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Lohr
Ein Gesicht des Lokaljournalismus und der Heimatforschung: Karl Anderlohr wurde 80 Jahre alt
Karl Anderlohr bei einer Versprechensfeier der Lohrer Jungpfadfinder auf dem Schönrain um 1964/1965.
Foto: Archiv Karl Anderlohr | Karl Anderlohr bei einer Versprechensfeier der Lohrer Jungpfadfinder auf dem Schönrain um 1964/1965.
Bearbeitet von Thomas Josef Möhler
 |  aktualisiert: 07.01.2023 02:52 Uhr

Seit über 17 Jahren im Ruhestand, die meisten Posten abgegeben – und immer noch keine Zeit: Karl Anderlohr teilt das "Schicksal" vieler Rentner. Vor allem für ältere Lohrer war und ist der frühere Redakteur das Gesicht des Lokaljournalismus und der Heimatforschung. Am Silvestertag feierte Anderlohr seinen 80. Geburtstag.

Als waschechter Lohrer Mopper aus der Vorstadtstraße kam er als ältestes Kind des Wagnermeisters Michael Anderlohr und dessen Frau Rosa, geb. Back, mitten im Zweiten Weltkrieg zur Welt. Das Gymnasium brach er nach dem frühen Tod des Vaters 1958 ab, um Geld zu verdienen und seine Mutter zu unterstützen. In Aschaffenburg absolvierte er beim Pattloch-Verlag eine Lehre zum Verlagskaufmann, die er 1962 mit dem Kaufmannsgehilfenbrief abschloss.

Nach dem Grundwehrdienst begann er 1964 als kaufmännischer Angestellter bei Druckerei und Verlag Carl Keller in Lohr, womit der Grundstein zur journalistischen Laufbahn gelegt war. Zunächst übernahm er gelegentlich redaktionelle Aufgaben bei der Lohrer Zeitung, 1969 wurde er freier Mitarbeiter bei der Lohrer Zeitung und der Main-Post.

Knochenjob am Kellers-Rempel

Von Anfang 1970 bis 1972 volontierte er bei der Main-Post, wurde anschließend zunächst Redakteur in Lohr, danach auch in den anderen drei großen Städten des neuen Main-Spessart-Kreises. Ab 1. April 1976 war Anderlohr Alleinredakteur der Lohrer Zeitung am Lohrer Kellers-Rempel – ein Knochenjob mit zahlreichen Terminen, Schreiben und Zeitungsumbruch.

Nach der Übernahme der Lohrer Zeitung durch die Main-Post arbeitete er von September 1993 bis zum Ruhestand Ende März 2005 wieder als Redakteur bei der Main-Post. Der Journalismus habe sich technisch und inhaltlich gewandelt, meint er. "In den 1960er- und 1970er-Jahren war Zeitungsmachen ein Abenteuer." Beispielsweise, wenn die letzten Nachrichten mit Eilboten und Busfahrern nach Würzburg transportiert wurden.

Früher habe es auch mehr Terminberichterstattung gegeben. Oft sei das nicht sonderlich spannend gewesen, "aber hinterher hast du von den Leuten einiges erfahren". Neben der Arbeit fand der Junggeselle noch Zeit für zahlreiche weitere Aufgaben und Interessensgebiete, deren Aufzählung den Rahmen sprengen würde. Heute hat er nach eigenen Worten "keine gravierenden" Posten mehr.

Ehrenzeichen der Diözese Würzburg

Anderlohr war jeweils 20 Jahre lang zweiter und dann erster Vorsitzender des Lohrer Geschichts- und Museumsvereins. Der dankbare Verein ernannte ihn, weil es in seiner Satzung den Ehrenvorsitz nicht gibt, zum "Ehrenmitglied im Sinne eines Ehrenvorsitzenden". Heute sei er die "örtliche Anlaufstelle" des neuen Vorsitzenden Wolfgang Vorwerk, der in Bremen wohnt, meint Anderlohr im Gespräch mit dieser Redaktion.

Der frühere Lokalredakteur Karl Anderlohr wurde 80 Jahre alt. 
Foto: Thomas Josef Möhler | Der frühere Lokalredakteur Karl Anderlohr wurde 80 Jahre alt. 

