zurück
MAIN-SPESSART
Gaudeamushütte: Vieler Alpinisten „liabste Hüttn“
Die Gästezahlen in der Berghütte der Sektion Main-Spessart steigen. Gastlichkeit spricht sich herum. Heuer wird umgebaut. Doch auch der Sektions-Vorstand braucht Verstärkung.
Roland Pleier
 |  aktualisiert: 29.01.2015 15:55 Uhr

Sie ist ein echter Bergfloh, sagen Leute, die sie kennen. Quirlig wie ein Eichhörnchen. Nicht zu stoppen, wenn es bergauf geht. Und sie versteht sich aufs Trommeln: aufs Werben für den südlichsten Punkt Main-Spessarts. Für Katja Manger ist das nicht etwa das Himmelreich, der bewaldete Bergrücken in der Mainschleife zwischen Urphar und Kreuzwertheim. Der südlichste Punkt, das ist für sie und 2000 weitere Alpinisten aus dem Landkreis die Gaudeamushütte im Wilden Kaiser.

Eine Hütte, die jetzt bei der Wahl „mei liabste Hüttn“ des Deutschen Alpenvereins Platz zwei belegt hat. Eine Hütte, die in diesem Jahr für fast eine halbe Millionen Euro umgebaut wird. „Sobald der Schnee geschmolzen ist, geht's los“, sagt Manger, die seit 2011 die Sektion Main-Spessart des Deutschen Alpenvereins führt.

Die Hütte sei „beliebter Ausgangspunkt für herrliche Wanderungen rund um den Wilden Kaiser“, heißt es in einer Pressemitteilung des Deutschen Alpenvereins. Was sicher nicht reicht für einen Spitzenplatz bei der Sympathiewahl „zur liabsten Hüttn“. Ein weiteres, maßgebliches Argument fügt Manger ganz bescheiden in kleiner Schrift hinzu: „Und vielen Dank für unsere Wirtsleut' Familie Leichtfried – Anni und Martin mit Andrea und Robert.“

Manger ist seit drei Jahren Vorsitzende der Main-Spessart-Sektion. Die Leichtfrieds sind schon sieben Jahre länger am Wilden Kaiser aktiv und „das Herz in der Hütte“, wie Manger betont. Immerhin 15 600 Gäste haben die beiden im vergangenen Jahr bewirtet – also deutlich mehr, als Marktheidenfeld Einwohner hat. Gut ein Viertel davon blieb auch über Nacht, nutzte eines der 64 Betten in den 15 Zimmern.

Die Alpinisten aus dem Spessart scheinen auf dem richtigen Weg zu sein. In den vergangenen drei Jahren stieg die Zahl der Gäste um jeweils mehr als der Hälfte: Bei den Nächtigungen von 2180 auf 3628, bei den Tagesgästen von 7800 auf rund 12 000. Auch in der vereinseigenen Sylvanhütte im Spessart lag die Zahl der Übernachtungen 2014 mit knapp 900 um 17 Prozent über der des Vorjahres.

Was die Gäste der Gaudeamushütte erfreut: Die Sachertorte der Gaudeamushütte, vom gelernten Konditor Martin Leichtfried selbst fabriziert, dank Sahne-Climatronik immer frisch verfügbar, sei legendär, plaudert Manger dermaßen begeistert, dass einem das Wasser im Mund zusammenläuft. Sein Kaiserschmarrn soll gelegentlich gar für ein Hauen und Stechen sorgen. Ansonsten fechte das Hüttenvolk einen täglichen Kampf, der da laute: Kaiserschmarrn versus Putenbrustsalat. „Das Volk verlangt leichte Kost“, erklärt Manger und verschluckt dabei offenbar die Vokabel „auch“. Die Hütte sei keine Pommes-Bude, erläutert sie weiter, „aber es gibt auch mal Schnitzel zum Abendessen.“

Gekocht wird bislang noch im ältesten Teil der Hütte, der 88 Jahre auf dem Buckel hat. Unterkellert ist nur der Anbau, ein rund 35 Quadratmeter großer Seminarraum, konferenztauglich ausgestattet mit einem Beamer. Für diesen zeichnete schon die Sektion Main-Spessart verantwortlich, die der Berliner Sektion eine von deren damals neun Hütten abgekauft hatte. 2004

Im selben Jahr, 1999, hatte sich die damalige Sektion Rostock-Marktheidenfeld auch umbenannt in Sektion Main-Spessart, die mit fast 2200 Mitgliedern einer der größten Vereine im Landkreis ist.

