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Gespräche als Trost für die Seele
GEMÜNDEN Wenn Helene Lampert und Elfriede Joa über ihre überstandenen Krebserkrankungen sprechen, fällt immer wieder ein Satz: "Wer das nicht selber mitgemacht hat, mit dem kann man nicht darüber reden." Doch reden, da sind sich die Leiterinnen der Krebs-Selbsthilfegruppe ebenfalls einig, ist für Patienten ...
Von unserem Redaktionsmitglied CHRISTIAN EBINGER
 |  aktualisiert: 03.12.2006 22:29 Uhr
Im Jahr 1986, als die "Selbsthilfegruppe Gemünden der Bayerischen Krebsgesellschaft" von Marianne Jodl und neun weiteren Frauen gegründet wurde, gab es über Krebs kaum Informationen. "Als ich damals aus der Klinik entlassen wurde, wusste ich gar nichts", erinnert sich Helene Lampert. Ob Behindertenausweis oder die Prothese für die abgenommene Brust - "niemand hat darüber gesprochen."

Dies wollten die Leidensgenossinnen nicht akzeptieren und haben sich erst privat, dann in einer Gaststätte getroffen. Dort ist auch die Idee zur Gründung der Selbsthilfegruppe entstanden. Auslöser war allerdings ein trauriger: "Wir saßen zu fünft oder sechst zusammen und haben über unsere Probleme gesprochen", erzählt Elfriede Joa. Am Nebentisch sei ein Mann gesessen, der sich hinter einer Zeitung "versteckt" habe. Irgendwann sei er aufgestanden und habe gesagt: "Na, was besprecht Ihr denn da für Frauenprobleme?"

Joa und Lampert fährt heute noch der Schreck in die Glieder, wenn sie daran zurückdenken. "Wir waren in ein Loch gefallen und haben einander trösten wollen - und dann so etwas!" Doch diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Heute treffen sich die Mitglieder der Selbsthilfegruppe, die alle über 50 Jahre alt sind, immer am zweiten Mittwoch im Monat im Saal des Gemündener Kolpinghauses. Im Unterschied zu damals nehmen auch ein paar Männer an den Treffen teil. 45 Mitglieder hat die Selbsthilfegruppe, davon kommen 20 bis 25 regelmäßig.

Bei Kaffee und Kuchen wird über alles geredet - nicht nur über die Krankheit. Helene Lampert begrüßt die Gruppe, spricht ein Wort zum Tag, fragt, wie es den Leuten geht und leitet dann eventuell zu ausgesuchten Beiträgen über, beispielsweise von Ärzten oder Sanitäts-Fachpersonal. Auch dem gegenseitigen Austausch wird viel Platz eingeräumt. "Bei uns sind schon viele neue Freundschaften entstanden", sagen Lampert und Joa.

Niemand, der sich für die Gruppe interessiert, wird ins kalte Wasser geworfen. Zunächst steht ein Einzelgespräch bei Helene Lampert oder Elfriede Joa zu Hause an. Erst dann treffen die Leute die Entscheidung, ob sie zur Selbsthilfegruppe kommen wollen. Die 70-jährige Lampert und die 76-jährige Joa - beide aus Wernfeld - machen auch Hausbesuche. "Wenn jemand einen Tiefpunkt hat und gar nicht mehr weiter weiß, gehen wir hin."

Die beiden wissen aus eigener Erfahrung, wie dringend nötig das Sprechen über die Krankheit ist. "Nicht nur die Nachricht von der Krebserkrankung ist schlimm", sagt Joa. "Es kommt auch noch die Chemotherapie dazu." Als sie vor fünf Jahren nochmals an Krebs erkrankte, sollte sie eine neuartige Chemotherapie erhalten. "Ich war im Krankenhaus, habe auf die Chemo gewartet, als der Arzt hereinkam und gesagt hat, dass meine Blutwerte nicht stimmen." Joa musste wieder nach Hause fahren. "Ich war so enttäuscht und habe geweint."

Und das macht die Selbsthilfegruppe für ihre Mitglieder so wichtig: Dass man auch über Unangenehmes reden kann - und beim Gegenüber Verständnis findet. Denn in der Gesellschaft sei Krebs immer noch ein Tabuthema, haben die Nachbarinnen festgestellt. Nach wie vor gingen viele Ehen auseinander, wenn der Frau eine Brust amputiert werden müsse. Oder, um es wie Elfriede Joa zu sagen: "Bei einer Brustprothese, da musst du den Mann dazu haben."

Das 20-jährige Bestehen der Krebs-
Selbsthilfegruppe wird am Mitt-
woch, 20.  September, 14 Uhr, im
Saal des Kolpinghauses mit einer
Feierstunde begangen.

 
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