Daniela Mehling, die Pächterin der Gastwirtschaft „Rose“ in Lohr, ist ratlos. „Was soll ich noch alles machen?“, fragt sie. Ein neuer Koch ist nicht zu bekommen. Seit vier Monaten sucht sie intensiv. Die Arbeitsagentur kann ihr niemanden vermitteln. Plakate habe sie ans Schaufenster geklebt und auch auf Facebook gesucht. Doch keine Resonanz. Daher hat sie sich entschlossen, die Gastwirtschaft abzugeben. Der Pachtvertrag läuft am 31. November aus. Sie will ihn nicht mehr verlängern.
Bisher hatte Daniela Mehling zwei Köche, die sich im Wechsel die Mittags- und Abendsschicht teilten. Doch einer von ihnen hat zum 31. August gekündigt. „Ich kann ihm nicht böse sein“, sagt sie. Die Trennung erfolgte im Guten, er wolle sich beruflich umorientieren, so die Begründung. Am Lohn könne es nicht liegen, denn Mehling sagt, dass sie gut bezahlt. Nein, es seien die Arbeitszeiten, die den Beruf unattraktiv machen. Dafür hat Daniela Mehling Verständnis. Ein geregelter Feierabend ist meist nicht drin und am Wochenende, wenn andere feiern oder sich um ihre Familie kümmern, ist in ihrer Gaststätte Hochbetrieb.
Auch in der „Rose“ in Karlstadt: Koch verzweifelt gesucht
Szenenwechsel zum gleichnamigen Gasthaus „Rose“ in Karlstadt: Wirtin Claudia Bello hat es vor ein paar Monaten übernommen und sucht seitdem ebenfalls verzweifelt nach einem Koch. „Es ist niemand zu kriegen“, sagt die gelernte Restaurantfachfrau. Seit Juli steht sie daher selbst in der Küche und wird von Hilfspersonal unterstützt. Alles wird frisch zubereitet, die Gäste seien zufrieden, sagt sie, aber sie selbst wäre lieber im Service. So war es gedacht, als sie sich entschlossen hatte, die „Rose“ zu pachten.
Ein Koch ist aber nicht zu finden. Es hätten sich schon welche vorgestellt, doch habe sie den Eindruck gehabt, dass diese gar keine Anstellung wollten. Claudia Bello habe auch bei Arbeitsagenturen außerhalb des Landkreises angefragt. In der Folge kam ein Koch aus Leipzig, der allerdings nicht fränkisch kochen wollte, sagt sie. Daher habe auch dies nicht geklappt.
Am Wochenende hat sie drei Busgesellschaften zu Gast in der „Rose“. Diesen Auftrag nahm sie zu einem Zeitpunkt an, als sie davon ausging, ihr Koch-Problem bis dahin längst gelöst zu haben. Nun ist sie in der Klemme. Sie habe bei einer Leihagentur in Erfurt einen Koch bestellt. „Der kommt für drei Tage; ich muss eine hohe Pauschale, Kilometergeld und auch Übernachtung bezahlen“, sagt Claudia Bello. Verdient sei dann kaum noch was.
Mit diesem Problem sind die beiden Wirtinnen nicht alleine. „Die Besetzung von freien Kochstellen ist schon seit geraumer Zeit ein äußerst schwieriges Unterfangen“, bestätigt Wolfgang Albert, Pressesprecher der Agentur für Arbeit in Würzburg. Zum einen gebe es aufgrund einer erhöhten Studierneigung grundsätzlich immer weniger Jugendliche, die eine betriebliche Ausbildung anstreben. Zum anderen kommt hinzu, dass speziell der Ausbildungsberuf Koch bei vielen Jugendlichen nicht hoch im Kurs steht.
Ungünstige Arbeitszeiten und überschaubare Bezahlung
Dies zeigen die aktuellen Zahlen für Main-Spessart: Von den rund 830 Bewerbern für eine betriebliche Ausbildung haben lediglich fünf Personen als ersten Berufswunsch Koch genannt. Albert sieht die Gründe für das geringe Interesse an dem Beruf vor allem in den ungünstigen Arbeitszeiten und der überschaubaren Bezahlung. Ausgebildete Köche, die im Beruf verbleiben, ziehe es oft in die Ferne. Beispielsweise in die Tourismuszentren in der Schweiz oder Österreich oder auch auf Kreuzfahrschiffe.
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Auf der anderen Seite gibt es laut Albert 43 Köche im Landkreis Main-Spessart, die arbeitslos gemeldet sind (Stand: August 2018). Ihnen stehen 20 offene Stellen gegenüber. „Doch eine Vermittlung ist nicht möglich“, sagt Albert. Manche können nicht mehr abends arbeiten, ihnen fehlt das Auto, um zu ihren Arbeitsplatz zu kommen, sie sind nicht mehr belastbar oder haben gesundheitliche Probleme. „Dadurch reduzieren sich die realistischen Vermittlungsmöglichkeiten deutlich“, sagt er.
Können Flüchtlinge und Migranten Köche werden?
Können Flüchtlinge und Migranten helfen? Könnten sie die Stellen besetzen, für die offensichtlich auf dem Arbeitsmarkt nur schwer jemand zu finden ist? Dies könnte den Fachkräfteengpass abfedern und zugleich die Integration erleichtern. Doch so einfach ist es nicht. Ob ein Flüchtling eine Ausbildung beginnen darf, hängt von dessen Aufenthaltsstatus ab, sagt Wolfgang Albert, Pressesprecher der Agentur für Arbeit.
Als anerkannter Flüchtling sei das grundsätzlich kein Problem. Liege jedoch nur eine Duldung oder eine Aufenthaltsgestattung vor, wird eine Arbeitserlaubnis nur nach vorheriger Zustimmung der Ausländerbehörde erteilt. Dann kann es zu der sogenannten „3+2-Regelung“ kommen. Das bedeutet, dem Flüchtling wird erlaubt, eine Ausbildung abzuschließen und danach auch noch zwei Jahre lang in seinem Beruf zu arbeiten.
Und für ein bisschen mehr als Mindestlohn nachts und am Wochenende zu arbeiten, ist auch ein Hohn. Da müssten die Preise für die Speisen höher sein.
Aber dann geht der gemeine MSPler lieber zum Pizza, Döner oder Asiaten. Glutamat lässt grüßen.