Nun also folgt Anbau Nummer zwei, grade mal 6 mal 6 Meter groß. Die Ansprüche an die Hygiene sind gestiegen, ein Fettabscheider nur eine der Auflagen. Die Möbel aus Holz werden durch Edelstahl ersetzt. Ob Alpenhütte oder Hotel – in Sachen Hygiene werden alle Gastronomiebetriebe über denselben Kamm geschoren, macht Manger deutlich.

Stolze 450 000 Euro wird der Umbau kosten. 130 000 Euro davon finanziert die Sektion selbst durch Mitgliedsbeiträge. Etwas weniger, 112 500 Euro, erwarten die Main-Spessarter als Zuschuss von der Münchner Bundesgeschäftsstelle aus dem Förderprogramm „Hütten & Wege“ des Deutschen Alpenvereins. Den Rest soll ein mit drei Prozent verzinstes Darlehen vom Deutschen Alpenverein decken. Vielleicht bleibt auch noch etwas übrig von den Pachteinnahmen aus dieser Hütte, die zwischen 10 000 und 20 000 Euro liegen. Doch davon müssen auch eventuelle Schäden finanziert werden. 2013 erst hat ein Starkregen ein Stück des Weges zur Hütte weggeschwemmt. Und schon waren auf einen Schlag 6000 Euro für die Ausbesserung weg.

Hierzulande vertraute Baugenehmigungen gibt es in Österreich nicht. Diese wird erteilt bei einer so genannten Bauverhandlung vor Ort, bei der die Auflagen definiert werden. Manger hat sie geführt Mitte November, als sich die Hüttenwirte in die Winterpause verabschiedeten. Manger war erfolgreich. Wieder auf die fünfstündige Fahrt machen wird sich die 44-Jährige, die in Altfeld ein Planungsbüro für Haustechnik betreibt, Ende April: Dann wird mit der Entkernung begonnen.

Dazwischen wird sie allenfalls einmal das neue Winterraumklo testen. Hart gesottene Alpinisten nämlich besorgen sich einen Winterraumschlüssel, der für alle Winterräume von Berghütten der Kategorie 1 passt, und machen sich auch bei Schnee auf den Weg. Im Sommer ist der Bergwanderer normalerweise 45 Minuten unterwegs, um die Hütte in 1263 Metern Höhe zu erreichen. An Silvester, bei 120 Zentimeter Neuschnee, hätten drei Wombacher – ein Vater mit Sohn und Schwiegertochter – mit Schneeschuhen drei Stunden dafür benötigt, erzählt Manger. Bereut hätten sie es nicht. „Dafür wurden sie an Neujahr mit Kaiserwetter belohnt.“

Noch vor Baubeginn steht die Jahresversammlung der Main-Spessart-Sektion an, am 20. März. Turnusgemäß stehen auch Wahlen auf der Tagesordnung. Je näher dieser Termin rückt, desto banger wird Manger: Soll sie wirklich nochmals antreten? Noch fehlen zwei Kandidaten für den fünfköpfigen Vorstand, drei der zehn Beisitzer, die auch tatsächlich etwas tun. „Wir brauchen Köpfe, nicht nur Namen“, macht Manger deutlich. „Es muss sich viel ändern.“

Auf eines freut sie sich aber jetzt schon: Auf den Besuch des Profibergsteigers und Extremkletterers Alexander Huber. Der jüngere Bruder der beiden „Huberbuam“ aus dem Berchtesgadener Land ist am 6. November 2015 in der Grafschaftshalle in Altfeld zu Gast. Für Manger – neben dem Umbau der Gaudeamushütte – der zweite Höhepunkt in diesem Jahr.

