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Gemünden
Gemündens origineller Open-Air-Stammtisch
Genuss der blauen Stunde: die Brückenhocker in Gemünden.
Foto: Michael Fillies | Genuss der blauen Stunde: die Brückenhocker in Gemünden.
Michael Fillies
Michael Fillies
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:51 Uhr

Würzburg hat den Brückenschoppen und Gemünden das Brückenhocken. Zwar lässt sich das eine – kommerziell und mit Riesenandrang – nicht mit dem anderen – ein Mittelding zwischen Open-Air-Stammtisch und Nachbarschaftsplausch – vergleichen, eine Verbindung gibt es aber doch. Der anhaltendende Streit in der Domstadt um den Ausschank auf der Alten Mainbrücke, das damit verbundene Gedränge und den Ärger mit Radfahrern hatte drei Spaßvögeln in Gemünden die Idee eingegeben, dass eine derart schöne Art des Weingenusses in der Dreiflüssestadt viel leichter zu etablieren wäre: ohne Kommerz und ohne Streit, aber mit gleich viel guter Laune.

Idee in Starkbierlaune

Die Alte Saalebrücke zwischen Kleingemünden und Innenstadt war seither 16-mal Schauplatz teils denkwürdiger Brückenhocker-Treffen, beginnend am 21. April 2017. Nur drei Wochen zuvor war die Idee aufgekommen: Beim Salvator-Starkbieranstich am 1. April im „Koppen“ saßen Paul Bode aus Gemünden, Klaus Strohmenger aus Seifriedsburg und Walter Volpert aus Massenbuch und andere in froher Runde beisammen und wälzten „nach dem dritten, vierten Starkbier“ den Würzburger Brückenschoppen-Streit. Man könnte sich ja mal abends auf der Alten Saalebrücke treffen, war der Schluss.

Gesagt, getan. Schon beim zweiten und dritten Mal vergrößerte sich der Kreis. Jeder brachte Freunde und Bekannte mit, die ihrerseits beim nächsten Treffen Leute mitbrachten. Heute sind es in der Regel zwischen 40 und 50 Brückenhocker aller Altersstufen. Wichtig war und ist: Es handelt sich um lose Treffen, es gibt keinen Veranstalter, kein Programm und – besonders wichtig – keinen kommerziellen Hintergrund. Jeder bringt seine Getränke und Speisen selbst mit, der heimischen Gastronomie soll keine Konkurrenz erwachsen.

Drei Moderatoren

Was die drei Brückenhocker-Väter allenfalls übernehmen, ist eine gewisse Moderation der Treffen, denn jemand muss ansagen, ob und wann der Stammtisch zusammenkommt. Das ist von April bis Oktober einmal im Monat freitags der Fall. „Es sollte über 16, 17 Grad haben“, sagt Walter Volpert, und „ist Schlechtwetter gemeldet, wird abgesagt“. Die Kommunikation erfolgt per Smartphone über Facebook und WhatsApp; im Schaufenster der Markt-Apotheke hängt ein Brückenhocker-Jahreskalender, und seit einiger Zeit werden einige Tage vor den Treffen Transparente an die Brückengeländer gehängt.

Was die Treffen auszeichne, formuliert Walter Volpert so: „Man kann hier immer neue Leute treffen oder aber Leute, die man das ganze Jahr über immer nur einmal im Vorbeigehen sieht und hier (auf der Brücke) spricht man sich nach 20, 30 Jahren das erste Mal an. Auf Festen setzt man sich mit seinen Bekannten an einen Tisch, hier kann man von Runde zu Runde gehen. Das ist das Besondere an dieser Idee.“ Längst nicht alle der mittlerweile schätzungsweise 200 Brückenhocker kommen regelmäßig zu den Terminen zusammen. Dabei erweitert sich der Kreis ständig, es sind Auswärtige aus Gräfendorf, Karsbach, Rieneck, Ruppertshütten und Zellingen darunter; im September zum Beispiel waren die „Lääwerweiber“ aus Rieneck per Fahrradtour dazugekommen.

Pflege der Weinkultur

Außer um gute Gespräche, so der Ursprungsgedanke, geht es um Weinkultur, wobei auch andere Getränke gelitten sind. Keineswegs handle es bei den Treffen um Besäufnisse, sagt Walter Volpert, es habe noch keine unangenehmen Auswüchse gegeben. Auch werde die Brücke jedes Mal wieder in ordentlichem Zustand hinterlassen, jeder nimmt seinen Müll mit. Die Brückenhocker-Treffen sind um einiges verträglicher als die Würzburger Brückenschoppen. Die Alte Saalebrücke verläuft neben der Straßenbrücke und ist den Fußgängern und Radfahrern vorbehalten und außerdem breit genug für einen Umtrunk in kameradschaftlicher Runde.

. . . aber sie ist natürlich in der kalten Jahreszeit zum Schöppeln zu ungemütlich. Damit die Brückenhocker über diese Monate den Kontakt nicht verlieren, sind Ersatztreffen angeboten. Wer will, nimmt am Samstag, 20. Oktober, an einer Wanderung auf dem Wartmannsrother Brennerweg und am Freitag, 2. November, am Wirtshaussingen im Gemündener Huttenschloss teil – ohne einen verantwortlichen Veranstalter und ohne jede Verpflichtung, so wie es dem Grundgedanken der Brückenhocker entspricht.

Bis zu 50 Leute kommen an den Brückenhocker-Freitagen auf der Alten Saalebrücke in Gemünden zusammen.
Foto: Walter Volpert | Bis zu 50 Leute kommen an den Brückenhocker-Freitagen auf der Alten Saalebrücke in Gemünden zusammen.
Transparente machen auf bevorstehende Brückenhocker-Tage aufmerksam.
Foto: Michael Fillies | Transparente machen auf bevorstehende Brückenhocker-Tage aufmerksam.
Stilvoll schöppeln ist angesagt bei den Brückenhockern.
Foto: Michael Fillies | Stilvoll schöppeln ist angesagt bei den Brückenhockern.
Bei guten Getränken und Gesprächen die Arbeitswoche gemütlich ausklingen lassen, das geht an einem Brückenhocker-Freitag.
Foto: Michael Fillies | Bei guten Getränken und Gesprächen die Arbeitswoche gemütlich ausklingen lassen, das geht an einem Brückenhocker-Freitag.
 
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