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Lohr
Gegenteil der Wegwerfgesellschaft verdeutlicht
Die Socke aus Nato-Stacheldraht von Helga Schwalt-Scherer ist eines der Kunstwerke in der Ausstellung.
Foto: Thomas Josef Möhler | Die Socke aus Nato-Stacheldraht von Helga Schwalt-Scherer ist eines der Kunstwerke in der Ausstellung.
Bearbeitet von Thomas Josef Möhler
 |  aktualisiert: 07.12.2023 02:54 Uhr

Was haben Flugzeugteile, Streichholzschachteln und Trümmer der abgerissenen Gemündener Mainbrücke gemeinsam? Aus ihnen wurde Neues geschaffen. Unter dem Motto "Es war einmal ... Upcycling im Spessart" widmet sich das Spessartmuseum im Lohrer Schloss in einer neuen Sonderausstellung der Kreation von Neuem aus Altem. Jetzt wurde sie eröffnet.

Nicht nur in Familien, in denen das Geld knapp war, sei der Vorgang, der heute Upcycling genannt wird, seit langem bekannt, meinte Landrätin Sabine Sitter vor einem mit Besuchern vollen Rittersaal. "Viele können sich noch an die Flicken auf der Hose und die gestopften Strümpfe erinnern." Heute werde Upcycling vor allem unter den Gesichtspunkten der Müllvermeidung und Nachhaltigkeit betrieben.

Die "neue, wunderschöne Ausstellung" zeigt nach den Worten der Landrätin Produkte aus den unterschiedlichsten Ausgangsmaterialien. So seien aus alten Planen schöne Taschen geworden und aus Holzkisten, Paletten und Flugzeugteilen Möbel. Besonders die Textilien wecken in Sitter Erinnerungen: Ihre Oma, Jahrgang 1919, sei Schneiderin gewesen, erzählte sie.

Dinge weiterverwenden

Upcycling ist nach den Worten Sitters seit vielen Jahrzehnten und Jahrhunderten im Kreis angekommen. Soziale, ökonomische und ökologische Aspekte spielten eine Rolle. Man wolle Erinnerungsstücke möglichst lange behalten, Dinge weiterverwenden und nicht einfach wegwerfen sowie etwas für die Wertschöpfung tun.

Museumsleiterin Barbara Grimm zitierte den Satiriker Karl Valentin: "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit". Das gelte für viele Exponate, die in der neuen Sonderausstellung präsentiert werden – wie den mühsam aus Konservendosen gefertigten Schmuckteller oder die Textilbilder der Wernfelder Künstlerin Ingrid Blum aus Mutters Faltenröcken.

Nachhaltigkeit bedeute das Schützen, Reparieren und Langzeitverwenden eines Möbels, Kleidungsstücks oder Werkzeugs. Grimm verwies auf vielfach geflickte Töpfe in einer Vitrine, die wohl ältesten Exponate der Sonderausstellung: Sie stammten aus Sendelbach, seien laut Archäologen weit über 1000 Jahre alt und Jahrhunderte in Gebrauch gewesen.

Auch das Spessartmuseum betreibt nach den Worten seiner Leiterin Upcycling. Präsentationsmittel, wie Podeste, Stellwände, Vitrinen, Bilderrahmen und Leuchten würden für jede neue Schau wiederverwendet. Die Stühle, auf denen die Besucher saßen, stammten aus der alten Stadthalle und seien mit neuen Sitzschalen der Lohrer Firma Owi kombiniert worden.

Bereits zwei Ausstellungen

Das bedeutet laut Grimm, dass Upcycling weder im Alltag noch in Museen ein neues Thema ist. Das Spessartmuseum habe ihm bereits zwei Ausstellungen gewidmet: "Keine heiße Asche einfüllen" im Jahr 2000 über den Kampf gegen die Müllflut und "Alles schön sauber" im Jahr 2012 mit aus Müll gefertigten Kunstwerken.

Auch die jetzige Sonderausstellung zeige zahlreiche Kunstwerke, unter anderem von Udo Breitenbach aus Partenstein. Die Schau sei ein Streifzug durch mehrere Jahrhunderte "Flickwerk" und "aus Alt mach Neu". Zu sehen seien Textilien, Accessoires, Möbel, Deko, Hausrat, Spielzeug und Schmuck.

Besonders ins Auge fallen laut Grimm die beiden ungewöhnlichen Wohnanhänger im Schlosshof. Bei ihnen handelt es sich um halbierte Autos. Kuriositäten seien die Leuchten aus Stromisolatoren vom Lohrer Isolatorenmuseum und ein Eichhörnchenkäfig aus Verpackungskisten und -dosen. In ihnen wurden die Eichhörnchen als Haustiere gehalten.

Offenes Bastelprogramm

Wer sich selbst beim Upcycling versuchen will, kann das nach Grimms Angaben am zweiten und dritten Adventssonntag jeweils von 13 bis 15 Uhr tun. Christa Schleicher, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Museums, bietet dann ein offenes Bastelprogramm zum Thema "weihnachtliches Upcycling" an.

"Upcycling war schon immer Teil unserer Geschichte", betonte Lohrs Dritte Bürgermeisterin Ruth Steger. Für unsere Gesellschaft sei es inzwischen von großer Bedeutung, die begrenzten Ressourcen zu schonen. Anstatt Dinge wegzuwerfen, könne man ihnen eine neue Bestimmung geben, so Ruth Steger weiter.

Es sei erstaunlich zu sehen, wie aus scheinbar nutzlosen Dingen Neues und Wertvolles entstehe. Steger ermutigte die Besucher, die Ausstellung als Inspiration zu nutzen. Upcycling sei eine Möglichkeit, "unseren Konsum zu überdenken und bewusster mit unseren Ressourcen umzugehen".

 
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