Im Pfarrgemeinderat St. Michael saß er mit Unterbrechungen seit dessen Gründung. Heute sei er "nur noch" Lektor und Kommunionhelfer, also "Fußvolk". Die Diözese Würzburg verlieh ihm ihr Ehrenzeichen. Der glaubensfeste Anderlohr engagierte sich auch in der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG), was er in der Rückschau als eines der wichtigsten Dinge betrachtet, "die ich für andere Leute gemacht habe".

In der DPSG-Jugendarbeit habe er sich um Zwölf- und 13-Jährige gekümmert, die heute gestandene Familienväter oder sogar schon Großväter seien. "Die Jugendarbeit war also nicht umsonst, das bekomme ich auch gesagt." Nur einer seiner Schützlinge sei "daneben gegangen", lässt Anderlohr durchblicken, ohne einen Namen zu nennen.

Stilblüten und Anekdoten

Keinen Namen nennen will er auch bei seiner Lieblingsstilblüte, die von einem früheren Vorsitzenden der Gebietsverkehrswacht stammt. Dieser habe bei einer Ehrung für unfallfreies Fahren erklärt: "Wenn jemand 30 Jahre unfallfrei hinter seinem Fahrzeug sitzt, so wird dieser mit einer Ehrung geahndet, denn man kann es den Verkehrsteilnehmern nicht nachdrücklich genug machen, dass die Verkehrssicherheit ein Dauerdelikt ist."

Diese und andere Stilblüten und Anekdoten aus seiner Berufstätigkeit möchte Anderlohr eigentlich als Buch unter dem Titel "Am Rande notiert" herausbringen. Das hat er bereits zu seinem 75. Geburtstag angekündigt. "Aber ich komme einfach nicht dazu." Von einem gedruckten Buch hat er sich in Gedanken schon verabschiedet, vielleicht wird es ein Werk in digitaler Form für Freunde und Bekannte.

Interesse am alten Ägypten

Ebenfalls ein Werk im Entstehen ist sein Vorhaben, die alten Zeitungen und ausgeschnittenen Artikel, die er massenweise aufgehoben hat, zu ordnen und Sachverhalte mit dem Computer zu erfassen, um sie bei Bedarf leichter finden zu können. "Um an Material zu kommen", ist er Mitglied diverser Geschichtsvereine.

Anderlohr arbeitet ferner für das neue Jahrbuch des Geschichts- und Museumsvereins an einer größeren Veröffentlichung über Bruno Rothschild. Der Lohrer jüdischen Glaubens konvertierte zum Katholizismus, wurde Priester und starb 1932 in jungen Jahren. "Ich sitze manchmal den ganzen Tag am Computer." Dann müssen auch die Stapel ungelesener Bücher warten. Neben der Heimatgeschichte interessiert sich der Jubilar für das alte Ägypten und die Ostkirchen. Über beide Themen hat er sich ein umfangreiches Wissen angeeignet.

Spessartverein-Comeback

Damit nicht genug: Im kommenden Jahr will Anderlohr wieder mit dem Wandern im Spessartverein anfangen. Damit hat er im Ruhestand nach einer längeren passiven Mitgliedschaft im Verein begonnen und wurde durch die Corona-Pandemie ausgebremst. Deswegen sei er aus dem Training heraus, mehr als fünf Kilometer werde er anfangs wohl nicht schaffen, befürchtet er.

Für einen 80-Jährigen ist das eine bemerkenswerte Aussage. Anderlohr hat sich nach zwei schweren Unfällen in seinem Leben wieder aufgerappelt. Beim Urlaub in Ägypten wehte ihn eine Böe von der Gangway, auf dem Weg zur Christmette fuhr ihn ein Auto an. "Die Wehwehchen nehmen zu", sagt er, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass die Wartezimmer der Ärzte wahre Zeitfresser seien.

Für seinen Geburtstag hatte er keine Pläne gemacht, er wollte sich überraschen lassen. Anderlohr ist sich aber sicher, dass er sich "mit 80 wahrscheinlich nicht anders als mit 79 fühlen" wird.

 
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