Bei dem Gambacher Winzer Stefan Vetter in Gambach traf eine Delegation der Grünen – mit dem Bundesfraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter an der Spitze – auf einen, der "cool" auf die Klimakrise reagiert. Ob er sich künstliche Bewässerung für seine Weinberge wünsche, wurde er gefragt. Nein, das sei nicht nötig. Er wolle nur die Bewässerung, "die von oben kommt", sagte Vetter.
Zuvor war die Gruppe am Untermain und am Maindreieck mit anderen Winzern zusammengetroffen, bei denen es um künstliche Bewässerung geht. Es gibt sogar schon testhalber "Heizungen", die die Weinstöcke in Frühlingsfrostnächten vor Schäden bewahren sollen. Durch die Bewässerungsleitungen wird dabei warmes Wasser geleitet.
In der Sparte Naturwein aktiv
All diese Dinge sind Stefan Vetter fremd. Bei ihm und seiner Frau Katja lautet die Devise: Außergewöhnliche Weine zu Preisen, die dem Aufwand entsprechend gestaltet sind. So kostet die Flasche bei ihnen zwischen 11 und 68 Euro. Die beiden hatten in Iphofen mit dem Weinbau begonnen und haben sich ab 2012 auf Gambach verlegt. 2015 sind sie nach Gambach gezogen. "Eine tolle Lage", schwärmt Katja Vetter. "Wenn der Weinbau nicht mehr wäre, wer käme dann hierher?"
Von vier Hektar Weinberg leben? Dass das geht, ließ auch den unterfränkischen Weinbaupräsidenten Artur Steinmann aufhorchen. Die Vetters bewirtschaften zu 60 Prozent Terrassenlagen, die kaum mit einer Maschine zu erreichen sind. 70 Prozent sind Steillagen. Und sie wehren sich gegen die Idee eines Flurbereinigungswegs im unteren Bereich des Bergs. "Der würde viel Geld kosten und es wäre schade um die verlorene Fläche." Sie sind mit ihrem Naturwein erfolgreich in Großstädten wie Berlin, Frankfurt oder Nürnberg, aber auch in Kanada und Japan.
"Wir können uns nicht beschweren", sagt Stefan Vetter. Er verfügt über langjährige Kontakte. Außerdem besuchen die Vetters Raw Wine, die Messe für Naturweine in Berlin. Biowein ist es nicht, den sie erzeugen, sondern Naturwein. Das heißt: Im Weinberg arbeiten die Vetters nach dem EU-Biozertifikat, aber nicht im Keller. "Das ist zu viel Bürokratie", so Stefan Vetter.
Wassermanagement vorantreiben
Paul Knoblach, Landwirtschaftsexperte der Grünen im bayerischen Landtag, hatte die Weinbautour organisiert, um zu erkunden, wie in der Klimakrise den Winzern zu helfen ist. "Die Sorge um die Frostnacht im Frühjahr war ein Anlass zu gucken: Wie geht's denen? Mich interessiert: Was können wir für euch tun, dass die Region euch nicht verliert?"
Er sagt, der Freistaat könne helfen, "indem er weit zügiger des Problem des Wassermangels angeht". Zum Beispiel kann man Uferfiltrat im Winter in Hochbehälter pumpen, um das Wasser in niederschlagsarmen Zeiten zu nutzen. Er hoffe auch, dass es der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim gelingt, noch mehr klimaresistente Sorgen züchten. Er selbst wolle eine parlamentarische Initiative zum Wassermanagement vorantreiben. Er verweist auf die Wichtigkeit des Weinbaus in Franken. Der sorge für einen Umsatz von 3,2 Milliarden Euro.
"Sensationeller" Silvaner
Hofreiters Fazit: Die Klimakrise ist bei den Winzern bereits, wie vermutet, voll angekommen. Weil es im Frühjahr häufig schon sehr mild ist, haben die Weinstöcke schon weit ausgetrieben, wenn noch Nachtfröste auftreten können. Und dass die Frage der Verteilung von Wasser in Deutschland mal akut wird, darüber hätte man vor zehn Jahren noch gelacht, so Hofreiter. "Jetzt ist das Tatsache." Es müsse darum gehen, die Klimaveränderung möglichst weit abzumildern. Jedes Zehntelgrad mache sich bemerkbar.
Mit dabei war auch Patrick Friedl, innerhalb seiner Fraktion Sprecher für Naturschutz und Klimaanpassung. Der erste Tag der Weinbautour fand am neun Tage zuvor statt. Die Abschlussveranstaltung war auf der Vogelsburg bei Volkach. Übrigens: Hofreiter fand den Silvaner der Vetters "sensationell".
Wie Anton Hofreiter richtig sagt: "Die Erderwärmung führt dazu, dass die Pflanzen viele Wochen früher austreiben. Das erhöht die Gefahr von Spätfrost, denn im April ist die Wahrscheinlichkeit höher als im Mai. Dieses Problem trifft nicht nur den Weinanbau, sondern den gesamten Obstbau. Und wenn die Blüte erfriert, kann es geschehen, dass die Ernte komplett ausfällt. Hinzu kommen dann noch Dürre und Wassermangel.
Deshalb brauchen wir eine Anpassungsstrategie für die Landwirtschaft. Das bedeutet: robuste Sorten, gesunde humusreiche Böden, eine angepasste Wassermanagementstrategie.
Insbesondere den Böden kommt eine große Bedeutung zu. Humusreiche Böden stellen den Pflanzen deutlich mehr Wasser zur Verfügung und können bei Regen mehr Wasser aufnehmen. Doch diese Strategien alleine reichen nicht: wir müssen die Ursachen der Klimakrise bekämpfen! Was wir schon jetzt erleben, findet statt bei 1 Grad Durchschnittstemperaturerhöhung."
Weiter so Familie Vetter!
Vor 50 Jahren gab es Pläne zur Errichtung eines Trinkwasserspeichersees im Hafenlohrtal zur Versorgung der trockenen, wasserarmen Fränkischen Platte !
Schon vergessen????