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GEMÜNDEN
Geldstrafe für gefährliche Körperverletzung
Justitia (Symbolbild)       -  Justitia (Symbolfoto).
Foto: Peter Steffen (dpa) | Justitia (Symbolfoto).
Jürgen Kamm
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:33 Uhr

Dass er sich mit Schlägen und Tritten in den Streit eines Pärchens einmischte, kommt einen 50-jährigen Mann aus dem Raum Marktheidenfeld teuer zu stehen: Strafrichterin Kristina Dürr verurteilte den Betriebsschlosser wegen gefährlicher Körperverletzung zu eine Geldstrafe von 2800 Euro zu 70 Tagessätzen.

Eine junge Frau wimmernd und schimpfend am Boden und ein im Ort als „schlimmer Finger“ und als gewalttätig bekannter kräftiger junger Mann bedrohlich davor. Diese Streitsituation sahen der Angeklagte und sein jüngerer Bruder, als sie im August 2017 mit dem letzten Festwochen-Express-Bus von der Laurenzimesse in Marktheidenfeld kamen. Am ersten Verhandlungstag schilderten sie, dass sie von einer Notlage der 18-jährigen Frau ausgingen.

Er habe ausgeteilt, aber auch eingesteckt, hatte sich der Angeklagte am ersten Verhandlungstag ausgelassen. Weil dazu auch ein Tritt ins Gesicht gehört haben soll, hatte das Gericht einen Strafbefehl über 90 Tagessätze erlassen, dem der Betriebsschlosser widersprochen hatte. Auf dem Laurenziwoche hatte er einiges an Alkohol getrunken, Promillezahlen dazu gibt es aber nicht.

Der geschädigte junge Mann hatte zwar Strafantrag gestellt, war aber auch am zweiten Verhandlungstag nicht erschienen, obwohl ihm die Ladung als Zeuge nachweislich persönlich übergeben wurde. Auch die angeordnete sofortige polizeiliche Vorführung scheiterte. Seine damalige Freundin hat sich wegen Gewaltübergriffen nach einem Jahr nicht nur von ihm getrennt, sondern auch eine einstweilige Verfügung (Näherungs- und Kontaktaufnahmeverbot) nach dem Gewaltschutzgesetz gegen ihn erwirkt.

Nachdem der Geschädigte nicht da war, wollte Richterin Dürr das Verfahren nochmals unterbrechen und einen dritten Termin ansetzen. Das gefiel dem Angeklagten nicht, er wollte nicht noch einen Tag Urlaub nehmen. Sein Anwalt versuchte zu einer Verfahrenseinstellung zu kommen. Dem widersprach der Staatsanwalt. Für einen Tritt ins Gesicht seien die 90 Tagessätze aus dem Strafbefehl noch sehr moderat, „schon für einen Faustschlag sind 60 Tagessätze üblich“, sagte er.

Der Verteidiger verwies dann darauf, dass der Angeklagte im Gegensatz zum Geschädigten nicht vorbestraft ist. Zudem sei er sich sicher: „Hätten sich mein Mandant und sein Bruder bei der Polizei eingelassen wie hier vor Gericht, hätte es gar keinen Strafbefehl gegeben.“ Zu seiner Frage, ob man sich vielleicht auf 60 Tagessätze einigen könnte, sage die Richterin, das sehe die Strafprozessordnung nicht vor.

Nach einer Unterbrechung, bei der die Öffentlichkeit inklusive des Angeklagten und der Protokollführerin den Sitzungssaal verlassen mussten, sah die Sache allerdings anders aus. Richtern Kristina Dürr gab im Anschluss als Ergebnis einer Verständigung bekannt, falls der Angeklagte ein vollumfängliches Geständnis ablegte, halte das Gericht einen Strafrahmen zwischen 60 und 90 Tagessätzen für Tat und Schuld als angemessen und werde entsprechend urteilen.

Daraufhin räumte der 50-Jährige den Tatvorwurf gemäß Strafbefehl ein, ohne sich noch einmal zum Ablauf der Tat zu äußern. Sein Verteidiger beschränkte den Einspruch auf die Rechtsfolgen.

Das Geständnis rechnete im der Staatsanwalt in seinem Plädoyer an. Zudem sei er nicht vorbestraft und der Geschädigte habe offenbar kein Interesse an der Strafverfolgung. Doch bleibe die gefährliche Körperverletzung und auch eine Bedrohung. Fußtritte seien gefährlicher als Faustschläge. Deshalb beantragte er wiederum eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen sowie gegen den zweimal nicht erschienenen Zeugen ein Ordnungsgeld von 500 Euro, ersatzweise zwei Tage Ordnungshaft.

Der Verteidiger führte an, die Verletzungen des Geschädigten seien angesichts des Tatvorwurfes eher harmlos gewesen, was sogar einen Polizisten gewundert habe. Zudem habe sein Mandant auch einen Faustschlag abbekommen. Deshalb sei eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen ausreichend. Den nicht erschienen Zeugen bezeichnete er als bösen jungen Mann, der Polizei und Justiz noch beschäftigen werde.

Richterin Kristina Dürr blieb mit 70 Tagessätzen etwas näher am Antrag des Verteidigers. Eindringlich erklärte sie dem Angeschuldigten, dass Faustschläge und Tritte ins Gesicht sehr gefährlich sind, bis hin zu tödlichen Folgen, wenn der Geschlagene stürzt und unglücklich mit dem Kopf aufschlägt. Deshalb seien sie eigentlich sogar mit Freiheitsstrafen bewehrt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Weil es im Vorfeld eine Verständigung gab, konnten weder der Staatsanwalt noch der Angeklagte Rechtsmittelverzicht erklären. Wenn es rechtskräftig ist, muss der Verurteilte neben der Geldstrafe auch die Verfahrenskosten und seinen Anwalt bezahlen. Über das Ordnungsgeld für den nicht erschienen Zeugen wird die Richterin noch schriftlich entscheiden.

 
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Kommentare
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  • info@kosmetik-heike.de
    Für mich liest sich der Text als hätte der Beklagte der jungen Frau in einer Notwehrsituation zur Seite gestanden. Ob er mit einer Diskussion die Situation hätte entschärfen können sei dahingestellt. Ihn jetzt aber auch noch zu verurteilen wird andere in ähnlichen Situationen von einem Einschreiten abhalten.
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