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TRIEFENSTEIN
Für Mahdi geht ein Traum in Erfüllung
Sie freuen sich über eine sinnvolle, menschliche Entscheidung, die dem Metzgereibetrieb Bumm in Trennfeld hilft: (vorne, von links) Thomas Gauer, Heidi Bumm, Sayed Mahdi Hosseini, Eberhard Bumm, Handwerkskammerpräsident Walter Heußlein; (hinten, von links) Bürgermeister Norbert Endres und Familienpate Reiner Hefner.
Foto: Stefanie Engelhardt | Sie freuen sich über eine sinnvolle, menschliche Entscheidung, die dem Metzgereibetrieb Bumm in Trennfeld hilft: (vorne, von links) Thomas Gauer, Heidi Bumm, Sayed Mahdi Hosseini, Eberhard Bumm, ...
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 |  aktualisiert: 05.11.2017 02:53 Uhr

„Es war ein langer Weg, doch jetzt dürfen wir uns glücklich schätzen: Mahdi darf Metzger werden.“ Die Freude ist Eberhard Bumm, Metzgermeister aus Trennfeld, ins Gesicht geschrieben. Das Ringen um seinen Mitarbeiter hat sich gelohnt.

Sayed Mahdi wohnt mit seinen Eltern und seinen Geschwistern in Trennfeld. Die Familie ist aus dem Iran geflohen. Doch einen iranischen Pass besitzt keiner von ihnen, denn auch dort sind sie vor mehr als 20 Jahren als Flüchtlinge angekommen. Ursprünglich stammen sie aus Afghanistan, wo sie verfolgt wurden. Wegen ihrer Herkunft ist die gesamte Familie von den Behörden als afghanische Familie eingestuft worden. Das gilt selbst für Mahdi, der noch nicht eine Minute in Afghanistan lebte. Wie berichtet, hat die Familie ein Bleiberecht, doch Mahdi nicht, da er mittlerweile volljährig geworden ist. Er sollte zurück nach Afghanistan. Für ihn ein Schock: Er kann weder die Sprache noch kennt er eine Person in dem Land.

Hier kommt Metzger Eberhard Bumm ins Spiel. Als der junge Mann bei ihm ein Betriebspraktikum machte, erkannte er gleich die Fähigkeiten des 20-Jährigen. Die Arbeit war ihm nicht neu, hatte er doch schon bei seinem Onkel im Iran in einer Fleischerei gearbeitet und den Umgang mit den dort gebräuchlichen Schlachttieren, Rindern und Schafen, kennengelernt.

So einen könnte er brauchen, dachte Bumm. Schon lange sucht der Metzgermeister einen fähigen Lehrling, konnte aber bislang keinen finden. Doch der Aufnahme eines Ausbildungsverhältnisses stand die drohende Ausweisung Mahdis im Weg. Er durfte keine Lehre beginnen, da der Asylantrag noch nicht abschließend behandelt war.

Walter Heußlein aus Billingshausen, der Präsident der Handwerkskammer Unterfranken, und Thomas Gauer, Willkommenslotse der Kammer in der „Passgenauen Vermittlung von Flüchtlingen“ für Handwerksbetriebe, unterstützten die Trennfelder Metzgerei. Und auch Bürgermeister Norbert Endres wurde aktiv. Er schrieb Politiker an, bat Landtagspräsidentin Barbara Stamm und den Bundestagsabgeordneten Alexander Hoffmann um Hilfe. Das Anliegen kam auch in der Bevölkerung an. Viele Mitbürger nahmen an einer Unterschriftenaktion teil. Annähernd 500 Unterschriften kamen zusammen.

Der Familienpate und Integrationslotse der Malteser, Reiner Hefner, suchte den Kontakt zu den Behörden und Anlaufstellen, die das fast Unmögliche möglich machen sollten: Mahdi soll bei seiner Familie in Deutschland leben können und eine Ausbildung zum Metzger beginnen dürfen. Thomas Gauer freut sich: Die Zusammenarbeit mit der Ausländerbehörde lief reibungslos und verständnisvoll. Die Zustimmung, dass Mahdi in der Metzgerei anfangen kann, war eine Ausnahme, da die gesamte übrige Familie schon ein Bleiberecht hat.

Da Mahdi zwar fast perfekt deutsch spricht, aber noch nicht über die notwendige Bescheinigung über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt, wurde zunächst genehmigt, dass er eine vorbereitende Qualifizierungsmaßnahme in der Berufsschule macht, die aber dann, – bei Nachweis der Deutschkenntnisse – auf die Ausbildung angerechnet werden kann.

Sayed Mahdi selbst und seine Familie sind überglücklich. Zunächst hatte der junge Mann fast resigniert, da alle Bemühungen umsonst schienen. Mit so viel Unterstützung von vielen Seiten hatte er nicht gerechnet. Sehr gerührt zeigt sich Mahdi von der großen Hilfsbereitschaft, die dazu führte, dass er bei seiner Familie bleiben kann und die Ausbildung zum Metzger beginnen kann.

„Ein junger Mann, der so begeistert ist, wenn er viel arbeiten kann, das ist schon selten.“
Eberhard und Heidi Bumm, Metzgersehepaar

Eberhard und Heidi Bumm sind begeistert von ihrem Lehrling. Dieser sei absolut aufmerksam und hilfsbereit und mit großem Engagement in seine Ausbildung gestartet. Heidi Bumm lacht: „Er ist der einzige Mann in unserem Betrieb, der nicht uns Frauen schwere Kisten schleppen lässt. Wenn er das sieht, ist er sofort zur Stelle, um dies zu übernehmen.“

Thomas Gauer freute sich, dass er wieder einen Handwerksbetrieb unterstützen konnte. Die Stelle, die er in der Handwerkskammer in der passgenauen Vermittlung von Flüchtlingen besetzt, möchte für die Betriebe, die Nachwuchs suchen, Fachkräfte vermitteln und Auszubildende finden lassen. 134 Flüchtlinge werden von Gauer betreut. Sie sollen in Handwerksbetriebe, die an Nachwuchsmangel leiden, vermittelt werden.

Walter Heußlein sagt: „Es ist sehr schön, dass einem weiteren Betrieb ein guter Lehrling vermittelt werden konnte, aber es ist auch schön, wenn ein junger Mann bei seiner Familie bleiben kann und nicht in eine vielleicht tödliche Zukunft abgeschoben wird“.

Bürgermeister Norbert Endres freute sich, dass viele Stellen, Institutionen und Privatpersonen wie in einem Zahnradgetriebe zusammengearbeitet haben und den Erfolg bewirken konnten.

Mahdi macht viel Sport und ist beim Judoclub, dem auch sein Familienpate Reiner Hefner angehört, aktiv. „Er hat bereits bei einem Wettkampf den zweiten Platz für Lohr erzielt“, berichtet Hefner. In Trennfeld engagiert Mahdi sich bei Säuberungsaktionen in der Natur und war beim Dorffest eine große Unterstützung.

„Ein junger Mann, der so begeistert ist, wenn er viel arbeiten kann, das ist schon selten“, lobt das Metzgersehepaar und zeigt stolz die ersten Ausbildungserfolge ihres Azubis in der Berufsschule für Fleischer in Würzburg. Mahdi hat mit der Schule schon am Süddeutschen Wettbewerb in Stuttgart teilgenommen und den zweiten Platz für angehende Metzger belegt.

 
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