Die Ankündigung des Zweckverbands Fernwasser Mittelmain (FWM), eine ungenutzte Brunnenanlage im Gemündener Stadtteil Hofstetten doch nutzen zu wollen, hat kurz nach der Jahreswende Wellen geschlagen. Nicht nur eine örtliche Bürgerinitiative, die sich gegen das Brunnenprojekt zur Wehr setzt, auch das Landesamt für Umweltschutz (LfU) und das Wasserwirtschaftsamt in Aschaffenburg zeigten sich überrascht von dem neuerlichen Vorstoß. Der Zweckverband will sich davon nicht beirren lassen.
Dabei schien es bereits beschlossene Sache zu sein, dass die in den 90er Jahren mit hohem finanziellen Aufwand erschlossene Brunnengalerie vollständig rückgebaut werden muss. Doch der Zweckverband will nicht lockerlassen und hält an seinem Vorhaben fest; trotz aller Vorbehalte, die das Landesamt für Umwelt nach wie vor gegen das Brunnenprojekt geltend macht. Es soll auf jeden Fall abschließend geprüft werden, ob und unter welchen Voraussetzungen die Gewinnung von Trinkwasser doch noch möglich ist, sagt stellvertretende FWM-Werkleiterin Eva von Vietinghoff-Scheel.
Die Vorbehalte des LfU stützen sich unter anderem auf einen Pumpversuch aus dem Jahr 2000. „Bei dem Pumpversuch kam es zu einem großflächigen Absinken des Grundwasserspiegels und Trockenfallen von Messstellen und Brunnen“, heißt es in der Antwort des Landesamts auf eine Anfrage der Redaktion.
Sorge um Grundwasserspiegel
Ein Absinken des Grundwasserspiegels hätte verheerende Folgen für die Vegetation, befürchtet der Vorsitzende der örtlichen Bürgerinitiative Wasser, Ferdinand Heilgenthal. Insbesondere wären die zusammenhängenden Streuobstbestände bedroht, die zu den größten in Unterfranken zählen.
Der FWM-Zweckverband allerdings führt die schädlichen Auswirkungen des Pumpversuchs vor allem auf die große Wassermenge zurück, die damals entnommen wurde. Eine geringere Entnahmemenge würde möglicherweise ohne negative Folgen bleiben. Um das herauszufinden, seien aber weitergehende Untersuchungen nötig, so Vietinghoff-Scheel.
Eine weitere Schwachstelle der Brunnen ist aus Sicht des LfU der hohe Anteil an Uferfiltrat im dort geförderten Wasser. Uferfiltrat ist Wasser, das nicht aus tieferen Schichten stammt, sondern oberflächennah vom Main zu den Brunnen gelangt. Vielerorts werden Trinkwasserbrunnen in Nähe von Gewässern zum Teil durch Uferfiltrat gespeist. Auf dem Weg durch das Erdreich werden Schadstoffe und Keime zurückgehalten. Aus Sicht des LfU sind die Fließzeiten zwischen Main und Brunnen in Hofstetten aber zu kurz, um eine hygienische einwandfreie Trinkwasserqualität sicherzustellen. Im Gegenteil: Es bestehe sogar die Gefahr, dass verschmutztes Wasser durch die Brunnen in tiefere Grundwasserschichten eindringt.
Doch auch darin sieht der FWM kein abschließendes Urteil. Eva von Vietinghoff-Scheel will nicht ausschließen, dass eine geringere als die damals beantragte Wasserentnahme zu einem günstigeren Ergebnis führt.
Rückbau unerlässlich
Wenn ein Brunnen nicht gebraucht wird, hält das Landesamt für Umweltschutz einen Rückbau für unerlässlich. Andernfalls könnten durch das Bohrloch oberflächennahes, möglicherweise sogar verunreinigtes Grundwasser eindringen. Deshalb hat das Landratsamt in Karlstadt gegenüber dem Fernwasser-Zweckverband eine Rückbauanordnung ausgesprochen.
Seit einem Gespräch im August letzten Jahres mit allen beteiligten Behörden seien keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen worden, „die ein Überdenken des bisherigen Positionen angezeigt erscheinen lassen“, schreibt das LfU in seiner Stellungnahme weiter. Verändert hat sich seitdem allerdings die Konstellation im Fernwasser-Zweckverband. Seit Oktober 2016 hat dort das Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg die Führung übernommen. Und das Kommunalunternehmen setzt offenkundig darauf, die vorhandenen Trinkwasserressourcen besser zu nutzen als bisher.
Von den vier Millionen Kubikmetern Trinkwasser, die pro Jahr an die angeschlossenen Gemeinden ausliefert werden, muss der Zweckverband bisher nämlich rund die Hälfte vom benachbarten Zweckverband Franken mit Sitz in Uffenheim einkaufen. Versorgt werden 22 Gemeinden.