DAV Sektion Main-Spessart

1899 Gründung der Sektion Rostock, Bau der Gaudeamus-Hütte bei Going im Wilden Kaiser durch die Akademischen Alpenvereinssektion Berlin.

1912 Kauf der Rostocker Hütte im österreichischen Maurertal.

1924 Vollständige Zerstörung der Gaudeamus-Hütte, Reste der Grundmauern sind heute noch sichtbar.

1927 Bau der neuen Gaudeamus-Hütte an heutigem Standort.

1945 Verbot aufgrund der Vereinnahmung durch den Nationalsozialismus.

1955 Gründung der Sektion Rostock-Marktheidenfeld durch Carl Bremer. Der Rostocker Unternehmer hatte 1924 die Draht-Bremer GmbH in Rostock und 1942 ein Zweigwerk in Marktheidenfeld gegründet. Da das Rostocker Unternehmen mit 300 Beschäftigten nach dem Krieg von der damaligen Sowjetunion enteignet wurde, produzierte er Forst- und Weidezäune ab 1946 in Marktheidenfeld.

1974 Einweihung der Sylvanhütte bei Bischbrunn. Die Mitgliederzahl der Sektion ist auf etwas über 200 gestiegen.

1989 Der Alpenverein übernimmt den nicht genutzten Autobahnpfeiler bei Gräfendorf als Kletterpfeiler.

1991 Umbenennung der Sektion Rostock-Marktheidenfeld zu Sektion Main-Spessart. Der Name Rostock wird nach der Wende an die neu gegründete Sektion dort zurückgegeben.

1998 Abgabe der schwierig zu bewirtschaftenden Rostocker Hütte und Scheidung der Hüttenbetriebsgemeinschaft mit der Sektion Essen.

1999 Kauf und Übernahme der Gaudeamus-Hütte bei Going im Kaisergebirge (Österreich) – eine der damals neun Hütten der Sektion Berlin.

2001 Eröffnung der Kletterhalle in Birkenfeld.

Aktuelle Mitgliederzahl: 2192.

Der Kletterfelsen an Kalbenstein und die 1930 erbaute Falteshütte bei Gambach wird von der Sektion Würzburg des Alpenvereins betrieben.

Der Deutsche Alpenverein, 1869 in München gegründet, ist mit seinen mehr als einer Million Mitgliedern der größte Bergsteigerverband der Welt. 208 der 354 Sektionen besitzen eigene Hütten, von denen 78 Hütten in den deutschen Mittelgebirgen liegen. Text: rp

Beliebtes Ziel: Die Gaudeamus-Hütte der DAV-Sektion Main-Spessart.
Foto: DAV MSP | Beliebtes Ziel: Die Gaudeamus-Hütte der DAV-Sektion Main-Spessart.
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Marktheidenfeld
Roland Pleier
Alexander Huber
Bergsteiger
Bundesgeschäftsstellen
Deutscher Alpenverein
Hygiene
Hüttenwirte
Kaiserinnen und Kaiser
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • ist wohl etwas leicht durcheinander gekommen zwinkern
    Die Wahl hat nicht der Deutsche Alpenverein durchgeführt, sondern der österreichische Verein "Österreichs Wanderdörfer e.V.". Die Gaudeamus-Hütte wird dort als Hütte des Deutschen Alpenvereins geführt.
    http://huetten.wanderdoerfer.at/mei-liabste-huttn-das-sind-die-sieger/

    Ansonsten: Super Gegend, super Hütte!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • laeusberg
    Es kommt nicht von irgendwo her, dass die Gaudeamus Hütte zu den beliebtesten Hütten im Alpenraum gehört. Einfache Erreichbarkeit, leichte und schwere Wandertouren in nächster Nähe, sowie eine hervorragende Küche machen Sie zu einem beliebten Anlaufpunkt. Und zwar gleichermaßen für Profikletterer, Normalwanderer und Familien mit Kindern. Die sympathische Hüttenmannschaft tut darüber hinaus alles, damit sich die Gäste wohlfühlen und behalten auch in Stoßzeiten die Ruhe. Weiter so.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten