
In eine Zeitmaschine hat sich die restlos ausverkaufte Lohrer Stadthalle am vergangenen Freitag verwandelt. Mit epischen Klangteppichen, einer aufwendigen Licht- und Lasershow, dem Bühnenbild und Musikern, die ihr Metier aus dem Effeff beherrschen, hat die Band Kings of Floyd circa 750 Zuhörerinnen und Zuhörer in die 1970er-Jahre versetzt. Nach zwei coronabedingten Absagen konnte die Pink-Floyd-Tributeband bei ihrer Eclipse-Tour endlich Station in Lohr machen.
Die englische Rockband Pink Floyd, benannt nach den Vornamen zweier US-amerikanischer Bluesmusiker, begründete mit ihrer Musik und ihrer visuellen Gestaltung von Bühnenauftritten und Plattencovern einen neuen Stil. Ursprünglich vom Psychedelic Rock kommend, nahm sie Einflüsse aus Progressive Rock, Blues, Jazz und klassischer Musik auf.
Die Gründungsmitglieder 1965 waren Syd Barrett (Gesang, Gitarre), Roger Waters (Gesang, Bass), Richard Wright (Gesang, Keyboard) und Nick Mason (Schlagzeug). Als Barretts drogenbedingte Ausfälle sich häuften, wurde sein Schulfreund David Gilmour (Gesang, Gitarre) Anfang 1968 als fünftes Mitglied in die Band geholt. Im März 1968 schied Barrett aus.
Erfolgreiche Konzeptalben
Nach diversen Umbesetzungen löste sich Pink Floyd 2015 endgültig auf. Die Band hat über 300 Millionen Tonträger verkauft und ist damit eine der erfolgreichsten Gruppen überhaupt. Das Konzeptalbum "The Dark Side of the Moon" (1973) steht bei den meistverkauften Alben auf Platz drei, das Konzeptalbum "The Wall" (1979) ist das meistverkaufte Doppelalbum.
Die Kings of Floyd mit dem gebürtigen Briten Mark Gillespie als Sänger, Gitarrist Maurus Fischer, Bassist Hans Maahn, Schlagzeuger Berni Bovens, Keyboarder Jürgen Magdziak, Saxofonist Bernd Winterschladen und Backgroundsängerin Ulla Ihn haben sich also keine leichte Aufgabe gestellt. Mit Songs vor allem von Pink-Floyd-Alben aus den 1970er-Jahren kommen sie der Illusion eines Konzerts mit dem Original aber schon recht nahe.
Bereits der erste Song bringt viele der Besucherinnen und Besucher, die überwiegend schon im gesetzteren Alter sind, zum Träumen. "Shine On You Crazy Diamond" ist eine Hommage an Syd Barrett und bezieht sich auf einen Besuch Barretts 1975 im Aufnahmestudio. Die Band erkannte ihr früheres Mitglied erst nicht, weil die Drogen den genialen Musiker so stark verändert hatten.
Im Text heißt es dazu: "Erinnerst du dich, als du jung warst? Du leuchtetest wie die Sonne. Jetzt ist da ein Blick in deinen Augen wie schwarze Löcher im Himmel." Auch der Song "Wish You Were Here", den die Kings of Floyd als eine von drei Zugaben spielen, ist Syd Barrett gewidmet. Dazwischen liegen rund zweieinhalb Stunden mit einer opulenten, konzertanten Aufführung der bekanntesten Songs aus der erfolgreichsten Pink-Floyd-Ära wie "The Dogs of War", "One of these Days", "Time" und "Comfortably Numb".
Mark Gillespie tourte ab den 1980er-Jahren als Straßenmusiker in Europa und blieb Mitte der 1990er-Jahre in Gießen "hängen". Seine Erfahrungen als Straßenmusiker haben ihm sicher auch den Zugang zum Publikum in Lohr erleichtert. Ihm gibt er einen gesungenen Bericht über seine Erfahrungen in der Stadt, wobei er sich selbst an der Gitarre begleitet.
Die Leute müssten sich keine Sorgen machen, "ich bin jetzt Deutscher wegen des Brexits". Stadthallenleiter Thomas Funck hatte den Saal voll bestuhlen lassen. Mit ihren Sitzplätzen seien die Leute sicher glücklich, spöttelt Gillespie. Die Band sei am Vorabend spät angekommen und "gleich in diese Blueskneipe gegenüber" (gemeint ist die Blues Corner an der Bahnhofstraße).
4000 Pizzen auf der Speisekarte
Dort gebe es 4000 Pizzen auf der Speisekarte (was etwas übertrieben ist). Man habe ihm eine Pizza empfohlen, "auf der waren 14 Sorten Fleisch drauf". Diese habe er selbst mit fünf Pils als Unterstützung nicht ganz essen können. Der trockene britische Humor Gillespies blitzt während des gesamten Konzerts immer wieder auf.
Diese Fähigkeit, sich trotz allen Bemühens um Authentizität der Musik nicht tierisch ernst zu nehmen, dürfte einen Teil des Erfolgs der Kings of Floyd ausmachen. Bei "Another Brick in the Wall" wird das Publikum aufgefordert, den Refrain mitzusingen. Keyboarder Jürgen Magdziak bekommt während des Solos in "Breathe" mit dem Handtuch Luft zugefächelt und Gillespie erklärt bei der Vorstellung seines Bassisten Hans Maahn, dieser komme aus Wuppertal, "dem hässlichsten Teil Deutschlands, wo einmal ein Elefant aus der Schwebebahn gefallen ist".
Das Publikum ist hoch zufrieden und spendet nach den Zugaben stehend Applaus. Den Kings of Floyd scheint ihr erster Auftritt in Lohr auch gefallen zu haben. Mark Gillespie verweist auf die räumliche Nähe von Stadthalle, Hotel und Kneipe als Vorteil und verspricht: "Lohr, wir kommen wieder."