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Retzbach
Gemeinderat lehnt Aufforstung ab
Für diesen Bereich neben der Bundesstraße 27 zwischen Retzbach und Himmelstadt und weitere Grundstücke, die teils auf der anderen Seite der Straße liegen, beantragte Helmut Benkert als Geschäftsführer der Firma Baustoff und Betonwerke Benkert aus Thüngersheim eine Aufforstungsgenehmigung. 
Foto: Jürgen Kamm | Für diesen Bereich neben der Bundesstraße 27 zwischen Retzbach und Himmelstadt und weitere Grundstücke, die teils auf der anderen Seite der Straße liegen, beantragte Helmut Benkert als Geschäftsführer der Firma ...
Jürgen Kamm
 |  aktualisiert: 02.04.2019 13:18 Uhr

Helmut Benkert als Geschäftsführer der Firma Benkert möchte östlich und westlich der Bundesstraße 27 bei Retzbach insgesamt 12,5 Hektar Laubwald aufforsten. Dabei handelt es sich um vier Grundstücke mit sandigem Boden, die überwiegend als Acker genutzt werden.  Die Firma Benkert betreibt unter anderem den Steinbruch in Thüngersheim, bei dessen Erweiterung es zu massiven Protesten von Umweltschützern kam

Mit knapper Mehrheit von zehn zu acht Stimmen beschloss der Zellinger Gemeinderat eine ablehnende Stellungnahme dazu. Einige Gemeinderäte und auch das Amt für Landwirtschaft und Forsten in Karlstadt vermuten, dass diese Aufforstung als Ausgleichsfläche für den gerodeten Wald zur Erweiterung des Steinbruchs der Firma im Nachbarort Thüngersheim dienen soll.

Das zuständige Landratsamt in Würzburg teilt auf Nachfrage dieser Redaktion mit, dass die bisherigen Aufforstungsflächen für die Rodungen in Thüngersheim (bislang 5,7 Hektar) in den Gemarkungen Greußenheim, Roßbrunn und Hettstadt liegen. 

Abgelehnt wegen Bodenschätzen

Begründet wird die Ablehnung mit ungeklärten übergeordneten Problematiken. Die Zellinger Verwaltung stellte heraus, dass die vorgesehenen Grundstücke im Regionalplan selbst als "Vorbehaltsflächen für Bodenschätze Sand und Kies" ausgewiesen sind, also als mögliche Sandgrube oder möglichen Steinbruch. Oberflächennahe Bodenschätze sollten laut Regionalplan möglichst vollständig ausgebeutet (größtmögliche Abbautiefe) werden. Eine Biotopentwicklung müsse so lange zurückgestellt werden, bis der Planungsverband die Vorbehaltsflächen aus dem Regionalplan entfernt.

Bezweifelt wird von der Zellinger Verwaltung zudem, dass sich auf dem sandigen Boden ein Laubwald entwickeln kann, der einen Eins-zu-Eins-Ausgleich für den bei Thüngersheim gerodeten artenreichen Laubwald darstellt. Dieser habe inmitten von FFH-Wald und Main-Muschelkalk-Trockenrasen gelegen. Bürgermeister Wieland Gsell wurde deutlich, er sprach von einem "Schrottwald" mit fünf Meter hohen "Stengeln".

Wertschätzung von Ackerflächen

Neben diesen Argumenten ging es in der Diskussion auch um die Wertschätzung von Acker und Wald. In Retzbach gebe es ohnehin nur wenige Ackerflächen, und die Gemeinde müsse froh um jedes Stück sein, argumentierte Wolfgang Rupp. Stefan Wohlfart hielt dagegen, es seien minderwertige Flächen. Ihm sei Wald lieber als tiefstmöglicher Abbau "bis zur Hölle". Auch gebe es wertvolleren Wald als den gerodeten Nordhang mit Kiefern bei Thüngersheim. Wie aufzuforsten sei, lege die Naturschutzbehörde fest.

Dazu gab es im Gremium aber auch Zweifel. Günther Krönert berichtete zwar, er habe für eine private Aufforstung die Bepflanzung genau vorgeschrieben bekommen, das könne aber auch Bedingung für die Förderung gewesen sein. Er hielt die Abwägung zwischen Aufforsten oder Ackerbau für sehr schwierig. "Ein aufgeforsteter Bereich ist wesentlich mehr wert", sagte dagegen Philipp Kromczynski. Er freue sich schon, durch einen kleinen Retzbacher Wald fahren zu können.

Sinnvoll für die Region

Es gehe nicht um Details, sondern darum, ob sich der Gemeinderat da einen Wald vorstellen kann, fügte Stefan Wohlfart noch hinzu, und "ich werde bestimmt nicht dagegen stimmen." Der Regionalplan gebe Sinnvolles für die Region vor, stellte sich Wolfgang Rupp auf den Standpunkt der Gemeinde. Schon fast gerätselt wurde, ob auf diesen Grundstücken überhaupt schon einmal Sand und Kies abgebaut wurde. Wieland Gsell erklärte schließlich, dort sei noch gar nichts ausgebeutet worden.

Andrea Heßdörfer wollte wissen, ob die Stellungnahme Zellingens oder der Regionalplan mehr Gewicht haben. Die Frage von Jürgen Keller, ob der Gemeinderat mit seiner Stellungnahme die Aufforstung verhindern kann, ging in die gleiche Richtung. Darauf antwortete der Bürgermeister, es sei ein Beitrag. Allerdings seien die Festlegungen aus dem Regionalplan bisher nicht berücksichtigt worden.

 
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  • N. W.
    Grünes Doppeldenk mal wieder.

    Im Wahlkampf für Neubauten.
    In Thüngersheim gegen den dann notwendigen Abbau von Baumaterial.

    Im Wahlkampf gegen die sog. intensive Landwirtschaft.
    Jetzt in Retzbach pro Ackerland gegen Wiederbewaldung.

    Ist den grünen Wählern bewusst was sie da angekreuzt haben?
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  • S. C.
    Na das ist ja drollig: die beiden Ober-Grünen Gsell und Rupp sind GEGEN eine Schaffung von Waldflächen und halten das Ackerland für sooo wertvoll........
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  • G. R.
    Herrlich! Ein Grüner Bürgermeister lehnt eine Aufforstung intensiv genutzten Ackerlandes ab. Was sagt Arcus dazu?
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