerischer Realschulen in Arnstein, wo er einen fachlichen Vortrag über die Medienrealität in Familie und Schule hielt. Der war für Eltern wie auch Lehrkräfte von hohem Interesse.
Baumann ist ein Freund offener Worte
Baumann kennt sich als Lehrer, Vater und Fachmann für elektronische Medien bestens aus. Und Baumann ist vor allem ein Freund offener und direkter Worte. Er spricht von der „Naivität als nachwachsendem Rohstoff“, wenn er den Fokus auf den Umgang junger Leute mit dieser Technologie setzt, macht aber Eltern und Lehrkräften klar, dass ein generelles Verbot – ein „kalter Entzug“ – in unserer digital geprägten Welt kaum umsetzbar ist. Er rät stattdessen, den Weg zwischen den zwei Extremen, also die „aktive Mitte“ zu wählen.
Das Smartphone als multifunktionales Werkzeug, das längst nicht mehr hauptsächlich zum Telefonieren dient, werde im Fall von Mobbing oftmals zur Waffe. Während das früher an der Haustüre endete, werde jetzt „rund um die Uhr gefeuert“, so Baumann. Schlimm sei hier auch der sorglose Umgang mit sich selbst, Stichwort „Sexting“: Allzu leichtfertig gäben junge Leute intime Fotos von sich selbst preis, gleichsam als „Bewerbungsschreiben“ an den heimlichen Schwarm. Diese landeten dann oftmals im Netz und ließen sich kaum noch löschen.
Rein rechtlich gehören Geräte den Eltern
Weil rein rechtlich die Geräte und Verbindungsverträge in der Regel im Besitz der Eltern seien und diese letztendlich dann auch die juristischen Folgen mittragen müssten, hält der Referent ernste Gespräche für unabdinglich. Die Kinder von Medien auf Dauer fernzuhalten sei heute kaum möglich, betonte Baumann: „Die Außenwelt kommt!“
Statt eines generellen Verbots rät er zu klaren Vereinbarungen wie ein Zeitmanagement für die Nutzung, die „Herrschaft der Eltern über den W-Lan-Router“ kann hier hilfreich sein. Auch müsse die Gewaltproblematik kritisch hinterfragt werden. Technische Sperren könnten helfen, im Internet problematische Seiten auszugrenzen, es gibt sogar Schutzsoftware für Smartphones.
Eltern sollten auf dem neuesten Stand sein
Generell aber müssten die Erwachsenen möglichst auf dem neuesten Stand sein und immer „Chef des Verfahrens“ bleiben. Sie sollten schon vorher im Thema sein, bevor die Altersgenossen des Kindes das Kommando übernehmen. Das bedeutet Fortbildung für alle.
Im Mittelpunkt stehen jedoch der gesunde Menschenverstand und das Grundvertrauen. Es gelte die Kinder zu ertüchtigen: „Ich weiß, was mir gut tut und was mir schadet!“ Und dann ist da natürlich auch das Vorbild. Wie lange sitzen die Eltern am Computer, lassen alle am Esstisch ihre Geräte aus?
Zum Abschluss stellte Baumann noch das konkrete Projekt des Medienführerscheins für Schüler vor.