zurück
ARNSTEIN
Geothermie könnte bis zu 20 Prozent des Strombedarfs decken
ali
 |  aktualisiert: 22.04.2013 15:59 Uhr

„Die Energiewende gelingt nicht ohne Geothermie“, war die Kernaussage von Dr. Rolf Bracke bei einer Informationsveranstaltung der Arnsteiner BürgerEnergieGenossenschaft in Arnstein.

Professor Bracke, Vorstandsvorsitzender des Internationalen Geothermiezentrums, einer Verbundforschungseinrichtung deutscher und internationaler Universitäten mit Sitz in Bochum, informierte die rund 40 Zuhörer über die vielfältigen technischen Möglichkeiten der Geothermienutzung.

Er zeichnete ein Bild des Weltenergiebedarfs bis zum Jahr 2050. So wird der Verbrauch in den asiatischen Staaten, in China und Schwellenländern wie Indien im Vergleich zu heute noch drastisch zunehmen, der Verbrauch in Europa und den USA aber leicht zurückgehen. Trotzdem wird der Energieverbrauch in der Summe noch ansteigen.

Neben den bekannten Möglichkeiten der Nutzung regenerativer Energien wie Sonne und Windkraft ist die Geothermie als einzige Energiequelle dauerhaft und gleichbleibend verfügbar. Oberflächengeothermie wird heute schon vielfach durch den Einsatz von Wärmepumpen genutzt. Hierbei werden die Sonden, durch die wie bei einer Fußbodenheizung das Wasser fließt, horizontal im Erdboden vergraben oder in sogenannten Körben ausgebracht. Ebenfalls genutzt wird die Geothermie mit Erdsonden in tieferen Bohrungen bis etwa 100 Meter Tiefe. Das Bohrloch wird mit einer Sonde versehen, durch die kaltes Wasser eingeleitet und erwärmt wieder nach oben gepumpt wird.

Diese Technologie kann aber auf Grund der recht niedrigen Vorlauftemperatur nur in modernen, sehr gut gedämmten Gebäuden eingesetzt werden, wie auch für die Gebäudekühlung. Im Sommer pumpt man das über Flächen an Decken und in Böden eingesammelte warme Wasser aus Klimaanlagen in die Tiefe. Bis zum Winter erwärmt sich das Wasser dort durch die natürliche Erdwärme. Dann pumpt man es als Heizungsunterstützung wieder an die Oberfläche und speist es in den Heizkreislauf ein. So kann man die Erdkruste sogar als Wärmespeicher nutzen.

Viel interessanter sind da schon Tiefbohrungen bis in mehrere tausend Meter Tiefe. So wurde bei der Kontinentalen Tiefbohrung in der Oberpfalz eine Tiefe von rund 8000 Metern erreicht. Dort herrschen Temperaturen von rund 230 Grad. Bracke: „Man kann von einem Temperaturanstieg um etwa 30 bis 35 Grad pro 1000 Meter Bohrtiefe ausgehen.“ Für Deutschland gibt es Temperaturkarten, denn die Temperaturunterschiede entstehen durch die verschiedenen Gesteinsarten des Untergrunds. So ist zum Beispiel der Bereich des Oberrheintalgrabens oder auch der Bereich südlich der Schwäbischen Alb für die Geothermie interessant.

Die in der Tiefengeothermie im Bereich von 3000 bis 5000 Metern entstehenden Temperaturen von rund 170 bis 200 Grad Celsius können auch zur Stromerzeugung genutzt werden. Hierbei wird das eingeleitete Wasser, nachdem es wieder an der Erdoberfläche ankommt, mit einer Kraft-Wärme-Kopplung zu Strom. Diese Kraftwerke sind aber nur dann wirtschaftlich, wenn die Abwärme zusätzlich als Fernwärme in die Haushalte eingespeist wird.

Im Bereich Arnstein beginnt nach den Muschelkalk-, Buntsandstein- und Keuperschichten ab etwa 500 Metern Tiefe das kristalline Grundgebirge, das für eine Geothermienutzung erst noch stimuliert, also aufgebrochen werden müsste, um die Wärme nutzbar zu machen.

Dass mit der Stimulierung der Gesteinsschichten auch gewisse Risiken verbunden sein können, ließ Rolf Bracke nicht außer Acht. Er berichtete von einem Schadensereignis durch Bodenhebung in der badischen Stadt Staufen im Breisgau, bei dem über 200 Häuser schwer beschädigt wurden und ein Schaden von über 40 Millionen Euro entstand. Bracke: „Das sind alles Fehler bei der Planung, die mit Probebohrungen hätten vermieden werden können.“ Auch kleinere Erdbeben, wie eines in Basel mit einer Stärke von 3,4, ließen sich durch eine vernünftige Planung vermeiden.

Sein Fazit: Etwa 50 Prozent des Wärmebedarfs und zehn bis 20 Prozent des Strombedarfs könnten durch den konsequenten Ausbau der Geothermie in Deutschland gedeckt werden. Allerdings sind die Kosten für diese Technologie ohne eine Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz noch sehr hoch. Da kann ein Projekt schnell 40 Millionen Euro kosten, wovon allein rund 60 bis 70 Prozent der Kosten bei der Bohrung entstehen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Energiewende
Geothermie
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top