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KARLSTADT
Gambachs steinerner Schatz
Johannes Schreiner
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:53 Uhr

Das Naturschutzgebiet Grainberg-Kalbenstein zwischen Gambach und Karlstadt ist fast jedem deutschen Geologen ein Begriff. Jährlich kommen viele Studenten nach Gambach, um das Geotop unter die Lupe zu nehmen. Dort treffen Kalkstein und Sandstein aufeinander. Bereits im 19. Jahrhundert erkundeten Wissenschaftler die besonderen geologischen Verhältnisse und die Gesteinsschichtenfolge an den Felswänden, die durch eine Rutschung 1784 sichtbar wurden.

Der Winzer- und Bürgerverein Gambach hatte die Idee, das „Studentenpfädlein“ auch für die Öffentlichkeit erkundbar zu machen. Deswegen konzipierte der Verein zusammen mit der Stadt Karlstadt in den vergangenen zwei Jahren einen geologischen Lehrpfad, den die ehrenamtlichen Helfer jetzt fertiggestellt haben. Bürgermeister Paul Kruck wirkte zufrieden: „Ich bin stolz auf das Ergebnis“, sagte er bei der Einweihungsfeier am Mittwoch.

Der Vater des Lehrpfads

Die Fränkische Weinkönigin Silena Werner enthüllte die erste der zehn Infotafeln und ehrte die freiwilligen Helfer des Vereins.

Walter Steinbach, Vorsitzender des Bürgervereins Gambach, sprach seinen Dank vor allem Dr. Gerd Geyer von der Universität Würzburg aus. Stellvertretender Vorsitzender Ralf Schwarz ergänzte: „Er ist der Vater dieses Lehrpfads.“

Nach den Grußworten und Danksagungen führte der Geologe Geyer die Gäste auf dem 2,5 Kilometer langen Weg, der bei der ehemaligen Kläranlage Gambachs beginnt, zum Stehempfang in die Winzerhütte Gambach. Die Tafeln, die dem Besucher die Entstehung der Gesteine erklären, hatte Geyer mit hohem Zeitaufwand entworfen: „Fragen Sie besser nicht, wie lange das gedauert hat.“

An den Stationen erläuterte er die Entstehung des Sand- und Kalksteins und zeigte die früheren Flussverläufe, die für die Abtragungen in den Gesteinen verantwortlich sind. „Man sieht das Gesicht der Flüsse im Gestein“, erklärte er in seinem lebendigen Vortrag. Zu viel möchte der Kalbenstein-Spezialist aber auch nicht erklären: „Ich muss mich immer ein bisschen bremsen, sonst erzähle ich zu viel“, gab der 61-Jährige schmunzelnd zu.

Der größte Amphibienrest

Vor 40 Jahren erkundete der promovierte Geologe den Grainberg zum ersten Mal. Inzwischen ist er Experte auf diesem Gebiet: „Ich gelte – vielleicht zu Recht, vielleicht zu Unrecht – als derjenige, der sich hier am besten auskennt.“

Im ehemaligen Steinbruchgebiet am Kalbenstein fanden Wissenschaftler im 19. Jahrhundert den größten überhaupt bekannten Amphibien-Rest der Geschichte: Den 80 Zentimeter großen Unterkieferabdruck eines Mastodonsaurus, der allerdings weitgehend unbekanntsei, wie Geyer anmerkte: „Davon wissen die wenigsten.“ Ein kleines Abbild auf Tafeln der echsenartigen Kolosse, die über fünf Meter groß waren, weist den Besuchern den Weg. Im Kalbenstein seien noch viele weitere Schätze zu finden, ist sich der Geologe sicher. „Doch leider verdient man in Deutschland damit keinen Euro.“

Auch Bertram Eidel, Leiter des Bereichs Umwelt in der unterfränkischen Regierung, kennt diese „Schatzkammer der Natur“. Für bedeutend hält er außerdem die florale Vielfalt im Naturschutzgebiet zwischen Gambach und Karlstadt.

Längst überfällig

Vor etwa 242 Millionen Jahren überschwemmte ein Meer große Teile Mitteleuropas. Dadurch entstanden unter den damals tropischen Klimaverhältnissen Muschelkalkablagerungen, die auch am Grainberg gut dokumentiert sind. Sie liegen über den Buntsandsteinschichten, die aufgrund des damals humiden Klimas rot gefärbt sind. Seit Jahren führt Geyer Studenten daran vorbei.

Aufgrund der großen wissenschaftlichen Bedeutung des Naturschutzgebiets bezeichnete Ralf Schwarz die Errichtung des Lehrpfads als „längst überfällig“. Denn in der Expertenwelt sei das Gebiet schon lange Zeit bekannt.

Bürgermeister Kruck hofft auf viele Besucher und hohen Weinkonsum, damit der Winzer- und Bürgerverein Gambach den Pfad in Stand halten kann. Kruck kam in seiner Rede zu der Schlussfolgerung: „Wir trinken quasi für den Naturschutz.“

Verschiedene Gesteinsschichten, die Flussverläufe aus der Vergangenheit zeigen.
Foto: Johannes Schreiner | Verschiedene Gesteinsschichten, die Flussverläufe aus der Vergangenheit zeigen.
 
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